Michael Weger - Die Heilkraft der Gefühle

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Gefühle sind die treibende Kraft unseres Lebens. Sie entscheiden über Gesundheit und Wohlergehen und helfen bei Entscheidungen und Erfolgen. Wir sind ihnen jedoch nicht restlos ausgeliefert, sondern können ihre Wirkungsweise bewusst zum Guten verwenden. Jüngste Forschungen haben erwiesen, dass in unserem Inneren ein „zweites Gehirn“ wirkt: das Emotionale Gehirn. Dieses Gefühlsgehirn steuert nicht nur viele wichtige Körperfunktionen, sondern beeinflusst auch unser Agieren und Reagieren.

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Gefühlsgift – die fehlgeleitete Emotion

Gefühle verlangen also danach, durch den Körper ausgedrückt zu werden. Sogenannte negative Gefühle sind nicht von Haus aus negativ, da ihr ursächlicher Sinn die Lebenserhaltung war. Erst der falsche Umgang mit ihnen lässt sie gefährlich werden.

Man kann ganz allgemein feststellen: Erst aus unterdrückten Gefühlen werden negative Gefühle. Und diese verhaltenen negativen Emotionen sind wahres Gift für den Körper und machen krank.

Für den Bestsellerautor, Internisten und Endokrinologen Deepak Chopra ist die Angst die Wurzel von allem, was in Wahrheit verborgen werden soll: Sie versteckt sich unter den Schichten aus Trauer, Wut, Depression.

Der blockierte Fluss der Gefühle

Statistiken belegen, dass Stress, Angst und Ärger in der europäischen Bevölkerung mit jedem Jahr zunehmen. Wir alle erleben immer häufiger belastende Gefühle und folgen dennoch den alten, lebensfeindlichen Gefühlsregeln:

Verbirg deine Gefühle!

Zeig nie deine Schwäche!

Wer stark ist, schweigt!

Schluck es hinunter!

Zittere nicht!

Halt den Mund!

Schwitz nicht!

Weine nicht!

Lach nicht so laut!

Schrei nicht!

Fuchtle nicht mit den Händen herum!

Sei nicht so vorlaut!

Und vor allem: Sprich nicht über Gefühle!

Diese und viele andere Gesellschaftsregeln unterdrücken unsere Gefühle. Sie sind tief in unserem Denken verankert. Und was noch schlimmer ist: Die verkrusteten Dogmen beherrschen unsere Gefühle. Denn wir können nur mehr fühlen, was diese Regeln uns zu fühlen erlauben.

Ein Beispiel: Sie sind aufgefordert, eine kurze Rede zum runden Geburtstag Ihrer Mutter zu halten. Sie bereiten sich vor, machen sich Notizen, schreiben vielleicht einen Text, lernen ihn auswendig und üben vielleicht sogar vor dem Spiegel. Bei der Feier stehen Sie schließlich auf – und zittern, schwitzen, sind nervös. Ihr Denken sagt Ihnen automatisch: Keine Schwäche zeigen, nicht zittern und hoffentlich halten die Schweißeinsätze unter den Achseln dicht.

Was geschieht in Folge? Die typischen Symptome eines blockierten Gefühlsflusses treten auf: Der vorbereitete Text ist plötzlich aus Ihrem Hirn verschwunden, die Stimme bleibt im Hals stecken, Ihr Herz beginnt zu rasen, die Gedanken entgleiten Ihnen, Sie versprechen sich und ehe Sie sich‘s versehen sitzen Sie wieder auf Ihrem Stuhl, fühlen sich ausgelaugt und als Versager.

Der gesunde und erfolgreiche Weg wäre gewesen, Ihre Nervosität einzugestehen, Ihr Zittern zu akzeptieren, den Text zur Sicherheit in Ihrer Hosentasche parat zu haben und die Rede damit zu beginnen, Ihre Furcht auch anzusprechen: „Ich bin ziemlich nervös, aber das geht Ihnen sicher auch so, wenn Sie eine Rede zu einem so wichtigen Anlass halten sollen. Jedenfalls hab‘ ich den Text auch dabei, damit ich nichts Wichtiges vergesse.“ Und mit einem Lächeln hätten Sie vielleicht ergänzt: „Hoffentlich kann ich ihn, wenn meine Hände so zittern, dann auch lesen.“ Da Sie Ihre Gefühle ehrlich gezeigt und ausgesprochen hätten, wäre es Ihnen schon nach wenigen Augenblicken besser gegangen. Und nebenbei hätten Sie sich zudem Freunde gemacht, weil Sie eine Schwäche eingestanden und Humor bewiesen hätten.

Gefühlsmedizin tanken – dem Fluss folgen

Die Kraft der Emotionen als Leben spendende oder zerstörende Energie hat ganz entscheidend mit dem richtigen Ausdruck zu tun. Körper, Gefühl und Geist sind nicht zu trennen und müssen miteinander agieren.

Wer glaubt, dass ein negatives Gefühl keinen Schaden anrichtet, wenn man es nur für sich behält, begeht einen gefährlichen Trugschluss. Seine Moleküle haben längst im Körper zu wirken begonnen. Das Gefühl ist bereits wirksam und verlangt nach einer Handlung.

Treffen Gefühlsmoleküle mit negativer Stimmung auf unsere Zellen, veranlassen die Zellen im Körper eine Bereitschaft für Kampf oder Flucht. Werden nun körperlich entsprechende Verhaltensweisen eingeleitet, kann der Organismus dem biochemisch natürlichen Fluss folgen und dies hat positive Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden. Bei richtigem und gesundem emotionalen Verhalten werden die Gefühlshormone verwendet und dadurch abgebaut. Werden Gefühlsausdruck oder sogar Gefühlsausbrüche jedoch zurückgehalten, wird das Gefühl zu Gift, weil der Körper dem biochemisch natürlichen Fluss nicht folgen darf.

Positive Gefühle sind von Haus aus leichter auszudrücken. Sie sind von vornherein sympathisch, fühlen sich gut an und haben uns im Lauf des Erwachsenwerdens durchwegs zwischenmenschlichen Erfolg beschert.

Gute Gefühle sind zudem auch ganz allgemein gesünder. Ihre Moleküle sind weniger aggressiv, mindern die Säureproduktion, stärken das Immunsystem, stabilisieren den Energiehaushalt u. v. m. Positive Gefühle stimmen das gesamte Gefühl-Geist-Körper-Netzwerk positiv.

Gefühlsmedizin tanken bedeutet:

Geben Sie Ihren Gefühlen, wann immer es möglich ist, einen wahrhaftigen Ausdruck.

Aktivieren Sie regelmäßig so viele positive Gefühle wie möglich.

Glück statt Grippe – Glücksmoleküle blockieren das Virus

Sind Sie schon einmal kurz vor einem Urlaub krank geworden? Natürlich kann das ausnahmsweise vorkommen, zum Beispiel, wenn man lange Zeit enormem Stress ausgesetzt war und dann loslässt. Im Allgemeinen aber ist das Gegenteil der Fall. Studien belegen, dass die Wahrscheinlichkeit, in einem glücklichen oder freudvollen Zustand an einer Erkältung zu erkranken, um rund 70 Prozent geringer ist als im Falle von Stress, Überlastung oder auch Einsamkeit.

Unter den Aspekten der Psychoneuroimmunologie betrachtet, gibt es dafür eine gut nachvollziehbare Erklärung: Um in eine Zelle zu gelangen, benutzt ein Grippevirus zum Beispiel die gleichen Rezeptoren auf der Zellmembran wie manche positiven Gefühlsmoleküle. Wenn nun in der Nähe eines bestimmten Rezeptors eine große Menge solcher Moleküle vorhanden ist, versperren sie den Eingang – das Virus wird abgeblockt.

Diese Erkenntnisse haben der Pharmakologie neue Perspektiven gebracht. Weltweit wird nach Stoffen gesucht, die spezielle Rezeptoren an den Zellen verschließen, sodass Krankheitserreger nicht mehr eindringen können.

Für Sie und die nächste Grippewelle bedeutet das: Sorgen Sie dafür, dass Sie genügend positive Gefühlsbotenstoffe ausschütten. Dann müsste das Grippevirus eigentlich vor verschlossenen Türen Halt machen (weitere nützliche Tipps, wie Sie nachhaltig positive Gefühlsmoleküle aktivieren können, erhalten Sie in den Kapiteln „Wie Sie die Heilkraft Ihrer Gefühle stärken“, ab Seite 56, und „Wie Sie in drei Wochen Ihren Gefühlshaushalt neu auf bauen“, ab Seite 62).

Der dreiwöchige Gewöhnungseffekt der Rezeptoren

Ist ein Mensch über einen langen Zeitraum glücklich, fällt es ihm leichter, auch weiterhin glücklich zu bleiben. Durchlebt er aber beispielsweise eine lange Phase der Einsamkeit, so fällt es ihm immer schwerer, aus der Einsamkeit aufzutauchen und wieder in Beziehung mit anderen zu treten.

Es scheint, als würde sich der Organismus an oft wiederholte Gefühlslagen gewöhnen, selbst wenn das Gefühl unerwünscht ist. Auch bei Streitigkeiten zwischen Ehepartnern ist dieser Effekt zu beobachten: Hat sich der Streit einmal „eingenistet“ und tritt er quasi mit einer gewissen Regelmäßigkeit zutage, wird es immer schwerer, zu Harmonie und gegenseitigem Verständnis zurückzufinden.

Diese Gewöhnung findet biochemisch tatsächlich statt. Schuld daran ist der Gewöhnungseffekt der Rezeptoren. Wenn wir Gefühle häufig und stark erleben, führt das zu einer Art Überflutung des gesamten GGK-Netzwerks mit den entsprechenden Botenstoffen. Diese Überflutung verändert in kurzer Zeit die Anzahl und Verteilung der Rezeptoren auf der Zellmembran: Es werden Millionen mehr jener Rezeptoren bereitgestellt, die häufiger gebraucht werden.

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