Den Futurity- und Belmont Stakes-Sieger Sweep, der in fremden Farben von 13 Starts 9 siegreich gestaltete und in den restlichen Rennen stets platziert war, zog Keene 1907 von Ben Brush aus der Domino-Stute Pink Domino. Als Zwei- und Dreijähriger war er der Champion seines Jahrgangs, und in der amerikanischen Zucht viele Jahre einer der erfolgreichsten Beschäler. 1918 und 1925 war er der Champion-Hengst, und 1941 führte er auch die Liste der Hengste erfolgreicher Stuten an. Sweep, der auf der Rennbahn Speed und Ausdauer zeigte, war auch der Stutenvater der beiden Triple Crown-Sieger War Admiral (1934; Man O’War) und des vier Jahre jüngeren Blenheim-Sohnes Whirlaway. Und diese Position nahm der Ben Brush-Sohn auch bei E. R. Bradleys Derbysieger Bubbling Over ein, der 1926 gewann und an Burgoo King selbst eine Kentucky Derby-Sieger zeugte, der auch die Preakness Stakes noch beherrschte. Sweeps erfolgreichster Sohn war wohl The Porter (1915), Zweiter in den Preakness Stakes und 1937 amerikanischer Beschäler-Champion. In modernen amerikanischen Pedigrees erscheint Sweeps Name dennoch sehr selten.
James R. Keene war aber auch noch mit dem King Alfonso-Sohn Foxhall sehr erfolgreich, der 1878 auf Alexanders Woodburn Stud gezogen wurde. 1880 schickte ihn Keene nach England, und 12 Jahre später kehrte der Hengst, der eine Lexington-Tochter zur Mutter hatte, wieder in die Heimat zurück. 1981 gewann der Hengst bei sieben Starts fünf Rennen, darunter die Cesarewitch- und Cambridgeshire Stakes und den Großen Preis von Paris, der damals das wichtigste Rennen Europas war. Ein Jahr später siegte Foxhall im Ascot Gold Cup und war am folgenden Tag auf der gleichen Bahn auch noch Zweiter im Alexandra Plate.
R. A. Alexander kaufte den Boston-Sohn Lexington (1850) von Ten Broeck für 15.000 $ und hatte damit das Große Los gezogen
Keene, als Kind mit seinen Eltern 1849 ausgewandert, hatte neben großen Erfolgen auch Pech. Sein großartiger Domino ging schon 1897 mit nur sechs Jahren ein, und dessen bester Sohn, Commando, lebte auch nur sieben Jahre. Diese beiden Hengste und die importierten englischen Stuten waren das große Kapital von Castleton Stud. Ihre direkten Nachfahren waren zwar nicht erfolglos, aber nicht vergleichbar. Und als Keene kein neues Blut zuführte, sondern seine Linien weiter kreuzte, blieb der Erfolg aus. 1913 starben er und Major Daingerfield innerhalb von zwei Tagen, und Keenes Witwe, die alles erbte, entschied sich für die Auflösung des Gestüts, verkaufte sofort einige Pferde und schickte die die restlichen zur Auktion. Unter ihnen Fohlen, 31 Stuten und neun Deckhengste. Ben Brush, Delhi, Peter Pan, Colin, Celt und Sweep gehörten dazu. Peter Pan wurde auf H. P. Withneys Gestüt erfolgreich, und auch Sweep machte weitere Karriere, während sich auf den Weiden von Castleton bald Traber und Turnierpferde tummelten.
war ein anderer Züchter, der mit teuren Ankäufen eine ähnlich kraftvolle Zucht aufbauen konnte, wie die von Keene. Für den Hengst Lexington gab Alexander damals mit 15.000 Dollar eine ähnlich gewaltige Summe aus, wie es die 37.500 Guineas bedeuteten, die Edmond Blanc ausgab, der etwa fünfzig Jahre nach ihm das Zeitliche segnete. Zunächst aber hatte im Dezember 1899 der Duke of Westminster diese Welt verlassen, sodass dessen im Training befindlichen Pferde im März 1900 versteigert wurden. Und zu diesen zählte auch das letzte großartige Rennpferd des Dukes, der Triple Crown-Sieger von 1999, Flying Fox, für den der Franzose jenen Preis – damals Weltrekord für ein im Ring verkauftes Pferd – auf den Tisch legte. Flying Fox zeugte Ajax (Französisches Derby; Großer Preis von Paris), dieser an Teddy (führender Hengst in Frankreich) den Vater von Sir Gallahad III und Bull Dog, der Vater von Bull Lea und Gaga wurde, die dem großen Tom Fool das Leben schenkte.
Dass Lexington in Alexanders Besitz kam war Zufall, denn der Amerikaner traf bei seiner Europareise 1855, die der Suche nach hervorragenden Stuten und dem „besten Hengst der Welt“ galt, zufällig auf seinen Landsmann Richard Ten Broeck. Und dieser beantwortete ihm die Frage nach dem Hengst mit dem Satz „das beste Pferd der Welt steht nicht in England, sondern ganz in der Nähe von Woodburn“. Das war Robert A. Alexanders 2.000-Acker großer Besitz in Kentucky, und der Hengst hieß Lexington. Der damals Fünfjährige hatte den großen Vier-Meilen-Champion Boston zum Vater, der 3 x 3 auf Dimoed, Englands ersten Derbysieger, ingezogen war. Bosten (Timoleon) verlor zwar sein erstes Rennen, gewann jedoch in den folgenden fünf Jahren 36 von 37 Starts und insgesamt 40 von 45 Versuchen. Dreißig seiner Erfolge errang er in Vier-Meilen-Stechen, und zur Gesamtbilanz gehören noch drei Platzierungen und die Gesamtgewinnsumme von 51.700 Dollar. Im Gestüt stand er von 1841 bis 1843 an der Spitze der Beschäler. Sieben Jahre später war er tot.
Und Bostons Urgroßvater Diomed wurde gewissermaßen nicht nur das Stammpferd der amerikanischen Vollblutzucht, sondern auch die Traber der USA verdanken diesem Vererber sehr viel. Für den extrem hohen Preis, den Alexander für Diomeds Ururenkel Lexington gezahlt hatte, musste er zunächst viel Spott ertragen, denn seine Erwerbung war schon fast blind, und Lexingtons älteste Nachkommen erst Absetzer.
Der 1833 geborene Boston war Amerikas erstes großes Rennpferd (Foto nach einem Gemälde von Edward Troye)
Während des Bürgerkrieges (1861-65) war auch der „Randstaat“ Kentucky betroffen, und die großen Farmen und Gestüte wurden von beiden Parteien beraubt, denn auch die Army brauchte Pferde, Futter und Lebensmittel für die Truppen. Nach dem Krieg kam ein Agent Alexanders mit 200.000 Dollar Preisgeld zurück, denn er hatte dessen Rennpferde während dieser Zeit in Kanada betreut und gestartet. „You have saved Woodburn“, soll der Züchter damals zu seinem Freund gesagt haben.
Lexington, der auch im hohen Alter von 25 Jahren noch seine Durchschlagskraft behalten und u. a. den Champion Duke of Magenta und vier weitere gute Sieger gezeugt hatte, hinterließ 533 Fohlen, die aus insgesamt 963 Paarungen entstanden. Und das war zu einer Zeit, als die Befruchtungsrate noch ziemlich niedrig war, weil moderne wissenschaftliche Erkenntnisse fehlten. Der gewaltige Einfluss dieses Hengstes zeigt sich auch in der Tatsache, dass er von 1861 bis 1874 die Liste der erfolgreichsten Deckhengste Amerikas in ununterbrochener Folge anführte, und zwei weitere Beschäler-Championate nach seinem Tod noch hinzukamen. Selbst der große Deckhengst Glencoe, der als Fünfjähriger 1836 aus England importiert wurde und die Herod-Hengstlinie vertrat, kam nur auf acht dieser Titel. Doch es waren die Töchter Lexingtons, die Alexander aufkaufte wo immer es ging, die die Mütter von vielen der besten Nachkommen Lexingtons wurden. Man muss auch davon ausgehen, dass dieser Hengst noch besser war, als es seine Erfolge zeigen, denn als Lexington zur Kriegszeit auf der Höhe seiner Gestütskarriere war, wurden von seinen 218 Paarungen, die seine Jahrgänge drei bis fünf ausmachten, nur 24 Sieger registriert. Und das läßt zumindest vermuten, dass etliche seiner Söhne und Töchter in den Krieg ziehen mussten, statt die Rennbahn zu betreten. Bedenkt man, dass England/Irlands bester Hengst des 19. Jahrhunderts, der große St. Simon, nur neunmal an der der Spitze der Beschäler stand und seine gezeugte Qualität im Alter erheblich nachließ (den letzten klassischen Sieger zeugte er mit 15 Jahren), und in Italien Havresac insgesamt auf elf Deckhengst-Championate kam (10 davon in Folge), dann erscheint Lexingtons Leistung in noch viel hellerem Licht.
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