Aber auch im Unternehmenstehen Rechtsvorgänge im Vordergrund unternehmerischen Handelns:
> Einkauf von Produktionsmitteln (Beschaffung).
> Abschluss eines Arbeitsvertrages mit einem Mitarbeitern oder einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat (HR-Management).
> Verkauf von produzierten Gütern (Vertrieb).
Es ist von Vorteil, sich dieser umfassenden Bedeutung des Rechtsbewusst zu sein und sich darin auszukennen, insbesondere, wenn es im privaten oder geschäftlichen Bereich zu Komplikationen kommt.
1.1.3 Privatrecht und öffentliches Recht
Je nachdem, ob Rechtsbeziehungen zwischen den Bürgern untereinanderoder zwischen Bürgerund dem mit Hoheitsgewalt ausgestatteten Staatgeregelt werden, handelt es sich um privatesoder um öffentliches Recht.
Das Privatrechtregelt die Rechtsbeziehungen der Bürger untereinander (Grundsatz der Gleichordnung).
Keiner kann dem anderen befehlen, vielmehr können sie ihre Angelegenheiten nur einvernehmlich vertraglichregeln, die Konditionen aushandeln oder auch rechtlichen Kontakt vermeiden (z. B. Bürgerliches Recht im BGB, Sonderprivatrecht der Kaufleute im HGB).
Dem Bauunternehmer A steht es frei, ob er ein Angebot machen will und welchen Preis er für richtig hält. Bauherr B kann das Angebot annehmen, ablehnen oder versuchen, neue Bedingungen auszuhandeln. Er kann anstelle des A dem C den Zuschlag geben. Herr D und Frau E können sich jeweils frei entscheiden, eine Ehe miteinander einzugehen oder weiterhin unverheiratet zu bleiben.
Das öffentliche Rechtregelt demgegenüber die Rechtsbeziehungen zwischen den Bürgern und dem mit hoheitlicher Gewalt ausgestatteten Staat (Grundsatz der Über- und Unterordnung).
Der Staat agiert gegenüber dem Bürger zumeist hoheitlichdurch Erlass eines „Verwaltungsakts“ (Verwaltungsrecht).
Festsetzung der Steuerschuld durch Steuerbescheid des Finanzamts, Einberufung zum Wehrdienst, Erteilung oder Versagung einer Baugenehmigung durch die Baubehörde, Ampelregelung im Straßenverkehr.
Zum öffentlichen Recht gehören aber auch die Rechtsbestimmungen, die den Staat selbstbetreffen (Verfassungsrecht im Grundgesetz oder in Landesverfassungen, Prozessrecht in der ZPO, Strafrecht im StGB) oder die das Verhältnis der staatlichen Institutionen untereinanderregeln (Staatsvertrag, öffentlich-rechtlicher Vertrag).
Vereinbarungen zweier Landkreise über eine gemeinsame Mülldeponie, Staatsvertrag zwischen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz über den Südwestrundfunk.
Soweit jedoch der Staat selbst als gleichgeordneter und gleichgestellter Partner am Rechtsleben teilnimmt, gilt auch für ihn das Privatrecht (fiskalisches Handeln des Staates).
Der Staat mietet Diensträume von einem privaten Hauseigentümer, kauft Möbel und Büromaschinen für den dienstlichen Gebrauch, vergibt Aufträge an private Bauunternehmer.
Zuweilen können auch privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Vorgänge ineinanderübergehen.
Geländebedarf für den Bau einer Autobahn: Die zuständige staatliche Behörde wird zunächst versuchen, das erforderliche Land dem privaten Eigentümer abzukaufen(Privatrecht). Gelingt das wegen zu hoher Preisvorstellungen des Eigentümers oder zu geringem Angebot der Behörde nicht, so kann ein Enteignungsverfahreneingeleitet werden (öffentliches Recht). Der angemessene Preis wird dann gegebenenfalls durch Entscheidung des Gerichts bestimmt.
Die Unterscheidung zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht hat vor allem für die Wahl des richtigen RechtswegsBedeutung. Privatrechtliche Streitigkeiten werden vor den ordentlichen Gerichten(Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht, Bundesgerichtshof) oder den Arbeitsgerichtenverhandelt, öffentlich-rechtliche Klagen gehören vor die Verwaltungsgerichte, Sozialgerichte, Finanzgerichteoder vor das Bundesverfassungsgericht.
Die für das Zusammenleben der Menschen geltenden Rechtsbestimmungenberuhen auf dem vom gemeinsamen Rechtsbewusstsein getragenen Willen der Bürger. Sie sind meist in Gesetzenund Verordnungenniedergeschrieben. Im Einzelnen unterscheidet man folgende Rechtsquellen:
1.1.4.1 Europäische Rechtssetzungsakte
Die Organe der Europäischen Unionsetzen Recht durch allgemein gültige Verordnungen,die in den EU-Mitgliedsstaaten unmittelbar gelten, durch an die Mitgliedsstaaten gerichtete Richtlinien,deren Ziele von innerstaatlichen Stellen rechtverbindlich umgesetzt werden müssen, sowie durch Beschlüsse,die nur für den jeweiligen Adressatenkreis verbindlich sind (vgl. Art. 288 AEUV).
Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher (Verbraucherschutzrichtlinie).
Ranghöchste nationale Rechtsquelle ist das Grundgesetz(Verfassungsrecht). Gegen seine Bestimmungen darf bei der Gesetzgebung durch die Parlamente nicht verstoßen werden; insbesondere sind die in Art. 1 bis 19 GG niedergelegten Grundrechteund die Staatszielbestimmungender Art. 20, 20a und 28 GG zu beachten. Darüber wacht das Bundesverfassungsgericht.
Art. 2 Abs. 1 GG: Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
Gesetzesind von den Gesetzgebungsorganen des Bundesund der Länder(Bundestag, Bundesrat, Länderparlamente) erlassene Rechtsnormen.
Sie kommen auf dem von den Verfassungen vorgesehenen Weg zustande und werden zur Kenntnisnahme für jedermann verkündet.
Bürgerliches Gesetzbuch, Handelsgesetzbuch, Polizeigesetz BW, Gemeindeordnung BW.
1.1.4.4 Rechtsverordnungen
Rechtsverordnungensind Rechtsbestimmungen, die von den Stellen der ausführenden Verwaltung (z. B. Ministerien) erlassen werden.
Sie bedürfen jedoch im Einzelfall einer Ermächtigung durch das gesetzgebende Organ (Art. 80 Abs. 1 GG).
Einkommensteuerdurchführungsverordnung, Allgemeine Durchführungsverordnung zur Baunutzungsverordnung.
Autonome Satzungensind die von öffentlich-rechtlichen Körperschaften im Rahmen ihrer Befugnisse aufgestellten Regeln.
Räum- und Streupflichtsatzung der Stadt Nürtingen, Benutzungssatzung für öffentliche Einrichtungen der Gemeinde Bad Wörishofen, Bebauungsplan der Stadt Stuttgart.
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