b.) Sind Überstunden in jedem Fall zu vergüten?
Vergütung bei Überstunden
Der Arbeitnehmer hat nach ständiger Rechtsprechung des BAG nur dann einen Anspruch auf Überstundenvergütung, wenn die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldetoder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen sein mussten(vgl. BAG, Urteil vom 29. Mai 2002 – 5 AZR 370/01). Denn der Arbeitgeber muss sich Leistung und Vergütung von Überstunden nicht aufdrängen lassen, und der Arbeitnehmer kann nicht durch überobligatorische Mehrarbeit seinen Vergütungsanspruch selbst bestimmen. Die Billigung von Überstunden setzt dabei voraus, dass der Arbeitgeber zu erkennen gibt, mit der schon erfolgten Leistung bestimmter Überstunden einverstanden zu sein. Die Duldung von Überstunden bedeutet, dass der Arbeitgeber in Kenntnis einer Überstundenleistung diese hinnimmt und keine Vorkehrungen trifft, die Leistung von Überstunden zu unterbinden, er also nicht gegen die Leistung von Überstunden einschreitet, sie vielmehr weiterhin entgegennimmt. Konkludent ordnet der Arbeitgeber Überstunden an, wenn er dem Arbeitnehmer Arbeit in einem Umfang zuweist, der unter Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers nur durch die Leistung von Überstunden zu bewältigen ist (vgl. BAG, Urteil vom 10. April 2013 – 5 AZR 122/12).
c.) Wer trägt die Darlegungs- und Beweislast?
Darlegungs- und Beweislast
Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass geleistete Überstunden angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit erforderlich waren, trägt der Arbeitnehmer(vgl. BAG, Urteil vom 18. April 2012 – 5 AZR 248/11). Er muss im Einzelnen darlegen,an welchen Tagen und zu welchen Zeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat. Er muss vortragen, von welcher Normalarbeitszeit er ausgeht, dass er tatsächlich gearbeitet und welche Tätigkeiten er ausgeführt hat (vgl. BAG, Urteil vom 3. November 2004 – 5 AZR 648/03). Die pauschale Behauptung,der Arbeitgeber habe Überstunden angeordnet oder gebilligt, ist dabei nicht ausreichend.Vielmehr muss der Arbeitnehmer vortragen, wer wann auf welche Weise wie viele Überstunden angeordnet oder wer wann auf welche Weise zu erkennen gegeben hat, mit der Leistung welcher Überstunden einverstanden zu sein. Wurden die Überstunden vom Arbeitgeber gebilligt, muss der Arbeitnehmer darlegen, von welchen wann geleisteten Überstunden der Arbeitgeber auf welche Weise wann Kenntnis erlangt haben soll und dass es im Anschluss daran zu einer weiteren Überstundenleistung gekommen ist. Erst wenn das feststeht, ist es Sache des Arbeitgebers, darzulegen, welche Maßnahmen er zur Unterbindung der von ihm nicht gewollten Überstundenleistung ergriffen hat. Bei konkludenter Anordnung von Überstunden muss der Arbeitnehmer darlegen, dass eine bestimmte angewiesene Arbeit innerhalb der Normalarbeitszeit nicht zu leisten oder ihm zur Erledigung der aufgetragenen Arbeiten ein bestimmter Zeitrahmen vorgegeben war, der nur durch die Leistung von Überstunden eingehalten werden konnte. Allein die Anwesenheit des Arbeitnehmers im Betrieb oder an einem Arbeitsort außerhalb des Betriebs begründet noch keine Vermutung dafür, Überstunden seien zur Erbringung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen (vgl. BAG, Urteil vom 10. April 2013 – 5 AZR 122/12).
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Hinweis
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat in einer aktuellen Entscheidung die „rigide“ Entscheidung des BAG hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers angezweifelt. In der Entscheidung des LAG heißt es, dass es wenig nachvollziehbar sei, warum es nicht ausreiche, dass der Arbeitnehmer im ersten Prüfungsschritt die Leistung der Überstunden darlege. Überwiegend werden Überstundenklagen, so das LAG weiter, deswegen abgewiesen, weil der Arbeitnehmer bezogen auf den zweiten Prüfungsschritt insbesondere die Duldung von Überstunden nicht darlegen könne. Das BAG begründet die Notwendigkeit für diesen weiteren Prüfungspunkt damit, dass die geleisteten Überstunden dem Arbeitgeber zuzurechnen sein müssten. Dieser müsse sich nach Auffassung des BAG Überstunden nicht aufdrängen lassen. Das LAG führt jedoch aus, dass der Arbeitgeber „Herr im eigenen Betrieb“ sei. Sehe man von Alternativbetrieben ab, in denen eventuell jeder mache, was er wolle, so das LAG weiter, könne ein Arbeitgeber mithilfe seiner Betriebshierarchie „aufgedrängte“ Überstunden schon einfach dadurch vermeiden, dass nach Ableistung der regulären Arbeitszeit die Arbeitnehmer nach Hause geschickt werden. Setze ein Arbeitgeber seine Betriebsorganisation hierfür nicht ein, dann gebe er damit zu erkennen, dass ihm die Leistung weiterer Stunden egal ist. Dann sei es allein deswegen konsequent, die geleisteten Stunden dem Arbeitgeber auch zuzurechnen (vgl. LArbG Berlin-Brandenburg, Teilurteil vom 28. Juni 2017 – 15 Sa 66/17).
Ob das BAG von seiner Entscheidung abrücken und sich der Auffassung des LAG anschließen wird, bleibt allerdings abzuwarten.
II. Die Befristung von Arbeitsverträgen
Regelmäßig möchten Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nur für eine bestimmte Dauer oder einen bestimmten Zweck einstellen. Die Gründe dabei sind ganz unterschiedlich. Um diese Möglichkeit wahrzunehmen, besteht die Möglichkeit einer befristeten Beschäftigung.
1. Welche Formen von befristeten Arbeitsverträgen gibt es?
Befristungsformen
Ein befristeter Arbeitsvertrag liegt vor, wenn
• seine Dauer kalendermäßig bestimmt ist (kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag) oder
• sich aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt (zweckbefristeter Arbeitsvertrag).
Eine Zeitbefristung liegt vor, wenn die Dauer des Arbeitsverhältnisses kalendermäßig bestimmt ist. Eine Zweckbefristung hingegen, wenn das Arbeitsverhältnis nicht zu einem kalendermäßig bestimmten Zeitpunkt, sondern bei Eintritt eines künftigen Ereignisses enden soll.
Grundsätzlich ist aber auch die Kombinationaus einer Zeit- und Zweckbefristungsabredezulässig.
[B]
Fallbeispiel aus der Rechtsprechung(vgl. BAG, Urteil vom 22. April 2009 – 7 AZR 768/07)
Arbeitnehmerin A wird im Unternehmen des B befristet für die Elternzeitvertretung der Kollegin K eingestellt.
A und B vereinbaren, dass die Stelle kalendermäßig bis zum 11.01.2007 befristet wird, das Beschäftigungsverhältnis jedoch dann endet, wenn die Kollegin K nach der Elternzeit ihren Dienst wieder aufnimmt. Die Parteien haben vorliegend eine Kombination aus einer Zeit- und Zweckbefristung vereinbart, wonach das Arbeitsverhältnis von A bei Beendigung der Elternzeit von der Kollegin K, spätestens aber am 11. Januar 2007 enden sollte.
2. Was ist bei befristeten Arbeitsverträgen zu beachten?
Grundsätzlich bedarf die Befristung von Arbeitsverträgen eines sachlichen Grundes, § 14 Abs. 1 TzBfG.
a.) Befristungen mit Sachgrund
Befristungen mit Sachgrund
Nach § 14 Abs. 1 TzBfG ist die Befristung des Arbeitsverhältnisses dann zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn:
1. der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht(Beispiel: bei Saisonarbeit).
2. die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern.
3. der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird(Beispiel: Elternzeitvertretung oder Vertretung eines erkrankten Mitarbeiters).
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