Arbeitnehmer A wird zum 01.03.2017 im Betrieb des B als Maler und Lackierer eingestellt. Im Maler- und Lackiererhandwerk gilt ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag, wo unter anderem geregelt ist, dass alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten seit Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.
Es wird weder ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen, noch händigt B dem A die wesentlichen Informationen nach dem Nachweisgesetz aus. A weiß somit nicht, dass für ihn der Tarifvertrag gilt und dieser die Ausschlussfrist enthält.
A kündigt das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2017. Seinen Lohn für den Monat August erhält A nicht. Erst drei Monate später, im November 2017, macht A seine Lohnrückstände gegenüber B geltend. Aufgrund des für A geltenden Tarifvertrags kann er seinen Lohn für August aufgrund der Ausschlussfrist, welches zwei Monate nach Fälligkeit vorsieht, nicht mehr geltend machen. Sein Vergütungsanspruch ist somit erloschen. Da es B jedoch in diesem Fall versäumt hat, A auf den für ihn geltenden Tarifvertrag schriftlich hinzuweisen und damit auch auf die Ausschlussfrist, kann A seinen erloschenen Vergütungsanspruch für August als Schaden von B ersetzt verlangen.
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Hinweis
Nach dem BAG ist grundsätzlich zugunsten des Arbeitnehmers davon auszugehen, dass er die Ausschlussfrist auch beachtet hätte, wenn er auf die Geltung des Tarifvertrages ordnungsgemäß hingewiesen worden wäre. Der Arbeitnehmer könne, so das BAG, im Regelfall kaum nachweisen, dass er bei ordnungsgemäßem Verhalten des Arbeitgebers die Ausschlussfrist beachtet hätte. Dem Arbeitgeber bleibt jedoch die Möglichkeit, diese tatsächliche Vermutung zu widerlegen (vgl. BAG, Urteil vom 17. April 2002 – 5 AZR 89/01; BAG, Urteil vom 05. November 2003 – 5 AZR 676/02).
Ein Verstoß gegen das Nachweisgesetz kann zudem im Streitfall vor Gericht zu Beweiserleichterungenzugunsten des Arbeitnehmers führen.
[B]
Fallbeispiel aus der Rechtsprechung(vgl. Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 18. Januar 2010 – 5 SaGa 23/09)
Arbeitnehmer A wurde im Garten- und Landschaftsbaubetrieb des Arbeitgebers B als Fahrer eingestellt. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag gab es nicht. Die schriftliche Niederlegung der Vertragsbedingungen gemäß dem Nachweisgesetz erfolgte ebenfalls nicht. Nachdem B das Arbeitsverhältnis gekündigt hatte, stritten die Parten über die Höhe der Vergütung und A klagte vor dem Arbeitsgericht.
A führte vor Gericht aus, dass er mit B einen Nettolohn von 10,– Euro pro Stunde vereinbart habe, B hingegen gab an, dass ein Bruttolohn von 10,– Euro pro Stunde vereinbart gewesen sei.
Nachdem B vor dem Arbeitsgericht unterlag, wies letztlich auch das LAG Köln seine Berufung als unbegründet zurück. Der Rechtsverstoß gegen das Nachweisgesetz und die daraus resultierenden Verpflichtungen, dem Arbeitnehmer einen schriftlichen Arbeitsnachweis u. a. über die Höhe des vereinbarten Entgelts auszuhändigen, führe, so das LAG, zu Nachteilen, die der Arbeitgeber als derjenige, der gegen das Nachweisgesetz verstoßen hat, zu tragen habe. Eine Nettolohnvereinbarung, so die weitere Begründung, sei zwar im Arbeits- und Wirtschaftsleben nicht die Regel, sondern die Ausnahme, dennoch sei sie nicht unzulässig. Aus den Beweiserleichterungen, die zugunsten des Arbeitnehmers (A) aus dem Verstoß gegen das Nachweisgesetz folge, sei daher von einer Nettolohnvereinbarung von 10,– Euro pro Stunde auszugehen.
2. Vereinbarung einer Probezeit
a.) Was sind die Vorteile einer Probezeitvereinbarung?
Probezeit
Eine Probezeit kann stets im Rahmen des Arbeitsverhältnisses vereinbart werden. Der Vorteil einer Probezeit besteht vor allem darin, dass einerseits der Arbeitgeber die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers prüfen kann, aber auch, ob der Arbeitnehmer z. B. zuverlässig ist oder in den Betrieb passt. Aber auch der Arbeitnehmer kann innerhalb der Probezeit prüfen, ob ihm die Arbeit und auch der Betrieb zusagen. Ein weiterer Vorteil besteht insbesondere darin, dass innerhalb einer vereinbarten Probezeit das Arbeitsverhältnis sowohl vom Arbeitgeber als auch vom Arbeitnehmer mit der gesetzlich verkürzten Kündigungsfristvon zwei Wochenbeendet werden kann (siehe Seite 89).
b.) Wie lange kann eine Probezeit wirksam vereinbart werden?
Dauer der Probezeit
Die Vereinbarung einer Probezeit ist längstens für die Dauer von 6 Monatenzulässig, § 622 Abs. 3 BGB. Eine Vereinbarung bzw. die Verlängerung der Probezeit über die Höchstdauer von 6 Monaten ist unwirksam.
[B]
Beispiel 1
Arbeitnehmer A und Arbeitgeber B schließen einen Arbeitsvertrag und vereinbaren darin eine Probezeit von 8 Monaten.
Beispiel 2
Arbeitnehmer A und Arbeitgeber B schließen einen Arbeitsvertrag und vereinbaren eine Probezeit von 6 Monaten. Vor Ablauf der Probezeit vereinbaren A und B, dass die Probezeit um weitere 3 Monate verlängert wird.
In beiden Fällen ist die Probezeitvereinbarung unwirksam, auch wenn dies einvernehmlich erfolgte, da die sechsmonatige Höchstdauer überschritten wurde.
Eine Verlängerung der Probezeit kommt dagegen in Betracht, wenn zunächst eine kürzere Probezeit als 6 Monate vereinbart wurde und die Verlängerungsvereinbarung die zulässige Höchstdauer von 6 Monaten nicht überschreitet (vgl. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. Januar 1999 – 2 (4) Sa 1139/98).
[B]
Beispiel
Arbeitnehmer A wird im Betrieb des B als Maßschneider eingestellt und eine Probezeit von 3 Monaten vereinbart. Vor Ablauf der dreimonatigen Probezeit vereinbaren A und B die Verlängerung der Probezeit auf weitere 3 Monate.
Eine solche Verlängerung der Probezeit ist zulässig, da die Höchstdauer von 6 Monaten nicht überschritten wurde.
c.) Was sind die Rechtsfolgen einer unwirksamen Probezeitvereinbarung?
Unwirksame Vereinbarung Probezeit
Wurde die Höchstdauer der Probezeitvereinbarung überschritten, so ist der Arbeitsvertrag zwar nicht unwirksam, allerdings können die Vertragsparteien das Arbeitsverhältnis nach Überschreitung der zulässigen Höchstdauer von 6 Monaten nicht mit der verkürzten gesetzlichen Kündigungsfrist von 2 Wochen kündigen. Vielmehr muss dann die reguläre Kündigungsfrist eingehalten werden.
Grundsätzlich schuldet ein Arbeitnehmer nur die aufgrund eines Tarifvertrages, einer Betriebsvereinbarung oder eines Arbeitsvertrages festgelegte Arbeitszeit. Darüber hinausgehend geleistete Arbeiten gelten als Überstunden (vgl. BAG, Urteil vom 08. November 1989 – 5 AZR 642/88). Eine gesetzliche Regelung, wonach sich eine Verpflichtung zu Überstunden ergibt, gibt es nicht.
[B]
Beispiel
Laut Arbeitsvertrag soll Arbeitnehmerin A 30 Stunden die Woche im Betrieb des B als Büroangestellte arbeiten. Arbeitet A nun wöchentlich mehr als die vertraglich vereinbarten 30 Stunden, gilt das als Überstunden.
a.) Wann müssen Arbeitnehmer Überstunden leisten?
Überstunden
Eine solche Verpflichtung ergibt sich in der Regel nur aufgrund eines Tarifvertrages,einer Betriebsvereinbarungoder aus dem Arbeitsvertrag.Ohne eine entsprechende Regelung ist der Arbeitnehmer auch nicht verpflichtet, Überstunden zu leisten. Nur ausnahmsweise ist ein Arbeitnehmer aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Treuepflicht gehalten, Überstunden zu leisten, wenn sich der Arbeitgeber in einer Notlagebefindet, der anders nicht begegnet werden kann (vgl. BAG, Urteil vom 27. Februar 1981 – 2 AZR 1162/78).
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