„Gläsern vielleicht“, dachte er bei sich selbst, „gläsern vielleicht, weil es so ist, als wäre man unter Wasser? Alles sichtbar, deutlich und klar, aber nicht alles hörbar, nicht einmal dumpf und mit Verzögerung? Gläsern, unter Wasser? Gibt es eigentlich flüssiges Glas?“
Bei dem Gedanken musste er lachen, und zufällig schaute sie ihn da an, und zufällig lachte sie da auch. Zufällig lachten sie einander fröhlich ins Gesicht, wie zwei Glückliche.
„Oder gläsern heißt vielleicht“, dachte er bei sich, „dass man heute hinter die Dinge schauen kann? Oder durch sie hindurch?“
Ihre Finger drückten seine Hand, ein paarmal, sie schüttelte sogar leicht seinen Arm.
Dann traten sie in einen großen Innenhof. Zu allen Seiten gab es Passagen, die wieder hinaus führten. Sie löste ihre Hand aus der seinen, ging umher. Der Boden war mit groben Steinen bepflastert. Sie streckte beide Arme seitlich aus, balancierte riskant auf ihren Stöckelschuhen. Sie lachte und sprach. Rund um den Hof waren Pflanzen, an den Wänden rotes Weinlaub, ein paar wenige kleine Handwerksläden waren da, Keramik, Schmuck, Spitze, hier und da ausgefahrene Markisen. In einer Ecke war ein Brunnen mit einer kleinen steinernen Gruppe von Figuren. Sie stellte sich vor den Brunnen, regungslos, recht lange, kam es ihm vor, mit dem Rücken zu ihm, als hätte sie ihn plötzlich vergessen. Dann ging sie zu den Schaufenstern …
„Gläsern vielleicht“, dachte er bei sich selbst, „gläsern, weil es ist, als könnte man hindurchgehen durch diesen Tag, ihn passieren, obwohl dem nicht so ist?“
Er spazierte herum, rund um den Hof, schaute hoch zu den alten Mauern, zu den Fenstern, zum roten Laub. Er schaute in eine Passage hinein und dann wieder zurück. Sie stand vor einem Schaufenster, wieder nur auf einem Bein, dem linken, das rechte verspielt hinter das linke gekreuzt. Er spazierte weiter, ging zur nächsten Passage, ging ein Stück hinein, lauschte dem Hall seiner eigenen Schritte, kam wieder zurück. Sie stand immer noch da. Er ging wieder um. Einmal blieb er vor dem Brunnen stehen, starrte hinein und sah auf der Wasseroberfläche die Ringe, die die fallenden Regentropfen um sich zogen. Er schaute zurück. Sie war zu einem anderen Schaufenster gegangen, stand unter einem Dachvorsprung, mit rotem Weinlaub bedeckt. Er spazierte weiter, ging zu einer anderen Passage, ging diesmal hinein und bis zum Ende. Es kam ihm so vor, als wäre es eine lange Passage. Am Ende, als er auf die Straße hinaustrat, schlug ihm ein heftiger Windstoß einen Schwall Wasser ins Gesicht, wie um ihn zu Bewusstsein zu bringen. Es war dunkel geworden, mitten am Tag, und es regnete. Er ging weiter.
Wahrscheinlich ging er nur um den Block, oder zumindest durch dieselben Straßen, die er heute schon einmal gesehen hatte. Zum Beispiel kam er an einer Confiserie vorbei, vor deren Schaufenster ein Paar stand, eine Frau, die auf Pralinen zeigte und etwas sagte, und ein Mann, der zuhörte, vielleicht. Er kam auch zurück in den Hof. Da war er schon durch und durch nass geworden, die Steine gefährlich glatt, das Weinlaub wie gewaschen, von den Markisen tropfte Wasser, der Regen hatte aufgehört, und sie, sie war nicht da. Unter den Markisen nicht, vor den Schaufenstern nicht, in den Geschäften, vor dem Brunnen, in den Passagen nicht, sie war nicht da.
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