»Was ist denn da draußen los?«, fragte ich neugierig.
»Der Wachhabende hat sich am Kasernentor erschossen.«
»Eppers?«
»Ja, ich glaube er heißt Eppers.« Dann tippte er sich an die Stirn. »Wegen eines Mädchens.«
Meine Knie zitterten. Ich setzte mich auf meinen Stuhl am Schreibtisch.
Vom Flur her kam ein durchdringender Frauenschrei: »Nein!« Eine Tür wurde aufgeschlagen. Schnelle Frauenschritte waren zu hören. Der Schrei riss mich von meinem Stuhl hoch. Ich öffnete die Tür, sah Martina den langen Kasernenflur entlang rennen. Carola rannte hinter Martina her, rief immer wieder laut und ängstlich: »Martina, Martina.« Carola verlor ihren rechten Schuh, schleuderte den linken gegen die Wand, lief auf Strümpfen weiter, holte Martina ein. Beide verschwanden sie hinter der Tür der Damentoilette.
Nach einer Weile kam Carola zu uns in die Ausgabestelle. Sie lehnte sich erschöpft gegen den Türrahmen, legte ihren Kopf zurück, schloss die Augen, öffnete sie wieder. »Johann«, sagte sie, »Martina ist schwanger.«
Klosch horchte auf, weil Carola mich beim Vornamen nannte.
Ich suchte wieder meinen Stuhl: »Von Eppers?«
Carola nickte. Über ihr Gesicht rannen Tränen. Sie holte ein Taschentuch hervor, begann sich die Augen trocken zu reiben, schluchzte. Sie verließ das Zimmer wieder.
Ich wollte beginnen an den Kartenblättern die Ränder zu beschneiden. Doch meine Hände zitterten. »Stabsfeldwebel«, sagte ich. »Ich muss noch einmal auf die Unterkunft. Ich habe meine Essenmarken noch im Spind.«
Klosch sah von seinem Tisch auf, betrachtete mich eine Weile, nickte dann, hob drohend seinen rechten Zeigefinger. »Aber mach keine Scheiße.«
Ich lief über den Kasernenhof zur Unterkunftsbaracke. Die Sonne überflutete an diesem Tag bereits ungewöhnlich hell die Kasernenanlage. Die Luft war für einen Tag mild und es roch nach regennasser Erde. Im Zimmer setzte ich mich auf Eppers Stuhl, starrte auf sein Bett. Auf dem Kopfkissen lag noch das Buch, in dem er immer gelesen hatte. Draußen auf dem Flur hörte ich den Schreiber gehen, die angekommenen Briefe zu verteilen. Er erschrak, als er mich am Tisch sitzen sah, drehte unschlüssig einen rosaroten Brief in den Händen.
»Gib her«, sagte ich. »Ich schicke ihn zurück.«
Als der Schreiber wieder die Tür geschlossen hatte knickte ich den Brief zusammen, schob ihn in meine linke Brusttasche. Ich wusste, ich würde diesen Brief nie zurückschicken oder lesen.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.