„Es spielt keine Rolle, was sie wollten, Nathaniel. Es ist nur wichtig, was du und dein Vater wollen.“
„Doch, es spielt durchaus eine Rolle, was sie wollten. Sie mögen vergangen sein, aber ihr Wille wirkt auf uns heute nach. Das Blut des König Nathaniel I. fließt durch meine Adern.“ Nathaniel setzte sich wieder und griff nach Jons iPad. „Ich werde keine Frau heiraten, die ich nicht liebe. Ich schätze Freiheit und Unabhängigkeit, aber ebenso sehr schätze ich wahre Liebe.“ Er scrollte durch die Story. „Denkst du, Ginny wusste von diesem Artikel? Sie und Claudette kennen sich seit der Universität.“
„Wer weiß? Will Ginny die Erbin sein? Wenn ja, ist der einzige Weg für sie, königlich zu werden, jemanden aus der königlichen Familie zu heiraten. Das bist dann du, Kamerad.“
„Meinen Bruder, den wunderbaren Prinzen Stephen, gibt es ja auch noch.“ Nathaniel gab das iPad zurück. Er wollte nicht mehr lesen. Es verdarb nur seine Gedanken um den Garten und das Mädchen. „Das wäre eine schöne Bescherung.“
„Was mich wundert ist, dass du doch seit Jahren mit Ginny befreundet bist, Nathaniel“, sagte Jon. „Zeitweise sogar romantisch verbunden.“
„Wir sind ein paar Mal ausgegangen.“ Außerdem hatte er da noch nicht jemanden wie Susanna getroffen.
„Wieso also nicht heiraten? Sie ist eine Ikone in Brighton. Olympiasiegerin. Miss Brighton Universe. Ich glaube nicht, dass ich dich daran erinnern muss, dass sie heiß ist, mein Freund. Unglaublich heiß.“
„Eine Beziehung besteht aus mehr als, heiß’, Jon.“ Da war Susanna. Schön in jeder Hinsicht.
„Ja, aber das ist doch ein fantastischer Anfang.“
Nathaniel sah seinen ehrwürdigen Berater böse an. „Dann heirate du sie doch.“
„Ich? Ich habe ja noch nicht einmal einen Titel. Technisch betrachtet hat sie einen höheren Rang als ich.“
„Na gut, dann kümmere ich mich sofort nach unserer Rückkehr darum. Ich sehe zu, dass der König dich zum Ritter schlägt. Sir Jonathan Oliver.“
„Super, aber das bringt Ginny doch auch nicht weiter. Sie will keinen Ritter, sie will einen Kronprinzen.“
„Da kann sie warten, bis sie graue Haare hat.“
Der Gedanke daran, sich mit Genevieve zusammenzutun, wühlte Nathaniel auf. Der Druck, zu heiraten, lastete immer auf dem Kronprinzen, aber der Druck, jemand ganz Bestimmten zu heiraten, war neu und unwillkommen.
„Jetzt komm schon, Nate.“ Jonathan verschränkte die Hände hinter dem Kopf und nahm eine Haltung ein, als würden sie Rugbyergebnisse diskutieren und nicht Nathaniels Leben, sein Herz und die Zukunft zweier Nationen. „Lady Genevieve könnte die einfache Lösung für ein sehr emotionales Problem sein.“
„Leicht für wen?“ Ginny war zweifellos ein echter Star in Brighton. Aber nicht seiner. Obwohl Mama und der größte Teil des Königshofes sie zu lieben schienen. „Das Abkommen verlangt einen legitimen Erben mit Anspruch auf den Thron. Ginny ist das nicht.“
„Schade, dass du sie nicht einfach zu einer königlichen Prinzessin aufbauen und dem Ganzen ein Ende machen kannst.“
„Wenn die Krone sie vor dem Ende des Abkommens zur Prinzessin aufbaut, finden wir uns vor dem europäischen Gerichtshof wieder. Von den Sanktionen unseres eigenen Parlaments ganz zu schweigen. Oder der Tatsache, dass es sehr danach aussähe, als ob man einen königlichen Titel kaufen könne. Verkauft an den höchsten Bieter.“
„Wenn du also Ginny nicht heiraten willst, wen dann?“
„Die Frau, die ich liebe.“ Nathaniel ging ans Ende der Veranda und sah über den Rasen. „Ich denke darüber nach, den Garten neu zu gestalten. Ich glaube, das würde Papa gefallen. Was meinst du?“
„Wir? Du und ich? Ich kann noch nicht mal Unkraut züchten, ganz zu schweigen von echten, richtigen Blumen.“
„Susanna ist Landschaftsarchitektin.“
„Das Mädchen, mit dem du von Mrs. Butlers Abendessen verschwunden bist?“ Jonathan gesellte sich auf den Stufen der Veranda zu Nathaniel. „Bitte sag mir nicht, dass du für sie schwärmst.“
„Sie ist momentan arbeitslos. Ein kleiner, schnell erledigter Gartenbauauftrag könnte genau die Ermutigung sein, die sie braucht.“
„Ein Ausweichmanöver kommt einem Geständnis gleich.“
„Ich gebe gar nichts zu.“
„Du hast mir noch nicht einmal erzählt, wie du sie kennengelernt hast.“
Er bewahrte die Erinnerung an ihr erstes Treffen unter dem Baum wie einen Schatz auf. Wenn der Rest seines Lebens schon in den Zeitungen von Brighton und Hessenberg breitgetreten wurde, wollte er Susanna für sich behalten. „Ich glaube, sie würde mit dem Garten gute Arbeit leisten.“
„Wenn du den Garten neu gestaltet haben möchtest, werde ich Angebote von anderen Landschaftsgärtnern und Architekten einholen.“ Jon sprang die Stufen hinunter und trat gegen die braune, moosige Rasenkante.
„Kein Bedarf. Meine Wahl ist Susanna.“ Nathaniel wies mit einer Geste auf die kleine, eingezäunte Fläche. „Es ist ein Garten, Jon.“
„Du stehst auf sie!“ Jon starrte ihn an. „Nathaniel, was denkst du dir eigentlich? Sie weiß, wer du bist und …“
„Sie weiß es nicht.“ Nathaniel griff nach den grünen Blättern eines tiefhängenden Astes, die in der Brise schaukelten. „Ich habe mich als Nate Kenneth vorgestellt.“
„Was ist mit deiner Rede bei der Benefizveranstaltung?“
„Da war sie draußen und hat telefoniert.“
„Wie passend.“
„Ja, sehr.“ Nathaniel schnitt eine Grimasse in Jons Richtung. „Aber ich bin ein Prinz, kein Wundertäter. Der Anruf war purer Zufall.“
„Du verschwendest deine Zeit.“
„Im Gegenteil, wenn ich den Garten neu gestalten lasse, nutze ich meine Zeit sehr gut.“
„Du weißt, was ich meine, Nathaniel.“
„Rufst du sie an, um einen Termin zu machen, oder soll ich?“
„Ich kümmere mich darum.“ Jonathan nahm sein iPad. „Wenn du schon dabei bist, ruf bitte Mrs. Butler an. Lade sie zum Tee ein. Ich werde mich für meine Abwesenheit gestern Abend entschuldigen.“
„Bereits erledigt. Steht für morgen um vier in deinem Kalender.“
„Gut, gut. Dann bestell Susanna doch für den Vormittag.“ Oder für heute Abend. Oder für jetzt gleich.
Wenn er könnte, würde Nathaniel jeden einzelnen seiner Urlaubstage mit ihr verbringen.
Ein Gärtnereiprojekt wäre die perfekte Verbindung. Und der perfekte Abstandhalter. Nathaniel war von ihr bezaubert und angetan, sehr sogar. Ihm wurde bewusst, dass Jonathans alarmierte Reaktion gerechtfertigt war. Er musste sich schützen. Er würde mit Susanna Truitt höchstens befreundet sein können, nicht mehr. Nie.
Am Dienstagmorgen wachte Susanna früh auf, zog ein Paar Shorts und ein T-Shirt an, nahm ein paar Kartons aus der Garage mit, die von ihrem Umzug zurück auf die Insel übrig geblieben waren, und fuhr ins Büro.
Gage war dort, aber er machte sich rar, während sie ihre Sachen einsammelte. Nur Myrna versuchte, sie aufzuhalten.
„Suz, bleib. Er braucht dich. Wir alle brauchen dich. Du bist das ruhige Auge im Sturm.“
„Selbst wenn ich wollte, könnte ich nicht, Myrna. Ich muss das hier machen. Ich kann nicht erklären, warum. Ich weiß einfach, dass ich es tun muss.“
Susanna trug die Kartons beschwingt zum Auto. Sie war frei … wirklich frei … und brachte zu Ende, was Adam begonnen hatte. Legte ihre Pläne und ihre Komfortzonen in Schutt und Asche.
Als Nächstes hielt sie am Krankenhaus an, um bei Daddy zu sitzen. Er hatte die Operation schon hinter sich und erholte sich in seinem Zimmer.
Читать дальше