Die Membrana interossea im Schädel wird Dura mater genannt. Es handelt sich um eine derbe, nicht dehnbare, faserige Membran, die sich aus einer äußeren und einer inneren Wand zusammensetzt. Die äußere Wand dient als Periost. Die innere Wand besitzt die Besonderheit, dass sie zwischen einzelnen Anteilen des Gehirns in Falten herunterhängt. Die Falte, die zwischen den Hemisphären in Richtung der Sagittalebene herabhängt, wird als Falx cerebri bezeichnet. Jene Falte wiederum, die sich über das Cerebellum spannt, nennt man Tentorium cerebelli. Die gesamte Dura mater mit ihren Falten ist an sämtlichen Knochen des Neurocranium befestigt. Der Name Falx bezieht sich auf die Sichelform der Falx cerebri. Wenn Sie sich eine Seite des Tentorium cerebelli anschauen, sehen Sie ein weiteres sichelförmiges Gebilde. Die gegenüberliegende Seite sieht entsprechend aus. Auf diese Weise betrachtet, können Sie somit drei Sicheln sehen, die sich im hinteren Anteil der Schädelinnenseite treffen.
Die Falx cerebri ist an der Crista galli des Os ethmoidale befestigt, am Os frontale, an den beiden Ossa parietalia und am interparietalen Anteil des Os occipitale. Sie ist zäh, kräftig und gespannt.
Normalerweise behaupte ich, dass Sie das Os ethmoidale wie eine Glocke läuten können, wenn Sie nur dort hineinkämen und an der Falx zögen. Das bedeutet, das Os ethmoidale vor und zurück zu schwingen wie die Glocke einer Lokomotive. Das ist der vordere obere Pol der Befestigung der Falx cerebri.
Betrachte ich das Tentorium cerebelli, fällt mir dabei auf, dass es die Form zweier Sicheln hat. Dadurch bin ich geneigt von einer ‚Falx tentorium‘ zu sprechen. Da es sich oberhalb des Cerebellum befindet, könnte man auch von einer ‚Falx cerebelli‘ sprechen, dennoch bevorzuge ich den Begriff ‚Tentorium‘, so wie ich ihn auch bisher benutzt habe.
Die zwei Sicheln bilden ein ‚Zelt‘. Dieses ‚Zelt‘ ist diagonal entlang der gesamten Innenseite der Squama occipitalis auf halber Höhe befestigt und bildet so die Sinus laterales. 26
ZEICHNUNG I–4: DER KRANIALE ANTEIL DER REZIPROKEN SPANNUNGSMEMBRAN
Mit der schematischen Darstellung seiner Befestigungspole.
Von dort verläuft die ‚Falx tentorium‘ über die Innenseite der hinteren unteren Ecken der Ossa parietalia. Dies entspricht dem Winkel des Proc. mastoideus genau über den Suturae parietomastoideae. Von dort verläuft das ‚Zelt‘ weiter auf den oberen Begrenzungen der Partes petrosae der Ossa temporalia. Diese an den Partes petrosae befestigten Enden werden, schematisch betrachtet, die seitlichen Pole der Befestigung des Tentorium cerebelli genannt. Weiter nach vorne sind sie an den hinteren Procc. clinoidei der Sella turcica des Os sphenoidale fixiert. Aufgrund der Sichelform hat das Zelt eine freie Begrenzung. Sie bildet die Einbuchtung des Zeltes. Dieser innere Saum beschreibt einen Bogen, bevor er nach vorne hin verläuft zu den vorderen Procc. clinoidei der Sella turcica des Os sphenoidale.
Dieses Gebiet, an dem die vorderen Ausläufer des Tentorium cerebelli an den vier Procc. clinoidei der Sella turcica befestigt sind, bezeichnet den vorderen unteren Pol der Befestigung. Das Diaphragma sellae bedeckt die Sella turcica, in welcher sich wiederum die Hypophyse befindet. Vom Hypothalamus aus verläuft das Infundibulum in den hinteren Anteil der Hypophyse. Diese Anordnung ist eine jener kleinen Dinge, die in der osteopathischen Wissenschaft eine große Sache sein können.
Wenn wir die zwei sichelförmigen Hälften des ‚Zelts‘ zusammen mit der Falx cerebri betrachten, sehen wir drei Sicheln, die sich genau in dem Bereich des Sinus rectus treffen, dort also, wo die Falx sich mit dem ‚Zelt‘ verbindet. An den beiden Hälften des ‚Zelts‘ können Sie feststellen, dass die Kurve genau an den Befestigungsstellen der Partes petrosae der Ossa temporalia abgeschnitten ist. Beide Seiten entsprechen sich, und diese seitlichen Aufhängungspole sind ein wichtiger Anteil des gesamten Innenraums des Neurocranium. Beachten Sie, dass die Partes petrosae nach vorne zusammenlaufen und nach hinten auseinandergehen. Mit anderen Worten, sie verlaufen diagonal nach vorne.
Wenn Sie die Innenseite des Schädels betrachten, sehen Sie, wie die Falx cerebri und die ‚Falx tentorium‘ (Tentorium cerebelli) an allen Knochen des Neurocranium befestigt sind. In der Sagittalebene der Falx cerebri verläuft der Sinus sagittalis superior. Das Tentorium cerebelli bildet vom Sinus confluens aus die Sinus laterales. An der inneren Protuberantia des Os occipitale transportiert der Sinus rectus venöses Blut vom Sinus sagittalis inferior und der Vena magna (V. Galena) heran, damit es weiter in die Sinus laterales fließen kann. Dieses Gebiet stellt in meiner schematischen Beschreibung den hinteren Pol der Befestigung sowohl der Falx als auch des ‚Zelts‘ dar.
Beachten Sie, dass die drei Sicheln als Besonderheit der inneren Schicht der Dura mater auf der Schädelinnenseite eine Struktur bilden, die sämtliche Knochen zusammenhält. Diese Struktur bezeichne ich als Reziproke Spannungsmembran des menschlichen Schädels. Sie erlaubt den Knochen an den Suturen einen normalen Bewegungsradius. Die Spannung in dieser Membran wird betont, da es ohne ihre dauerhafte Anspannung keinen reziproken Mechanismus geben kann. Dies trifft nicht nur für eine normale Position, sondern auch auf Strainmuster zu. Die Spannung bleibt ebenso kontinuierlich erhalten, wie das Neuralrohr das ganze Leben hindurch ein Rohr bleibt.
Betrachten Sie ein Modell, das die drei Sicheln zeigt, wie sie aneinander befestigt sind. Solch ein Modell kann die schematische Idee zwar gut veranschaulichen, was aber bedeutet diese Struktur im Schädel tatsächlich für uns? Was bedeutet die Sichelform? Wenn Sie eine Sense haben, die ja nichts anderes ist als eine große Sichel: Wie benutzen Sie sie? Sie benutzen sie nicht dazu, das Gras einfach umzuhauen. Sie benutzen sie wie vorgesehen als ein Werkzeug, das man in einem großen Kreis nahe über dem Boden herumschwingt. Sie selbst bewegen sich dabei nach hinten, sobald das Ganze nach vorne geht. Wenn Sie an die vorderen Enden der Falx und des ‚Zelts‘ kommen, stellen Sie fest, dass diese sich nach hinten bewegen. Dies ist der Vorteil der Sichelform für jene inneren Strukturen.
Die Falx cerebri zieht das Os ethmoidale posterior, wenn die Crista galli nach oben steigt. Die Procc. clinoidei des Os sphenoidale kommen im gleichen Moment nach hinten, sobald die ‚Falx tentorium‘ nach vorne kommt.
Dies zeigt uns, wie die Reziproke Spannungsmembran an diesen Gebieten zieht. An den seitlichen Befestigungspolen werden die Partes petrosae der Ossa temporalia angehoben und in Außenrotation gebracht. Der hintere Pol der Befestigung an der Squama occipitalis bewegt sich nach vorne.
Der gesamte Effekt auf das Neurocranium ist eine Formveränderung, die ich Flexion nenne, da die sphenobasilare Verbindung am Clivus verstärkt nach oben konvex wird.
Sie können die Wirkung auf das Ganze an dieser schematischen Beschreibung erkennen. Der Abstand von vorne nach hinten verkürzt sich, ebenso die Strecke von oben nach unten, und der Abstand von einer Seite zur anderen verlängert sich.
Wenn die Formveränderung eintritt, die ich Extension nenne, gibt es eine entgegengesetzte Bewegung: Der Abstand von vorne nach hinten und von oben nach unten verlängert sich, und die Strecke zwischen der einen und der anderen Seite wird kürzer.
ZEICHNUNG I–5: DIE SCHÄDELBASIS IN FLEXIONSPOSITION UND DIE DAMIT VERBUNDENE ROTATION UM PARALLELE TRANSVERSALE ACHSEN
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