Mein Dank gilt allen bereits erwähnten sowie denjenigen, die zu erwähnen ich unabsichtlich vergessen haben könnte.
Im Jahr 1152 wurde der Staufer Friedrich Barbarossa in Aachen zum deutschen König gewählt. Drei Jahre später in Rom erfolgte seine Krönung zum Kaiser – zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Es erstreckte sich in früheren Jahrhunderten über fast ganz Europa, zu Barbarossas Zeit aber war dieser ehrenvolle Titel von geringem Wert. Er wurde lediglich von der Handvoll Prinzen und Herzögen des Stauferreiches anerkannt.
Barbarossas Weitblick und seine unerschöpfliche physische Energie vermochten jedoch das deutsche Bewusstsein so zu beleben, dass sein Name zur Legende wurde. Er stärkte die Bindungen zwischen den zerstrittenen deutschen Fürstentümern. Er unternahm Feldzüge auf polnisches und böhmisches Territorium bis hin zu weit entfernten Gebieten in Kleinasien. Selbst die Stadtstaaten Italiens wurden von ihm nach seinen Vorstellungen neu geordnet. Er schloss Frieden und führte Krieg mit zwei aufeinanderfolgenden Päpsten in Rom, wobei er nicht nur einmal, sondern gleich zweimal exkommuniziert wurde.
Wenige dieser kriegerischen Unternehmungen führten zu dauerhaften Eroberungen, manche davon endeten gar in Katastrophen. Auf einem Feldzug in Italien zum Beispiel starben alle seine Soldaten an der Pest, dennoch blieben allein seine Siege in Erinnerung.
Über die Jahrhunderte wurde Barbarossa in Deutschland zur Legende, insbesondere in schlechten Zeiten. Es hieß, er lebe in einer Höhle unter dem Kyffhäuser, um eines Tages zurückzukehren und dem deutschen Volk zu neuer Größe zu verhelfen.
Während seines ganzen Lebens hatte Barbarossa zahlreiche treue Anhänger – Untertanen, Ritter und gemeine Soldaten, die für ihn Kriege führten und unter seinem Banner ihr Leben ließen. Der treuste unter ihnen soll sein Untertan Zedlitz gewesen sein, der seine Loyalität zu Barbarossa auf dessen Polenfeldzug unter Beweis stellte. Auf der Höhe des Gefechts, als Barbarossas königlicher Umhang von einem feindlichen Speer durchbohrt wurde, eilte Zedlitz seinem König zur Seite und hieb den Umhang entzwei, wodurch Barbarossas Leben gerettet wurde. Jahrhunderte später wurde diese große Tat in einem epischen Gedicht festgehalten, das mit folgenden Zeilen endet:
Und wo man von Treue und Tapferkeit spricht,
da fehlt auch der Name der Zedlitze nicht.
Ihr Haus kommt nimmer zu Falle.
Der treue Untertan Zedlitz wurde für seine Loyalität und seinen Mut reich belohnt. Er hatte nicht nur Barbarossas Gunst gewonnen, sondern erhielt auch ein beträchtliches Stück Land an der östlichen Grenze Thüringens, ein deutscher Vorposten zum Königreich Böhmen. An dieser Stelle sollte er eine mächtige, seinen Namen Zedelic tragende Festung errichten, die lange nach dem Tod sowohl Barbarossas als auch seines treuen Untertanen Zedlitz für die Verteidigung deutschen Gebiets von großer Wichtigkeit werden sollte.
Fünfzig Jahre nach Barbarossas Tod, im Frühjahr 1241, richtete der damals regierende polnische Monarch Heinrich der Fromme einen dringenden, alle Stammes-, Kultur- und Fürsteninteressen übergreifenden Appell an die Christenheit, zu den Waffen zu greifen: Die Ungläubigen waren in Schlesien eingedrungen!
Während der Herrschaft der Staufer und Piasten stand der Begriff Ungläubige für die Tataren, eine Gruppe verschiedener nomadischer Völker, die jahrhundertelang den ganzen eurasischen Kontinent von der Mongolei im Osten bis zur Ukraine im Westen durchzogen. Ihre Sprache war dem Türkischen verwandt und noch im 13. Jahrhundert waren sie weder mit dem Christentum noch mit dem Islam in Berührung gekommen.
Schlesien war ein entlegenes fürstliches Besitztum an der Grenze des polnischen Königreiches, das im Süden von der Hohen Tatra und im Westen von der Neiße begrenzt wurde. Die Oder durchquerte dieses Gebiet in nördlicher und westlicher Richtung auf ihrem Weg von der Quelle zur Ostsee. Das Land war reich an Wäldern und fruchtbaren Feldern und es wurde behauptet, es lägen dort riesige Schätze an Mineralien unter der Erde. Wen wundert es daher, dass sowohl die Tataren als auch die europäischen Herrscher gleichermaßen an Schlesien – Slansk – interessiert waren.
Aus dem Süden und vom Westen kamen deutsche Ritter nach Osten an die Oder geritten, um die Invasion der Mongolen zu stoppen. Mit ihrer schweren Rüstung überquerten sie die Neiße und kämpften sich durch heimtückische Sümpfe und endlose Wälder, um den Soldaten Heinrichs zur Seite zu stehen. Die polnischen Ritter, in ebenso schweren Rüstungen, zogen in südlicher Richtung durch ihnen vertraute Sümpfe und Wälder. Sie überquerten die Oder von Osten kommend.
Am ersten klaren Morgen im April stießen die vereinten Armeen auf die eingedrungenen Tataren in den feuchten Niederungen Schlesiens. Unter kampferprobter Führung preschten die Ritter in ihren Rüstungen, wie sie es häufig geübt hatten, in enger Formation mit gezückten Schwertern vorwärts. Dahinter folgte das Fußvolk mit langen, unhandlichen Speeren, halb im Schlamm versinkend. Die gegnerischen Linien wurden immer wieder durchbrochen, jedoch unter hohen Verlusten. Pferde und Männer stürzten und versanken im Morast. Bald überstieg die Zahl der Verwundeten und Sterbenden die der noch Kämpfenden. Wieder und wieder formierten sich die Armeen unter ihren Bannern, schlossen die Lücken der gefallenen Pferde und Männer und griffen erneut an. Am Ende siegten die christlichen Armeen.
Unter den deutschen Bannern in dieser Schlacht waren auch diejenigen der Ritter von Burg Zedelic. Sie wurden geführt von einem Nachfahren des treuen Untertans Barbarossas, Zedlitz, und die Soldaten stammten aus dem Dorf Zedelic an der Ostgrenze Thüringens. Nachdem die erschöpften Ritter und Soldaten aus Zedlitz ihre Toten begraben hatten, überquerten sie die Neiße in westlicher Richtung, um in die Heimat zu ihrer Burg und ihrem Dorf zurückzukehren.
In den Jahrhunderten nach dem historischen Sieg über die Tataren ging die Herrschaft über Schlesien an den König von Böhmen, danach durch sorgfältig arrangierte Heiraten an die österreichische Dynastie der Habsburger.
Im 18. Jahrhundert war die Stauferdynastie Barbarossas und seiner Nachfahren längst verschwunden. An ihre Stelle trat als treibende Kraft unter den Fürsten und Prinzen des Nordens das Haus Hohenzollern, das das Fürstentum Brandenburg regierte und später die Könige Preußens stellen sollte. Zentrum seiner Macht war die Stadt Berlin.
Im April 1741, genau 500 Jahre nach dem Sieg über die Tataren, eroberten die Armeen des Preußenkönigs Friedrich des Großen das gesamte, zum Habsburger Reich der Kaiserin Maria Theresia gehörende Land zwischen Oder und Neiße. Sieben Jahre später, nach zahlreichen Gefechten, unterzeichneten Österreich und Preußen einen unsicheren Friedensvertrag. Maria Theresia behielt zwar ihren Thron, Friedrich jedoch behielt Schlesien. Die Kaiserin soll sich beklagt haben: »Er hat mir meinen herrlichen Garten weggenommen.«
Der Friede dauerte nicht einmal zehn Jahre, und als der Krieg erneut ausbrach, erreichte er bald die Dimension eines Weltkonflikts, in den sowohl alle Großmächte Europas als auch weit entfernt liegende Länder wie Nordamerika und Indien verwickelt wurden. Da dieser dritte schlesische Krieg sieben Jahre dauerte, wurde er als der Siebenjährige Krieg bekannt. Nach seinem Ende war Schlesien fest im Besitz des preußischen Königs.
Das Land war nun von Nachfahren der Familie Zedlitz aus Zedelic bewohnt, die, genau wie ihre Vorfahren vor vielen Jahrhunderten, ihrem König dienten. Unter diesen Nachkommen befanden sich auch Ernestine und Gottlieb von Trützschler, miteinander verheiratete, weitläufig verwandte Vetter und Cousine. Im Jahr 1800 brachte Ernestine auf dem Familienschloss der Trützschlers in Thüringen ihr erstes Kind, Karl Eduard, zur Welt.
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