Eine kurze Anmerkung noch zum Schluss: Der begrifflichen Einfachheit halber spreche ich im Folgenden allgemein von Campern, Campervans oder Wohnmobilen, ohne damit eine bestimmte Größenordnung bzw. Ausstattung des Fahrzeuges zu implizieren.
An diesem Punkt bleibt uns nur zu sagen: Ab hinein ins Fahrvergnügen Australien und „ have a good one “!
Steffi Stadon
Teil 1
Das Land – Selbstfahrerparadies für Unabhängige
Die Highways sind die Lebensadern des Kontinents
Die Zahlen sprechen für sich: 2015 verbrachten mehr als 183.000 Deutsche ihren Urlaub in Australien – ein leichter Anstieg zum Vorjahreszeitraum, ein stetiger über die vergangenen zehn Jahre. Nicht nur die landschaftliche Traumszenerie sowie einzigartige Tier- und Pflanzenwelt, sondern auch die Gastfreundlichkeit der Einheimischen und schiere Größe Australiens lassen den Besucher eine Anreise von mindestens 24 Stunden willig in Kauf nehmen. Auf einer Fläche von 7,6 Mio. Quadratkilometer findet jeder sein bevorzugtes Plätzchen. Paradiesische Strände treffen auf einsames Outback, vorzeitliche Regenwälder auf schillernde Millionenstädte. Australien trägt nicht umsonst den inoffiziellen Titel „Land der Extreme“.
Down Unders Sehenswürdigkeiten mögen über eine riesige Fläche verteilt sein, doch sie sind durch ein Netz an endlosen Straßen miteinander verbunden. Entlang der gewundenen Küstenhighways, geradlinigen Hinterlandstraßen oder staubigen Outbackpisten entfaltet sich die wahre Mentalität des Fünften Kontinents. Hier kann der Reisende die Wunder und Weiten Down Unders im wahrsten Sinne des Wortes „erfahren“.
Und wie ließe sich das besser tun als mit einem Wohnmobil? Selbst die Australier sind begeisterte Campingfans und haben ihrem Land im Laufe der Zeit ein perfektes Set-up dafür verliehen. Dazu gehören eine immense Auswahl an Mietfahrzeugen sowie einladende Übernachtungsmöglichkeiten, traumhafte Selbstfahrerrouten oder schlichtweg ein öffentliches Toilettensystem, wie man es sich in Deutschland vergeblich wünscht.
Egal, ob in Nationalparks mitten im Grünen oder auf dem Campingplatz am Meer, bei einer Tour durch das Red Centre oder die Ostküste hinauf Richtung Great Barrier Reef, sei es ein Trip unter Freunden im klassischen Bulli oder als Familie in einem großen Motorhome – Australien offenbart ein Spektakel an Campingerlebnissen, das sich hervorragend auf die eigenen Wünsche abstimmen lässt.
Do as the locals do! Wer sich für einen Campingtrip in Australien entscheidet, lässt sich mitreißen von einer einzigartigen Euphorie des Reisens und wird dabei ein Stück weit selbst australisch. Dem Ruf der großen Freiheit, die dieser Kontinent wohl wie kein anderer verspricht, folgt man einfach am besten auf den eigenen vier Rädern. Denn keine andere Reiseart ermöglicht es zugleich, das Land ganz individuell zu entdecken und dabei Zeit und Raum selbst zu bestimmen. Eine Campertour durch Australien verspricht nicht weniger als eine atemberaubende, relaxte, abenteuerliche, mitunter unbegreifliche Reise.
Great Ocean Road
Das Auto ist Fortbewegungsmittel Nr. 1 in Australien. Zwar nutzen innerhalb der Großstädte viele Einheimische das gut ausgebaute öffentliche Verkehrsnetz. Doch je weiter man sich aus den großen Ballungsgebieten heraus begibt, desto größer wird die Abhängigkeit vom Fahrzeug. Kleinere Städte liegen mitunter hunderte Kilometer voneinander entfernt. Nicht in jeder davon gibt es einen größeren Supermarkt geschweige denn Bekleidungsgeschäfte oder Freizeitvergnügungen. Bus- bzw. Zuglinien fahren oft nur einmal täglich, wenn überhaupt, und lassen damit jede Flexibilität hinten anstehen.
Die Entfernungen, die in Australien mit dem Auto zurückgelegt werden, zählen zu den längsten der Welt. Sie begründeten nicht nur den Nutzen des Autos, sondern auch die Leidenschaft für das Fahren. Australier sind kein Volk von Spaziergängern. Irgendwo „hingehen“ bedeutet nicht etwa, die Füße für das Laufen zu nutzen, sondern um damit das Gaspedal hinunterzudrücken.
1.1 Die Leidenschaft fürs Campen
Wer einen großen Teil seines Alltages mit Vergnügen auf vier Rädern verbringt, tut das erst recht während des Urlaubs. Australien ist wahrhaftig und ohne Zweifel eine Campingnation. Laut der letzten Studie der Caravan Industry Association of Australia sind Wohnwagen sowie Wohnmobile die am häufigsten registrierten Fahrzeugtypen des Landes – und zwar das sechste Jahr in Folge! Während Touristen überwiegend in Wohnmobilen unterwegs sind, bevorzugen die Australier den Wohnwagen. 85 Prozent der Einheimischen waren mindestens einmal in ihrem Leben campen. Vor allem das Verlangen, mehr vom Land zu entdecken, entfacht ihre Motivation. On the road fühlen sie sich glücklicher und ausgelassener als andere Reisende. Gerade Familien empfinden Camping als eine tolle Möglichkeit, einander näher zu sein. So umfassen die 30- bis 54-Jährigen mit 50 Prozent die größte Gruppe der einheimischen Selbstfahrer, dicht gefolgt von den 55- bis 70-Jährigen, die ein Viertel der Camper ausmachen. Stehen die Feiertage oder der Jahresurlaub vor der Tür, begegnet man vielen Einheimischen fahrend auf der Straße oder grillend auf dem Campingplatz.
Der Camping-Sektor in Australien
528.210 Wohnwagen und 58.375 Wohnmobile waren zum Januar 2015 landesweit registriert.
Es gibt ca. 1700 Campingplätze mit insgesamt 170.000 Stellplätzen.
90 % der Übernachtungen finden in den ländlichen Gegenden fernab der großen Metropolen statt.
Der Camping-Sektor beschäftigt etwa 25.000 Arbeitnehmer.
Campingurlauber geben ca. 7 Mrd. AUD während ihrer Reise aus.
Die Australier verbrachten 2014 rund 43 Mio. Nächte auf Campingplätzen.
Der eigene Campervan eines Australiers ist durchschnittlich stolze 17,9 Jahre alt.
Auf in den Urlaub mit dem eigenen Caravan
Niemand versinnbildlicht die Leidenschaft fürs Campen mehr als die grey nomads , auch sundowners oder silver nomads genannt. Die Ü55-Generation verkauft Haus und Hof und verbringt ihren Lebensabend fortan damit, im eigenen Wohnwagen oder Wohnmobil kreuz und quer durch Australien zu touren. Die Chance, ihnen zu begegnen und von ihren Geschichten zu erfahren, ist also sehr hoch.
Neue Camping-Trends zeichnen sich ab oder sind bereits fest etabliert. Das sogenannte gramping bezeichnet den gemeinsamen Campingurlaub der Großeltern mit ihren Enkelkindern, zusammen gesetzt aus grandparents und Camping. Dem steht das sogenannte glamping gegenüber – der Kombination von Glamour, also Luxus und Camping.
Wenngleich die überragende Mehrheit von 90 Prozent der Wohnmobilurlauber die Australier selbst sind, ist der Selbstfahrer-Markt für Touristen besonders attraktiv und gilt als einer der am schnellsten wachsenden Tourismusbereiche des Landes. Der Reisende aus Übersee kann von diesem Hype nur profitieren! Schließlich steht ihm ein weit verzweigtes Infrastrukturnetz und vor allem jahrelange Erfahrungswerte der Einheimischen zur Verfügung.
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