»Wir laden Alexander Molberg noch einmal vor. Er muss doch wissen, ob sein Vater eine Tätowierung hatte.«
»Können wir nicht jetzt gleich zum Geschäft auf die Königstraße fahren?« Fragend sah der junge Kommissar sie an.
»Gute Idee, das machen wir.«
Nach zwanzig Minuten hatten sie die Königstraße erreicht. Sie stiegen aus und Maria fixierte das etwa dreihundert Meter entfernte Antiquitätengeschäft. Sie fragte sich, ob Alexander Molberg den Laden schon wieder geöffnet hatte, gerade drei Tage, nachdem er seinen Vater hier ermordet aufgefunden hatte. Aber sie hatten Glück. Alexander Molberg unterhielt sich gerade mit einem älteren Kunden und strich dabei liebevoll über das glatte, glänzende Nussbaumholz eines Kabinettschrankes. Er sah auf, als die Kommissare den Laden betraten. Sein geschäftsmäßiges Lächeln gefror. Er entschuldigte sich bei dem Mann und kam zu ihnen.
»Guten Tag, Herr Molberg. Wir haben noch einige Fragen an Sie. Wenn es möglich wäre, gleich hier, sonst müssten wir Sie extra noch einmal ins Präsidium bitten.«
»Gehen Sie doch einfach nach hinten ins Büro. Den Weg kennen Sie ja. Ich bin gleich bei Ihnen.«
Sie gingen an Molberg und dem Kunden vorbei nach hinten. Etwas unschlüssig standen sie herum, setzten sich aber schließlich doch, Maria auf den Stuhl hinter dem Schreibtisch und Hellwig Dreiblum auf den davor. Vor ihr lag ein aufgeschlagener Katalog mit Kunstgegenständen. Sie studierte die astronomisch hohen Preise, die unter den Kurzbeschreibungen der Objekte zu finden waren.
»Möchten Sie eine Kommode aus Kirschholz kaufen? Ist von 1878 und kostet nur schlappe viertausendsechshundert Euro.«
»Das ist ja ein richtiges Schnäppchen! Wenn ich meine Couchgarnitur von IKEA abbezahlt habe, werde ich darüber nachdenken.«
»Oder hier, der Silberleuchter, Barock, dreizehntausendfünfhundert Euro.«
»Würde sich sehr gut zu meinen Drucken an der Wand machen.«
Sie kicherten beide und Maria blätterte weiter in dem Hochglanzkatalog. Sie fand es erstaunlich, wie viel Geld manche Leute für ein antikes Stück auszugeben bereit waren. Auch wenn sie den Wunsch nachempfinden konnte, etwas Besonderes und Einmaliges zu besitzen.
Alexander Molberg erschien in der Tür und blieb dort abwartend stehen.
Maria und Hellwig Dreiblum standen auf.
»Wollen Sie sich vielleicht setzen?«, fragte Maria ihn und sah sich suchend nach einer dritten Sitzgelegenheit um. Aber Molberg schüttelte den Kopf. Offensichtlich wollte er sie so schnell wie möglich wieder loswerden.
»Die Obduktion Ihres Vaters hat heute Morgen stattgefunden, wie Sie wissen. Der Leichnam wurde freigegeben. Sie können die Beerdigung arrangieren.«
Jetzt setzte sich Molberg doch auf den Stuhl vor dem Schreibtisch, von dem Hellwig Dreiblum sich erhoben hatte.
»Die Obduktion hat unter anderem ergeben, dass Ihrem Vater im Nacken ein Stück Haut herausgeschnitten wurde. Wir fragen uns, warum der Mörder das gemacht hat. Vielleicht, um eine Tätowierung verschwinden zu lassen?«
»Ich bitte Sie! Mein Vater hatte keine Tätowierung. Zumindest habe ich nie eine gesehen. Das wäre mir mit Sicherheit aufgefallen.«
Maria warf ihrem Kollegen einen vielsagenden Blick zu. Wäre ja auch zu schön gewesen.
»Herr Molberg, wie Sie vielleicht den Medien entnommen haben, ist kürzlich ein weiterer Mord geschehen. Diesem Opfer wurde an der gleichen Stelle ein Stück aus der Nackenhaut herausgeschnitten.«
»Dann besteht doch eindeutig ein Zusammenhang zwischen den Morden?!«, rief Molberg und schaute von einem zum anderen. »Wenn es keine Tätowierung war, die der Mörder herausgeschnitten hat, dann vielleicht eine Art Trophäe, die er mitnehmen wollte?« Fragend sah er sie an. »Das hört man doch immer wieder, dass Mörder irgendetwas von ihren Opfern an sich nehmen.«
»Auch wir gehen davon aus, dass eine Verbindung zwischen beiden Verbrechen besteht. Wir wissen nur noch nicht, welche«, entgegnete Maria. »Wir werden den Mörder Ihres Vaters finden, Herr Molberg, seien Sie versichert.«
Er nickte schwach, so als würde er den Worten der Kommissarin keinen Glauben schenken.
»Wie weit sind Sie denn mit der Inventarliste? Haben Sie festgestellt, ob etwas fehlt?«
»Ich bin noch nicht ganz durch, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass nichts gestohlen wurde. Ich denke, in zwei Tagen habe ich alles durchgearbeitet.«
»Also kein Tattoo«, stellte Hellwig Dreiblum fest, als sie wieder draußen auf der Straße standen und zum Auto gingen. Maria blieb stehen und sah ihn direkt an.
»Es gibt drei Möglichkeiten. Erstens: Es gibt kein Tattoo. Zweitens: Sein Sohn hat es nie gesehen. Und drittens: …«
»… er hat gelogen.«
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