Richard Stiegler
Im Einklang leben
Richard Stiegler
Im Einklang leben
Spirituelle Grundhaltungen und Alltag
© 2016 Arbor Verlag GmbH, Freiburg
Alle Rechte vorbehalten
1. Auflage 2017
E-Book 2020
Lektorat: Thomas Böhmer
Titelfoto: Rainer Frauenfeld
Hergestellt von mediengenossen.de
E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de
www.arbor-verlag.de
ISBN E-Book: 978-3-86781-308-2
Wichtiger Hinweis
Die Ratschläge zur Selbstbehandlung in diesem Buch sind von dem Autor sowie dem Verlag sorgfältig geprüft worden. Dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Bei ernsthafteren oder länger anhaltenden Beschwerden sollten Sie auf jeden Fall einen Arzt, Psychotherapeuten, Psychologen oder Heilpraktiker Ihres Vertrauens zu Rate ziehen. Eine Haftung des Autors oder des Verlages für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.
INHALT
Vorwort
Einleitung
Zum Umgang mit diesem Leitfaden
TEIL 1 PRÄSENZ
Schlafen und Erwachen
Sein oder „Ich bin“
1.1 Zugänge zu Präsenz
Schauen ins Nichts
Schauen auf die Totalität
1.2 Präsenz und Bedürfnisse
Sich aushalten lernen
1.3 Präsenz im Alltag
Erst mal sein
Etwas sein lassen
Sich mit dem Ego versöhnen
1.4 Präsenz und ihre Wirkung
Die Intensität des SEINS
Sinn und Routine
Das kreative Nichts
Die Mächtigkeit des SEINS
1.5 Präsenz in Beziehungen
Das Grundbedürfnis nach Bestätigung
Der Leidenskreislauf der Persönlichkeit
Mit Kindern sein
Mit der Not von Kindern sein
Das Wesen der Liebe
TEIL 2 ANNAHME
Anerkennen, was ist
Annahme und Gegenwärtigsein
2.1 Ablehnung und Ego
Die Ablehnung annehmen
Verantwortung übernehmen
Woran wir die Ablehnung erkennen können
Vorstellungen, Vorlieben und Selbstbilder
Die Leichtigkeit des Seins
2.2 Selbstannahme
Bedingte und unbedingte Liebe
2.3 Die Kraft der Annahme in Beziehungen
Empfangen und umfassen
Konflikte entschärfen
Das heilende Feld der Annahme
Der eigenen Ohnmacht zustimmen
Zuhören als Praxis der Annahme
2.4 Annahme und Handeln
Reaktion und Antwort
Die Antwort reifen lassen
Antworten und das Leben gestalten
Mach kleine Schritte!
TEIL 3 OFFENSEIN
Der innere Himmel
Offenheit und Hingabe
Das Wesen der Spiritualität
3.1 Nicht-Tun
Abstand und Unmittelbarkeit
Stolz und Demut
Ziele und Absichtslosigkeit
Zeit und Muße
Ehrgeiz und Bescheidenheit
Wissen und Vertrauen
3.2 Den inneren Horizont weiten
Die Grenzen der Identität
Schritt für Schritt – die alltägliche Bewusstheitsarbeit
Zeichen erkennen
Identifizierungen mit Bewusstheit umarmen
3.3 Friedensarbeit
Sich öffnen für die Pole
Öffnen heißt sich einlassen
„Liebt eure Feinde“
Licht ins Dunkle bringen
TEIL 4 EINSSEIN
Wie die Dinge sich verschränken
Die Logik des Egos
Auseinanderfließen
Einssein und wechselseitige Bezogenheit
4.1 Das Herz öffnen
Angst als Gegenspieler der Liebe
Die Angst umarmen
Verbunden oder verklebt?
Mitgefühl kann uns transformieren
4.2 Beziehungen im Geiste der Verbundenheit
Vom Ich zum Wir
Konflikt und Vielfalt
Die Waffen ablegen
Geschwisterlichkeit
Opfer, Täter und das Mitgefühl
4.3 Dem Leben dienen
Arbeit als alltäglicher Dienst
4.4 Innerer Reichtum
Nichts ist selbstverständlich
In der Schatzkammer des Lebens
4.5 Nur das Herz zählt
Falsche Propheten
TEIL 5 INNERE FÜHRUNG
Die Krone der Schöpfung
Motivation und Entfaltung
Wie uns das Leben ruft
Wissen und innere Weisheit
5.1 Der innere Kompass
Was stimmt?
Die Entfaltung des Wesens
Bestimmung heißt nicht Vorbestimmung
Der Körper als Spiegel der inneren Wahrheit
Resonanz und Innenschau
Das Instrument stimmen
5.2 Im Spannungsfeld von innen und außen
Sich mit dem Alleinsein anfreunden
Rebellion und innere Freiheit
Moses und seine Ängste
Im Spiegel unserer Gefühle
Gegründet und nicht starr
5.3 Die konkreten Schritte im Alltag
Innehalten und Zurücktreten
Auf den Ruf lauschen
Sich führen lassen
Werkzeuge des Friedens
Das Buch vollenden
Dank
Begriffsklärungen
Gewahrsein – Stille, Achtsamkeit, Sein, Seinsnatur
Ego – Selbstgrenzen, funktionales Ich
Seele – Psyche, Geist, Alltagsrealität, seelische Realität, absolute Realität
Wesen – transpersonaler Raum, Essenz
Schatten – personaler Entwicklungsschritt
Anmerkungen
Ergänzende und weiterführende Literatur
Zum Autor
Vorwort
Meditative Praktiken wurden über Jahrhunderte hinweg vor allem von Mönchen und Nonnen in Klöstern praktiziert. Dort wurde ein Rahmen geschaffen, der es den Praktizierenden erlaubte, sich in ihren Geist zu versenken, diesen zu erforschen und Qualitäten wie innere Stille, Achtsamkeit und Mitgefühl zu kultivieren. Es ist nachvollziehbar, dass es leichter ist in einen Zustand des Seins einzutreten, wenn wir nicht ständig etwas zu tun, zu erledigen oder zu entscheiden haben und wenn wir uns nicht mit dem Verdienen unseres Lebensunterhalts und den Herausforderungen des Familienlebens auseinander setzen müssen. Diese ungestörten Rahmenbedingungen vergleiche ich gerne mit einer Art Außenskelett, das uns einen äußeren Halt gibt, so dass wir uns leichter und ungestörter durch tägliche Herausforderungen unserer Innenwelt zuwenden können.
In den letzten Jahrzehnten und vor allem in den letzten Jahren sind diese meditativen Praktiken zu uns in den Westen gekommen – in eine Welt, die sich fundamental vom Leben in einem Kloster unterscheidet. Noch dazu befinden wir uns in einer Zeit, in der durch die neuen Medien und digitalen Möglichkeiten alles noch schneller und verrückter geworden ist. Wenn sich Menschen schon seit tausenden von Jahren in Klöster zurückgezogen haben, um ein kontemplatives Leben zu führen, was bedeutet das dann erst für die heutige Zeit? Der bekannte amerikanische Meditationslehrer Jack Kornfield beschreibt sehr anschaulich, wie er nach Jahren des Aufenthalts und der Praxis in buddhistischen Klöstern wieder in die USA zurückkam. Vor allem in Beziehungen und ganz besonders als er Vater wurde, musste er feststellen, dass sein Geisteszustand wieder von hohen Wellen gekennzeichnet war und – wie er es beschrieb – er zuschauen konnte, wie alles aus dem Fenster flog, was er an Geistesqualitäten glaubte erworben zu haben. So war er einer der ersten, der sich über seine kontemplative Praxis hinaus mit westlicher Psychotherapie befasste, um Wege zu finden, wie buddhistische meditative Praktiken auch für uns Menschen mit einem normalen täglichen Leben zu Einsicht und mehr Weisheit führen kann.
Ich selbst war Mitte zwanzig, als ich mein erstes zehntägiges Schweigeretreat besuchte und kann mich noch heute gut erinnern, dass dies eine richtungweisende Erfahrung für mein Leben war. Ich erlebte Zustände des puren Seins und einer inneren bedingungslosen Zufriedenheit, wie ich sie noch nie erlebt hatte. Am Ende des Retreats war ich richtiggehend euphorisiert – in gewisser Weise high. Auch ein solches Retreat ist eine Art Außenskelett, das es uns erlaubt, uns jenseits unserer persönlichen Muster und Rollen sinken zu lassen und völlig neue innere Räume zu betreten. Aber wenn wir dann nach Hause kommen, wartet unsere Persönlichkeit auf uns: „Hallo! Schön, dass Du wieder da bist!“ Da dauert es meist nicht lange, bis wir in alte Muster zurückfallen. So geschieht es leicht, dass gewissermaßen zwei Welten entstehen – die Retreatwelt und die „wirkliche“ Welt – und diese beiden Welten sind weitestgehend getrennt voneinander. So wurde ich zu einer Art Retreatjunkie, was mir aber auch nicht viel dabei weiterhalf, die dort erlebten Qualitäten und Einsichten in den Alltag zu tragen.
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