Richard Stiegler
Nach innen lauschen
Richard Stiegler
Nach innen lauschen
Inspirationen für die spirituelle Praxis
Für meine Schülerinnen und Schüler
© 2014 Arbor Verlag GmbH, Freiburg
Alle Rechte vorbehalten
2. Auflage 2015
E-Book 2020
Titelfoto: Bronzeskulptur „Kontemplation“
aufgenommen im „Museum der Moderne“ in Salzburg mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin Helga Vockenhuber; www.helga-art.at
Zitat S. 9: Hermann Hesse, Siddhartha, in: ders., Sämtliche Werke in 20 Bänden. Herausgegeben von Volker Michels, Band 3: Roßhalde, Knulp, Demian, Siddhartha, S. 413. © Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2001. Alle Rechte bei und vorbehalten durch Suhrkamp Verlag Berlin.
Lektorat: Lothar Scholl-Röse
Hergestellt von mediengenossen.de
E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de
www.arbor-verlag.de
ISBN E-Book: 978-3-86781-307-5
Einführung
Teil eins Die stille Meditation
1 Was ist Meditation?
Grundaspekte der Meditation
2 Sein
3 Gegenwärtigsein
4 Offensein
5 Lauschen
Inspirationen für die Praxis der stillen Meditation
6 Über die Kraft der Motivation
7 Sitzen wie ein Berg
8 Absichtslos sein
9 Unmittelbar sein
10 Dem Leben vertrauen
11 Die Illusion von Kontrolle
12 Sich an das Gewahrsein erinnern
13 Lauschen als Instrument
14 Eintauchen ins Unermessliche
15 Sich mit Hindernissen anfreunden
16 Und immer wieder das Denken
17 Meditation als Spiegel der Seele
18 Leben in der Gegenwart
19 Das, was ist, ist
20 Sein genügt
21 Wie die Dinge geschehen
22 Sich erinnern hat Macht
23 Gewahrsein und Freiheit
24 Achtsamkeit als Instrument der Liebe
25 Was uns verwandelt
Teil zwei Das innere Erforschen
1 Über die Seele
Grundaspekte des inneren Erforschens
2 In den Seelengarten gehen
3 Dem inneren Ruf folgen
4 In den Fluss springen
5 Grundhaltung, Ablauf und Wirkung
Inspirationen für die Praxis des inneren Erforschens
6 Immer wieder bei null beginnen
7 Der rote Faden der Gegenwart
8 Erklären und Erforschen
9 Sich der inneren Führung überlassen
10 Das Wesen nähren
11 Den Schatten erkunden
12 Nicht fixiert sein
13 Die Seele kennt kein Innen
14 Die Kunst, die Perspektive zu wechseln
15 Die Ausgleichsbewegungen der Seele
16 Bewusstsein und Potentialität
17 Sich Aufmerksamkeit schenken
18 Kreativ sein
19 Sich nicht entscheiden
20 Verdauen
21 Zulassen, zulassen, zulassen
22 Sich fallen lassen
23 Nach der Welle
24 Tore ins Sein
25 Veränderte Bewusstseinszustände
26 Dem Leben begegnen
27 Lebendigsein
28 Die Liebe zum Einfachen
Teil drei Das Zuhören
1 Leben in Beziehung
2 Zuhören als spirituelle Grundhaltung
Grundaspekte des Zuhörens
3 Präsenz
4 Offen sein
5 Berührbar sein
6 Resonanz geben
7 Mensch sein genügt
8 Kennen wir uns wirklich?
9 Innere Reife
10 Interpretation und Wahrheit
11 Die Motivation des Helfens
12 Wenn wir angegriffen werden
13 Der innere Raum
14 Mitgefühl und Durchlässigkeit
15 Was wissen wir schon?
16 Kann man schnell zuhören?
17 Friedensarbeit
18 Das heilende Feld der Annahme
19 Zuhören belebt
20 Ausbalancieren
21 Das Feld der Präsenz
22 Kommunikation und Kommunion
23 Es ist nie zu spät
Anhang
Begriffsklärungen
Vertrau…
Dank
Zum Autor
Mehr aber, als Vasudeva, der Fährmann, ihn lehren konnte, lehrte ihn der Fluss. Von ihm lernte er unaufhörlich .
Vor allem lernte er von ihm das Zuhören, das Lauschen mit stillem Herzen, mit wartender, geöffneter Seele, ohne Leidenschaft, ohne Wunsch, ohne Urteil, ohne Meinung .
HERMANN HESSE „Siddhartha“
Einführung
Wanderer, nur deine Spuren sind der Weg, sonst nichts; Wanderer, es gibt keinen Weg, er entsteht erst durchs Gehen .
ANTONIO MACHADO, Liedzeile
Gibt es einen Weg ohne die Schritte des Wanderers? Können wir uns innerlich entwickeln und heranreifen ohne konkrete Erfahrungen?
Auch der spirituelle Weg vollzieht sich durch konkrete Schritte – Erfahrungen, die uns reifen lassen und unser Verständnis vertiefen. Die Praxis ist das Gefäß für konkrete Erfahrungen. Sie ist der Weg, auf dem wir unsere inneren Schritte machen. Erst die Auseinandersetzung mit Praxisformen, auf die wir uns einlassen, an denen wir uns reiben und in welchen sich unsere seelische Entwicklung entfalten kann, führt dazu, dass sich spirituelle Einsichten vertiefen und verinnerlichen. Ohne eine Praxis bleibt unser Verständnis oberflächlich.
Etwas zu erkennen, bzw. zu verstehen und etwas zu verinnerlichen sind grundsätzlich zwei verschiedene Dinge. Das Eine braucht notwendig das Andere. Erst im Zusammenspiel von Verstehen und Verinnerlichen wird sich ein Weg für uns wirkungsvoll entfalten können.
Das ist allerdings ein langer Weg und braucht Zeit. Ohne Praxisformen, die uns an diese spirituellen Wahrheiten erinnern und die uns ermöglichen, dass wir bestimmte Grundhaltungen immer und immer wieder einnehmen, ist eine solch tief greifende Umwandlung nicht möglich. Die Praxis hilft uns, dass unser Verstehen ganzheitlich wird, gleichsam vom Kopf in Körper und Seele wandert und sich dort verankert.
Für diese allmähliche Umwandlung unseres Egos ist dabei nicht so sehr die Qualität unserer Praxis entscheidend (zum Beispiel wie tief gerade unsere Meditation ist), sondern die Kontinuität, also unsere Ausdauer. Wie auch beim Erlernen eines Musikinstruments nur die Regelmäßigkeit unseres Übens letztlich zu guten Erfolgen führt, ist auch in der spirituellen Praxis entscheidend, ob wir uns kontinuierlich und über lange Zeit auf die Praxis einlassen. Erst dann können sich die Grundhaltungen, die wir durch unsere spirituelle Praxis verinnerlichen, in unserem Leben tief greifend auswirken.
Die im vorliegenden Buch vorgestellten drei Praxisformen haben sich im Laufe der Jahre in der Bewusstseinsschule SEELEundSEIN herauskristallisiert und verfeinert. In dieser Bewusstseinsschule werden die Grundlagen der transpersonalen Prozessarbeit vermittelt. Die transpersonale Prozessarbeit begreift den inneren Weg als einen sehr umfassenden Bewusstheitsprozess, der alle inneren und äußeren Lebensbereiche miteinschließt. Aus diesem Verständnis heraus haben sich die drei Grundformen der spirituellen Praxis, die ich im Buch beschreibe, herausgebildet.
Die erste Praxisform der stillen Meditation (Kapitel 1) richtet unsere Aufmerksamkeit auf die Dimension des Gewahrseins aus. Wir werden immer wieder an die Grundaspekte des Gewahrseins erinnert und verinnerlichen systematisch die zentralen spirituellen Grundhaltungen, die dem Gewahrsein entsprechen. Dadurch bringen wir uns in Einklang mit dem Gewahrsein und entdecken zunehmend das unbedingte und zeitlose SEIN, das wir zuinnerst sind.
In der zweiten Praxisform des inneren Erforschens (Kapitel 2) wird unsere Aufmerksamkeit auf die schöpferische Lebendigkeit unserer Seele gerichtet. Für viele Meditierende ist diese Praxisform neu. Bisher hat sich meist nur die Psychologie durch verschiedene Methoden der Introspektion auf den seelischen Aspekt bezogen. Aber gerade die neueren Entwicklungen in Psychologie und Spiritualität zeigen, dass die Grenzen zwischen persönlicher und spiritueller Entwicklung fließend sind. Im Kontext unserer Seele zeigen sich innere Selbstgrenzen und die Beschränkungen unseres Egos. Daher ergibt sich beim inneren Erforschen im Besonderen die Möglichkeit, diese Grenzen zu erkennen und kraft unserer Bewusstheit zu erweitern. Mit der Zeit wird unsere Identität dadurch offener und fließender und der schöpferische Seelenstrom kann uns von innen her ungehindert inspirieren und erfüllen und auch als innere Führung leiten. Inneres Erforschen ist nicht (nur) eine neue Form der Psychotherapie, sondern eine sehr direkte und wirkungsvolle Möglichkeit, mit der Seelenrealität in Kontakt zu sein, um im wahrsten Sinne des Wortes „beseelt“ zu leben.
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