Praxis
Bei Klienten, die kein Spiegelbild sehen, wird die Einladung ausgesprochen, einen magischen Spiegel zu nutzen.
THERAPEUT Es kann sein, dass der Spiegel ein magischer Spiegel ist … Manchmal kann man einfach durch diesen Spiegel hindurchtreten und landet direkt im Körper … Lassen Sie sich überraschen, wohin Sie der Weg führt, wenn dies für Sie passend ist …
Sollte gar kein Spiegel auftauchen, der Klient sich aber trotzdem gut fühlen, folgt direkt der Hinweis auf eine magische Pforte.
THERAPEUT Wenn kein Spiegel oder keine spiegelnde Fläche auftaucht, dann kann es auch eine andere Pforte oder magisches Tor sein … schauen Sie sich in Ruhe um … vielleicht finden Sie einen Eingang in die Innenwelt Ihres Körpers … einfach so …
Es gibt immer wieder Klienten, die plötzlich »einfach drin« sind, ohne den Weg genau beschreiben zu können. Wenn dies stimmig klingt, dann können Sie mit der Körperreise starten.
FRIEDERIKE, 32 JAHRE
KLIENTIN Ich bin auf einer Wiese unterwegs … da ist ganz viel Gras … drumrum ist alles weiß … da liegt ein Spiegel … ein kleiner Handspiegel
THERAPEUTIN Sie können den Handspiegel auch vergrößern und so hinstellen, dass Sie sich darin sehen können.
KLIENTIN Ja, das geht … aber mein Spiegelbild verwackelt andauernd …
THERAPEUTIN Ist es wichtig, dass wir uns mit dem verwackelten Spiegelbild beschäftigen?
KLIENTIN Ich glaube nicht …
THERAPEUTIN Manchmal ist der Spiegel auch eine magische Pforte und man kann einfach hindurchgehen … vielleicht ist solch ein magischer Schritt für Sie passend?«
KLIENTIN Ja tatsächlich … das geht … jetzt bin ich durch … und in einer ganz anderen Landschaft …
GISELA, 60 JAHRE
KLIENTIN Ich schwebe leichtfüßig über eine Wiese … da ist aufsteigender Nebel … angenehme Kühle … ich laufe barfuß durch Blätter … es riecht nach Herbst … da kommt eine kleine Holzbrücke …
THERAPEUTIN Es kann sein, dass Sie der Weg über diese Brücke führt.
KLIENTIN Auf der anderen Seite geht es aber nicht weiter … da ist es modrig und dunkel …
THERAPEUTIN Ist es wichtig, dass wir uns jetzt damit beschäftigen?
KLIENTIN Es ist wichtig, aber jetzt nicht dran.
THERAPEUTIN Wohin führt der Weg denn stattdessen?
KLIENTIN Da ist ein kleiner Bach … nicht tief … mit Sandboden
THERAPEUTIN Können Sie sich vielleicht in dem Wasser spiegeln? … Manchmal ist es auch ein magisches Tor …
KLIENTIN Spiegeln geht nicht … ich folge dem Bach … da ist ein Wasserfall … das ist ein Tor … ich mache einfach einen Kopfsprung … und lande in einer dunkelroten Farbe … das ist der Körper von innen …
Die Klientin bewegte sich in einem halb schwebenden, halb schwimmenden Zustand durch das Rot. Die Reise führte dann in Räume, die Bildern aus der Natur entsprachen.
HENRY, 18 JAHRE
KLIENT Ich bin in einem Dschungel, so ähnlich wie auf Ihrem Bild da drüben (Klient nimmt Bezug auf ein Foto in meinem Sprechzimmer) … da sind viele Bäume … dazwischen ist es dunkel … wie in einem Regenwald … ich höre Vögel … es knackt unter meinen Füßen …
Es ist völlig unproblematisch, wenn der Klient aus der Trance einen Moment rausspringt und diese Mitteilung macht. Sie sollten ihn dann in aller Ruhe nach dem gedanklichen Ausflug wieder in sein Bild führen. Insgesamt wirkt das Rein- und Rausspringen trancevertiefend (Gerl 2015).
KLIENT Da ist ein See … mein Spiegelbild ist riesig, viel größer als ich …
THERAPEUTIN Sie können jetzt mit einer Fernbedienung das Spiegelbild verkleinern … bis es so klein ist, dass es in Ihre Hand springen kann …
KLIENT Nein das geht nicht … es ist super, dass der Henry so groß ist … kann ich das nicht lassen? … Der große Henry möchte weitergehen …
Ich folge gerne dem Angebot des Klienten und lasse den großen Henry auf die weitere Reise gehen.
THERAPEUTIN Dann laden Sie jetzt den großen Henry ein, weiter nach einem magischen Tor zu suchen … vielleicht will er auch durch den See tauchen? … Oder etwas ganz anderes …
KLIENT Da ist so eine Art Torbogen … aber aus Sträuchern und Bäumen … wenn ich da durchgehe, ist das wie ein Portal … kennen Sie Harry Potter? Da gibt es auch so etwas … da geht der große Henry durch und ist plötzlich ganz woanders … so eine Art Mischwelt aus einem Videospiel und einem Wald … das ist im Körper …
Dieser Klient war der erste, der mit seinem vergrößerten Spiegelbild losmarschiert ist. Für ihn fühlte es sich absolut stimmig an, und es blieb auf allen Körperreisen bei diesem Prozedere. Diese Vergrößerung des Ichs passte ebenfalls zu dem wachsenden Selbstvertrauen, das er aufbaute.
Der Begriff des Portals ist ebenfalls seit diesem Klienten neben dem magischen Tor in meinem Angebot. Er passt gut zu vielen Computerspielen oder Fantasiegeschichten. Dieses Beispiel zeigt, wie offene Angebote zu einem individuellen Spielraum führen. Das ist für andere Klienten eine zusätzliche Chance, sobald es in den Sprachgebrauch des Therapeuten übernommen wird.
3.3 Klassische Stolpersteine
Bereits in dieser frühen Phase der Arbeit können bei einzelnen Klienten Reaktionen auftreten, die manchen Therapeuten aus dem Konzept bringen. Das Unbewusste des Klienten reagiert auf die Einladungen des Therapeuten anders als erwartet. Entscheidend ist, diese Reaktionen nicht zu übergehen. Es gilt, die für den Klienten wichtige Funktion seiner Reaktion zu analysieren.
Wie Sie als Therapeut mit den Stolpersteinen umgehen, setzt Signale an den Klienten. Sie haben ihm im Vorgespräch bereits mitgeteilt, dass er selbst über den Verlauf der Sitzung bestimmt. Gerade traumatisierte Patienten sind – zu ihrem eigenen Schutz – sehr kontrollbedürftig. Nun dürfen Sie beweisen, dass Sie dem Tempo des Klienten tatsächlich folgen. Wenn es nicht weiterzugehen scheint, bleiben Sie mit ihm stehen. Sehen Sie den Stopp nicht als Schwäche, sondern als Chance, genau jetzt etwas zu klären. Dieser respektvolle Umgang schafft das Vertrauen, das in der therapeutischen Arbeit hilfreich ist.
»Die Trance funktioniert nicht!«
Der Therapeut hat dazu eingeladen, vor dem inneren Auge in eine Landschaft zu gehen …
KLIENT Ich sehe nichts!
THERAPEUT Es kann manchmal einen Moment dauern … bis sich ein Bild zeigt … vielleicht ist es auch ein Gefühl … eine Farbe … oder etwas ganz anderes …
Es ist völlig in Ordnung, wenn Sie etwas Zeit brauchen …
KLIENT Da ist nichts! Ich sehe nichts!
Wenn auch nach ausreichender Zeit und geduldiger Motivation nichts kommt, scheint es sich um ein Signal zu handeln. Dann arbeiten Sie mit dem Nichts weiter. Als Erstes geht es um eine neutrale Kontaktaufnahme.
THERAPEUT Ich lade Sie dazu ein, dem Nichts einmal zu sagen: »Nichts, ich sehe dich.«
KLIENT Soll ich das laut sagen?
THERAPEUT Das dürfen Sie selbst entscheiden. Wichtig ist, dass Sie die Worte ausformulieren. Im Zweifelsfall erst einmal laut, damit ich mitbekomme, was gerade passiert.
Für Sie als Therapeuten ist es einfacher, wenn der Klient laut mit seinen inneren Anteilen spricht. Manche Klienten mögen das aber nicht. Das muss respektiert werden.
KLIENT Nichts, ich sehe dich.
THERAPEUT Wie reagiert das Nichts darauf?
An dieser Stelle gibt es verschiedene typische Reaktionsmuster:
a) Das Nichts verändert sich
KLIENT Irgendwie wird es anders … Ich erkenne zwar immer noch nichts … es ist so ein verschwommenes Bild …
Wenn es an dieser Stelle um Kontrolle geht, dann kann Ihr respektvoller Umgang schon entscheidend sein. Sie demonstrieren dem Unbewussten des Klienten, dass Sie tatsächlich nur Lotse sind und das Schiff nicht vorantreiben.
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