Sigrid Zeevaert - Mika, Tony und Jack

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Mika ist neu in der Klasse und von Tony und Jack fasziniert, obwohl er nicht sagen kann, warum.
Als diese ihn einladen, etwas zusammen zu unternehmen, kommt ihm zum ersten Mal der Gedanke, dass der Neuanfang vielleicht etwas werden könnte. Doch dann lernt er Tony und Jack von einer anderen, dunkleren Seite kennen …

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Sigrid Zeevaert MIKA TONY und JACK - фото 1 Sigrid Zeevaert MIKA TONY und JACK Mit Bildern von Regina Kehn - фото 2

Sigrid Zeevaert

MIKA, TONY und JACK

Mit Bildern von Regina Kehn Als ich sie das erste Mal sah wusste ich schon - фото 3

Mit Bildern von

Regina Kehn

Als ich sie das erste Mal sah wusste ich schon Das könnte was werden mit uns - фото 4

Als ich sie das erste Mal sah, wusste ich schon: Das könnte was werden mit uns. Nicht so, wie manche vielleicht gleich wieder denken, auch wenn Tony ein Mädchen und ich ein Junge war, aber darum ging es ja nicht. Außerdem saß sie nicht allein auf diesem Bretterzaun, Jack saß auch noch da. Sie sahen rüber zu mir und wahrscheinlich redeten sie in diesem Moment auch über mich, so jedenfalls kam es mir vor.

Kurz überlegte ich und ging dann aber doch nicht zu ihnen hin. Irgendwie fehlte mir dazu der Grund. Abgesehen davon hielt ich mich sowieso lieber zurück und kannte mich hier ja auch noch nicht aus. Ich war eben neu. Paul war daran schuld, der mich hierhergeschleppt hatte und zufällig mein Vater war. Wegen ihm waren wir hier und weil er glaubte, dass es nicht anders ging. Wo es da ja noch Greta, seine neue Freundin, gab und ihr kleines Haus. Paul und ich passten gerade noch rein. Groß gefragt hatte Paul mich allerdings nicht. Vielleicht hatte er Angst gehabt, ich würde Nein sagen. Hätte ich vielleicht ja sogar. Nur, um mal zu sehen, was für ein Gesicht er dann machen würde.

Aber na ja. Ich bekam ein kleines Zimmer gleich unterm Dach. Der Rest, sagte ich mir, ging mich erst mal nichts an oder jedenfalls hielt ich mich lieber raus. Ich hatte genug mit mir selber zu tun. Und damit, was alles wieder von vorn anfing.

Tony und Jack gingen sogar in dieselbe Klasse wie ich. Aber in der Pause stand ich mit anderen da.

»Du kommst wirklich aus Schweden?«, fragten sie, dabei wussten sie es doch längst. Frau Becker, unsere Klassenlehrerin, hatte es ja vorhin gesagt.

Ich schob die Hände in die Taschen und sagte achselzuckend: »In den letzten zwei Jahren haben wir da gewohnt, mein Vater und ich.«

Wieder wanderten Blicke. »Ah«, sagten sie. Wahrscheinlich hatten sie keine Ahnung, wo Schweden überhaupt lag und wie viele Seen es dort gab. Paul und ich hatten einen für uns alleine gehabt. Es hatte trotzdem nicht zum Bleiben gereicht, wie woanders ja auch nicht.

»Und ihr seid alle von hier?« Ich wollte nicht, dass sie weiter fragten. Nach Paul und mir und warum wir überhaupt in Schweden gewesen waren. Und was mit meiner Mom war. Paul und ich waren in den letzten Jahren immer wieder umgezogen und ich war gespannt, wie lange wir es diesmal aushielten.

Die anderen erzählten, nannten Straßen und zeigten in verschiedene Richtungen. Häuser, in denen sie wohnten, manche hatten es von hier aus nicht weit.

»Hör mal, Mika«, sagte einer und stellte sich dicht neben mich, »wenn du willst, können wir uns verabreden.« Er trug eine Brille, hinter der sein Gesicht fast verschwand. Überhaupt sah alles an ihm ein bisschen merkwürdig aus, irgendwie altmodisch. Obwohl ich mir nicht viel daraus machte, fielen seine Sachen mir jedenfalls auf. Die Hose mit den Hosenträgern, die von ganz früher übrig geblieben zu sein schienen. Und das Hemd. Ich kannte keinen, der so herumlief wie er. »Heute Nachmittag hätte ich Zeit«, sagte er jetzt leise. Anscheinend wollte er nicht, dass außer mir noch jemand mithörte.

Trotzdem grinsten alle um uns herum.

Und ich sagte schnell: »Weiß nicht.« Ich überlegte, wie ich mich am besten rausreden konnte. »Hab meinem Vater versprochen, ein paar Regale mit ihm aufzubauen.« Direkt gelogen war das ja nicht, schließlich gab es seit unserem Einzug immer noch etwas zu tun. Neue Leisten anbringen. Die letzten Kisten auf den Dachboden schleppen.

Der Junge mit der Brille, Arvid oder so ähnlich hieß er, nickte, als hätte er sich das schon gedacht. Er kaute auf seiner Lippe. Wahrscheinlich war er es gewohnt, dass niemand wirklich etwas mit ihm zu tun haben wollte. »Du kannst mir ja Bescheid sagen, wenn du damit fertig bist«, murmelte er.

»Klar.« Irgendwie tat er mir leid. Und deswegen nahm ich den Zettel mit seiner Handynummer, den er mir hastig gab, und steckte ihn ein. Meine rückte ich aber lieber gar nicht erst raus. »Reicht ja, wenn ich deine habe«, erklärte ich schnell.

»Stimmt.« Ein Lächeln huschte über sein Gesicht.

Wir standen alle noch da, schoben irgendwann eine Papierkugel zwischen uns her, die so was wie ein Ersatzfußball war.

Dann war die Pause vorbei. Und zwischen all den anderen auf der Treppe sah ich Tony und Jack. Sie beachteten mich gar nicht mehr, was mir vielleicht auch nicht so wichtig war. Irgendwie kam ich schon klar.

Ich saß schließlich wieder an meinem Platz, ziemlich weit hinten, von wo man alles gut übersah. Neben mir saß niemand, aber das war ja egal. Wo ich mir sowieso erst mal anhören musste, was wir im Unterricht gerade durchnahmen. Manches davon hatte ich schon mal durchgekaut. Von anderem dagegen hatte ich noch nie das Geringste gehört.

Als die letzte Stunde vorbei war, packte ich meine Tasche und zog wieder ab. Warf kurz noch mal einen Blick zu Tony und Jack rüber, die es anscheinend nur im Doppelpack gab. Immer und überall tauchten sie zusammen auf, als klebten sie aneinander fest und als interessierte sie alles, was um sie war, sowieso nicht die Spur, sie hatten ja sich. Ich wusste auch nicht, warum, aber irgendwie fand ich an ihnen etwas.

Ich setzte mich auf mein Fahrrad, es gehörte mir nur so halb und war auch ein bisschen zu groß für mich, weil es genau genommen Moms Fahrrad war. Ich hatte es damals aus dem Schuppen geholt. Paul hatte mir das auch erlaubt. Bevor es verrostete, war es ja wohl besser, wenn wenigstens ich es benutzte, hatte er dazu gesagt.

Jetzt fuhr ich erst mal nach Hause. Also dahin, wo wir neuerdings wohnten, auch wenn ich nachts manchmal noch aufwachte und nicht gleich wusste, wo ich überhaupt war. Bis ich das Licht anknipste und das schräge Dachfenster sah. Die hellblaue Wand. Keine Ahnung, ob Greta sie wegen mir so gestrichen hatte. Ich hatte sie nicht danach gefragt. Und war froh, dass sie mich erst mal in Ruhe ließ. Ich war mir noch nicht sicher, wie ich sie fand. Im Gegensatz zu Paul, der wirklich verliebt in sie war. Aber das war ja egal.

Etwas zu früh bog ich ab, geriet in Straßen, in denen ich bisher noch nicht gewesen war. Große alte Häuser standen überall hier herum, schicke Villen mit riesigen Balkons und prunkvollen Fassaden, die dreimal so groß waren wie Gretas Haus. Wer hier wohnte, war garantiert reich.

Ich fuhr nicht sehr schnell, fühlte mich irgendwie fremd. Und weil ich sowieso Hunger hatte, kehrte ich wieder um und erschrak, als mir vom anderen Ende der Straße ausgerechnet Tony auf ihrem Fahrrad entgegenkam. Ich erkannte sie an ihren Haaren, dunkle wilde Locken hatte sie. Nicht unbedingt lang. Von Jack war nichts zu sehen.

Meine Handbremse quietschte, als ich sie zog.

Auch Tony blieb stehen, sah mich misstrauisch an. »Suchst du was Bestimmtes?«, fragte sie nur.

»Quatsch.« Ich stammelte rum. »Hab mich verfahren …« Wahrscheinlich wurde ich sogar rot. Ich wollte nicht, dass Tony noch glaubte, ich spionierte ihr nach.

»Du kennst dich wohl noch nicht so gut aus?« Ihr Gesicht verzog sich zu einem Grinsen.

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