…über die Kurzformel lachen |
Comedy-Schnipsel aus der Theologischen LateNightShow ‚Sellmann’s Guter Abend‘ |
https://youtu.be/TX0z9tGxSo8(Gehen Sie auf youtube; schreiben Sie in die Suchmaske: ‚zap bochum‘ und ‚Sellmanns Guter Abend‘) |
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… die Kurzformel hören |
Konzertfilm zu Johann Sebastian Bach |
https://youtu.be/c_Xyx7bMu2E(Gehen Sie auf youtube; schreiben Sie in die Suchmaske: ‚zap bochum‘ und ‚Bachkantaten‘) |
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… die Kurzformel sehen |
Bilder des Elija-Zyklus der Benediktinerabtei Kornelimünster |
https://abteikornelimuenster.de/ spirituelles/bilder- brooksgerloff.html?view=article&id=171:elija- %E2%80%93-zuden-altarbildern-von-janetbrooks-gerloff&catid=48(googlen Sie: ‚Abtei Kornelimünster‘ und ‚Elija‘) |
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… die Kurzformel riechen |
Das Projekt ‚Raumdüfte für Kirchen und kirchliche Gebäude‘ |
https://zap-bochum.de/projekt/weil-mehr-alsweihrauch-moeglich-ist-diezapaerothek/(googeln Sie: ‚zap bochum‘ und ‚aerothek‘) |
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… die Kurzformel studieren |
Das ausführliche Buch im Echter-Verlag |
Matthias Sellmann: Geistliche Klugheit als Lebenskompetenz. Fundierungen einer Kurzformel des christlichen Glaubens, Würzburg 2021 |
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1. Einführung
Was fehlt, wenn die Christen fehlen? Zu diesem Buch
Die Nachricht letztes Jahr machte schnell die Runde. Und obwohl sie viele hatten kommen sehen, markierte es doch einen echten Punkt, als es dann amtlich war: Voraussichtlich im Jahr 2033 werden weniger als die Hälfte der in Deutschland Lebenden zu einer christlichen Kirche gehören. So um das Jahr 2060 herum stellen sie nur noch ein Drittel. 3Allein im Jahr 2019 haben mehr als 500. 000 Menschen ihren Kirchenaustritt erklärt.
Solche Zahlen belegen: Christsein wird zum Minderheitenphänomen. Wir bewegen uns in die nach-christliche Gesellschaft.
Nun können sich die, denen etwas an Kirche liegt, die Fakten schönreden: Wo bitte steht, dass man Mehrheit sein muss, um präsent zu sein? Haben sich nicht auch andere schon gesundgeschrumpft? Hinfallen, aufstehen, Krone richten, weitergehen! Und überhaupt: Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast…
Trotzdem – so richtiger Humor will nicht aufkommen. Und das übrigens auch bei vielen nicht, die in Distanz zur Kirche stehen und noch nie den Wunsch verspürt haben, hier Mitglied zu werden. Selbst rudimentäre Kenntnisse reichen, um die enorme kulturelle Zäsur zu bemerken, die diese Zahlen ausdrücken.
– Das große christliche Abendland mit der Prägekraft so vieler Jahrhunderte: Es soll vorbei sein?
– Die Power, die einen Kölner Dom gebaut hat: erschöpft?
– Die politische Intelligenz, die die europäische Idee und den Sozialstaat mitkonzipiert hat: erblasst?
– Die ehrfurchtgebietende Feiergemeinschaft, die einen Festkreis aus Weihnachten, Ostern und Pfingsten rund um die Welt gespannt hat und die sowohl in Palästen wie in Baracken Momente der Ewigkeit kreiert: nur noch Folklore?
– Dieser Erzähl-Container aus unendlich vielen Geschichten und Geschichtchen rund um Heilige und Möchtegerne, Alltagsweisheiten, Bauernregeln und Kalendersprüchen: sprachlos, auserzählt?
– Und nicht zuletzt: Diese seltsamen Typen, diese Christinnen und Christen, die oft so linkisch daherkommen, so modeunfähig und nervig weltverloren, die man aber andererseits oft auch als so enorm engagiert erlebt, so alltagstauglich; diese ambivalenten Gutmenschen aus der Nachbarschaft: Leute von gestern?
Ob man es nun bedauert oder nicht – dass sich da eine kulturelle Tektonik verschiebt, das dürfte klar sein. Ebenso klar ist, dass der Schnee von gestern heute nicht mehr nass macht. Wenn eine Kirche meint, sie dürfe aus den Errungenschaften von gestern Privilegien und Komfortzonen für heute ableiten, ist das ein Irrtum. Wir müssen alle nach vorne kommen – und wenn dafür die meisten im Christentum keine echte Ressource mehr sehen, muss man das wohl erst mal akzeptieren.
Trotzdem: Wenn schon Abschied, dann auch mit vollem Bewusstsein und an der richtigen Stelle. Und wenn schon nach-christliche Gesellschaft, dann at it’s best. Soll heißen: Es wäre schade, ein Christentum von dem her in Erinnerung zu behalten, was für es selbst gar nicht die Hauptsache war Und es wäre schön, das zu behalten, was weiterhin seinen Nutzen bringt.
Das ist das Projekt dieses Buches. Es wendet sich an drei Gruppen von Personen:
– Denen, die gerne wüssten, was diese Christinnen und Christen so ausgemacht hat, möchte es Informationen geben, was fehlen wird, wenn diese Leute fehlen.
– Denen, die sich sicher sind, dass Christsein in ‚Moral‘ aufgeht, in ‚Dogma‘, ‚Kirche‘ oder ‚Gehorsam‘ oder dass man den Anspruch erhebt, mit einem bestimmten ‚Glauben‘ den ‚Weg‘ aus allen Schwierigkeiten gefunden zu haben, möchte es sagen: Weit gefehlt.
– Und denen, die selber Christen sind und die in den letzten Jahren durch so viele verwirrende Prozesse (Skandale um Missbräuche, Zusammenlegung von Gemeinden, Schließung von Kirchen, Fehlen von Priestern usw.) unsicher geworden sind, warum man überhaupt noch dabeibleibt, möchte es zurufen: Vielleicht darum.
Das Buch wird von jemandem geschrieben, der selber zu den Christen gehört. Der Autor ist einer dieser ambivalenten Gutmenschen. Natürlich ist es darum parteiisch. In Wahrheit will es dafür werben, die Option des Christseins für ein Leben auf der Höhe der Zeit für sich zu prüfen. Aber es entspringt einem bestimmten Zorn; und der macht (hoffentlich) die Energie des Buches auch für die aus, die keine Christen sind.
Christsein hierzulande ist nämlich zu einer Karikatur seiner selbst geworden. Es steht in einem Ruf, in den es nicht hineingehört – jedenfalls meiner Meinung nach. Christinnen und Christen werden als hüftsteif erlebt, als schnell beleidigt, oberlehrerhaft, vergangenheitsorientiert, langsam, überheblich, diskriminierend, autoritätshörig, lebensuntüchtig, bieder, blutleer. Sie scheinen auf der Bühne des modernen Lebens herumzustehen wie die Requisiten des Volkstheaters, die man wegzuräumen vergessen hat.
Für viele dieser Zuschreibungen gibt es gute Gründe und sicher auch viele unschöne Erlebnisse. Und trotzdem: Wer das Christsein weglegt, sollte sich nicht von irgendwelchen Papp-Kameraden befreien, sondern von jener realen kulturellen Kraft, die nachweislich eine Menge geschafft hat. Alles andere wäre ein zu billiger Gegner. Man bestreitet ja auch nicht die Schönheit Skandinaviens nur deswegen, weil man noch nie dort sein konnte.
Insofern freuen sich Buch und Autor tatsächlich vor allem, wenn die Karikatur des Christseins zugunsten eines realeren Bildes durchbrochen werden kann. Wenn es gelingen kann, die Aufmerksamkeit von Nicht-Christinnen und -Christen zu bekommen. An diesem Gespräch fehlt es nämlich. Das Minimum, was ich hier erzielen will, ist Respekt für eine bestimmte Form von Lebensklugheit, die das Christsein entdeckt hat und die – das ist versprochen – auch von denen genutzt werden kann, die keine Christen werden wollen. Das Gegengeschenk für diese wertvolle Dosis Lese- und Lebenszeit wird sein: Kürze; verständliche Sprache; Relevanz für existenzielles, freies, selbstbestimmtes Leben; ein Mix aus Information und Unterhaltung; Multimedialität (siehe die Vorbemerkung).
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