Frauen werden darüber hinaus als besonders hübsch eingestuft, wenn sie Merkmale des „Kindchenschemas“ aufweisen. Dazu gehören ein großer Kopf, eine hohe Stirnregion, große Kulleraugen, eine kleine Nase, ein kleines Kinn und rundliche Wangen. Entspricht das Aussehen einer erwachsenen Frau – zumindest teilweise – diesem „Kindchenschema“, so wird auch das mit positiven Charakterzügen verknüpft: Freundlichkeit, Unschuld, Arglosigkeit, Jugendlichkeit und Gesundheit. Als Prototyp der „Kindfrau“ gilt die junge Brigitte Bardot, die ohne Frage auf Männer besonders attraktiv wirkte. Das „Kindchenschema“ alleine reicht jedoch nicht aus, um maximale Attraktivität zu erreichen. Als unschlagbar attraktiv wirkt demnach eine Kombination aus „Kindchenschema“ und Reifemerkmalen (zum Beispiel hohe, ausgeprägte Wangenknochen, schmale Wangen). Bei Männern hingegen steigert das „Kindchenschema“ die Attraktivität nicht. Die Merkmale von Schutzbedürftigkeit und Sanftheit vertragen sich eben mehr schlecht als recht mit offenbar gewünschter männlicher Stärke und Beschützerinstinkten.
Schönheit im Überfluss
Seit einiger Zeit werden wir mit „schönen Menschen“ geradezu überschwemmt. Von jeder Plakatwand und aus jedem Werbespot lächeln uns makellose Menschen entgegen. Nicht immer sind alle „natürlich“ schön. Erstaunlich häufig wird der Schönheit mit kleinen oder großen kosmetischen Maßnahmen nachgeholfen – häufig schon in jungen Jahren. Wissenschaftler der Universität St. Andrews (England) haben aber herausgefunden, dass sich die Attraktivität von „Durchschnittsgesichtern“ steigern lässt, wenn man minimale Brüche oder Unperfektheiten in das Gesicht zeichnet. So zum Beispiel einen kleinen Leberfleck à la Cindy Crawford, eine kleine Narbe oder etwas größere Augen. Denn Symmetrie unterdrückt Einzigartigkeit. Erst wenn die Symmetrie durch Kleinigkeiten „gestört“ wird, gewinnt ein Gesicht an Individualität und an Ausdrucksstärke.
Lange vor den englischen Wissenschaftlern ahnte das bereits Immanuel Kant, der sagte: „Das Mittelmaß scheint das Grundmaß und die Basis der Schönheit, aber noch lange nicht die Schönheit selbst zu sein, weil zu dieser etwas Charakteristisches erfordert wird.“ Es ist tatsächlich nicht die Schönheit an sich, die andere begeistert und die fasziniert – es geht vielmehr um eine unverwechselbare, schöne Ausstrahlung. Auch Sie haben bestimmt schon die Erfahrung gemacht, dass Ihnen ein Mensch begegnet, der objektiv gut aussieht, Ihnen aber auf Anhieb äußerst unsympathisch ist. Umgekehrt gibt es Menschen, die keine Models sind, die wir jedoch als interessant und anziehend wahrnehmen. Manchmal stoßen wir auch bei Paaren auf verblüffende Erkenntnisse: Es gibt Beziehungen, in denen der eine Partner ungleich „schöner“ ist als der andere. Bei näherem Hinsehen können wir oft feststellen, dass der vermeintlich unattraktivere Partner in Wirklichkeit die interessantere, amüsantere und unterhaltsamere Person ist. Betrachten wir zum Beispiel den irischen Schauspieler und James-Bond-Darsteller Pierce Brosnan. Seine Frau Keely erscheint auf den ersten Blick weniger attraktiv als ihr unstrittig umwerfender Ehemann. Doch führen die beiden seit Jahren eine harmonische Beziehung und Brosnan scheint sich von keiner anderen Frau stärker angezogen zu fühlen. Warum das so ist? Nun, genau wissen wir es nicht – jedoch besitzt seine Frau Keely eine ausgesprochen positive, heitere, gelassene Ausstrahlung, scheint mit sich selbst sehr zufrieden zu sein und darüber hinaus Charaktereigenschaften zu haben, die einem Pierce Brosnan offensichtlich wichtiger sind als Schönheit im klassischen Sinne. Oder nehmen Sie zum Beispiel Lapo Elkann, Fiat-Erbe und Lieblingsenkel von Gianni Agnelli: Auch er ist objektiv keine Schönheit, aber durch sein fröhlich-witziges, überschäumendes Auftreten und seinen Ideenreichtum durchaus anziehend, mitreißend und irgendwie besonders. Das Besondere hatte unter anderem auch Henry Kissinger bemerkt, bei dem Elkann einige Zeit als persönlicher Assistent arbeitete. „Was er in die Hand nimmt, erhält Stil“, schwärmte die italienische Presse und der „Stern“ bezeichnete Elkann im Jahre 2007 gar als „Italiens heimlicher Prinz“. Über seine „nebenberuflichen“ Ambitionen als Sonnenbrillen-Designer sagte Elkann äußerst aufschlussreich: „Meine Produkte sind für Leute, die mit sich zufrieden sind und mit dem, was sie machen. Die selbstbewusst sind und keine Marke brauchen, um selbstbewusst zu sein.“ Besser hätte er nicht in Worte fassen können, worauf es tatsächlich ankommt ...
Perfektion macht unsympathisch
„Charme und Perfektion vertragen sich schlecht miteinander. Charme setzt kleine Fehler voraus, die man verdecken möchte.“
Catherine Deneuve (*1943), französische Schauspielerin
Eine Freundin hatte vor vielen Jahren ihre Mitschülerinnen vor Rätsel gestellt: Sie war als Teenager der Schwarm aller Jungen der Schule. Mit langen braunen Haaren, einer schlanken Figur und einem gewinnenden Lächeln gesegnet, war das eigentlich kein Wunder. Leider jedoch war ihre Nase alles andere als klassisch schön. Dennoch tat das ihrer Beliebtheit ganz und gar keinen Abbruch. Alle Mädchen fragten sich verzweifelt: „Warum sie – und nicht ich?“ Aus heutiger Sicht liegt die Antwort auf der Hand: Durch ihr selbstsicheres und fröhliches Wesen verzauberte die Freundin alle Jungs in der Klasse, sodass keiner von ihnen ihren „Makel“ als unpassend oder gar als störend empfand. Wäre die Klassenkameradin jeden Tag vor dem Spiegel gestanden und hätte sich nur auf ihre negativen Seiten konzentriert, wäre sie nie so selbstsicher gewesen. Beispiele hierfür gibt es viele: Auch die Schauspielerin Sarah Jessica Parker ist objektiv gesehen keine vollkommene Schönheit, hat es aber trotzdem geschafft, zur absoluten Fashion- und Stilikone zu avancieren. Man könnte sogar noch einen Schritt weitergehen und sagen, dass es ihr gerade wegen ihres prägnanten Schönheitsmakels gelungen ist, derartig erfolgreich zu werden. Ihr unverkennbares Gesicht wirkt äußerst markant, beinhaltet einen hohen Wiedererkennungsgrad und strahlt schlicht und ergreifend Charakter aus. Und so kommt es, dass selbst diejenigen, die viel „perfekter“ sind, wünschten, einmal so „normal“ zu sein: Eine Bekannte aus New York hat eine kleine Tochter, die absolut jedem Schönheitsideal entspricht. Sie hat große blaue Kulleraugen, blonde Haare, ein ebenmäßiges Gesicht und ist ein unglaublich hübsches Kind. Seit einiger Zeit ist es ihr größter Wunsch, einmal wie Hannah Montana (alias Miley Cyrus) auszusehen. Nun entspricht die Schauspielerin und Sängerin objektiv gesehen nicht dem perfekten Schönheits-ideal. Nichtsdestotrotz übt sie eine magische Anziehungskraft auf das fünfjährige Mädchen aus, weil sie so faszinierend selbstsicher, lustig und freundlich ist. Und das völlig zu Recht!
Warum wirken so viele Menschen nun aber so anziehend auf uns, obwohl sie äußerlich mit Makeln behaftet sind? Die Antwort darauf ist vielfältig: Sie haben Ausstrahlung. Sie haben ein mitreißendes Wesen. Sie sind positiv. Sie sind selbstsicher. Sie sind sich ihrer selbst bewusst. Und sie gehen ihren eigenen Weg. Auf der ewigen Suche nach Anerkennung ist nicht Schönheit das entscheidende Element, sondern Einzigartigkeit, Ausstrahlung und Selbstbewusstsein. Sarah Jessica Parker, Keely Brosnan und Miley Cyrus sind allesamt Frauen, die keine vollkommenen Schönheiten sind, die jedoch dank ihrer charismatischen Art die Herzen der Menschen im Sturm erobern.
Perfektion ist nicht der Schlüssel zum Erfolg. Im Gegenteil: Wer zu perfekt ist, jagt anderen Angst ein. Angst, nicht mithalten zu können und im Vergleich minderwertig zu sein. Angst, nicht dazugehören zu können, weil der Maßstab unerreichbar ist. Letztendlich sind es immer die Ausrutscher und die kleinen Makel, die sympathisch und nahbar machen. Immer vorausgesetzt, Sie gehen selbstsicher damit um!
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