Latente metabolische Azidose und Gefäßverkalkung
Nierenerkrankungen gehen meist mit einer chronischen Azidose Hand in Hand. Bei Nierenerkrankungen oder Niereninsuffizienz – einer geschwächten Nierenfunktion – lässt die Filterrate des Blutes nach. Daraus ergeben sich als Folgeschäden Muskelschwund, Knochenabbau sowie vorzeitige und ausgeprägte Gefäßverkalkungen. Nicht nur Azidose fördert Nierenerkrankungen, dies gilt auch umgekehrt. Wenn die Nieren nicht mehr richtig arbeiten, können sie Säuren nur unzureichend ausscheiden, und der Organismus übersäuert weiter. Im Alter lässt nicht nur bei Nierenkranken, sondern bei den meisten Menschen die Nierenfunktion nach. Dadurch entwickelt sich eine niedriggradige metabolische Azidose.
Der Mechanismus ist einfach zu verstehen. Bei einer metabolischen Azidose liegt mehr freies Kalzium im Blut vor, das mit dem im Blut gelösten Phosphor reagiert und als Kalziumphosphat ausfällt. Das Ergebnis ist, dass die Gefäße verkalken. Steigt der Säuregehalt im Blut, bedeutet das, dass der Blut-pH-Wert sinkt, freie Kalzium- und Phosphat-Ionen miteinander reagieren: Kalziumphosphat fällt an der Gefäßwand aus und fördert die Arterieninnenwandverkalkung.
Dies ist ein Prozess, der nicht über Nacht passiert, sondern schleichend über Jahre und Jahrzehnte. Und doch ist er keinesfalls harmlos, sondern er schafft die Bühne für lebensbedrohliche Ereignisse. Ältere Menschen sind besonders betroffen, weil die Pufferkapazität der roten Blutkörperchen und des basischen Bikarbonat-Speichers im Alter verringert ist. Treten in den verengten Gefäßen unter Anstrengung Durchblutungsstörungen und eine örtliche Blutleere mit mangelhafter Blutversorgung auf, steigt dort die Rate der Aufspaltung von Traubenzucker in Milchsäure. Durch die intensive Produktion von Milchsäure und die verringerte Pufferkapazität kommt es lokal zu einem starken Abfall des pH-Wertes in den sauren Bereich. Dies führt zum einen zum Phänomen der »Azidosestarre der Erythrozyten«, der roten Blutkörperchen. Sie quellen durch Wasser und Verschiebung der Mineralstoffe auf, sind damit nicht mehr verformbar und behindern dadurch die Mikrozirkulation.
Zum anderen führt durch die lokale Azidose verursachte Konzentration von freiem Kalzium dazu, dass die Blutgerinnungskaskade in Gang gesetzt wird. Durch den lebenswichtigen Prozess der Blutgerinnungskaskade wird die bei Verletzungen der Blutgefäße entstehende Blutung zum Stillstand gebracht, der übermäßige Austritt von Blut aus dem Blutkreislauf verhindert und die Voraussetzung für eine Wundheilung geschaffen. Bei der Blutgerinnungskaskade ist Kalzium der zentrale Co-Faktor. Doch wenn die Blutgerinnung im Gefäß einsetzt, führt dies zum Gefäßverschluss. Sowohl Gefäßverkalkung als auch die Aktivierung der Blutgerinnungskaskade fördern die Entstehung eines kompletten Gefäßverschlusses in Form eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls und sind damit potenziell tödlich. Bei jedem großen Marathon sterben durchschnittlich ein bis drei Menschen an Herzinfarkt oder Schlaganfall aufgrund der extrem hohen Belastung bei vorgeschädigten Gefäßen. Sportliche Betätigung ist wichtig, bei einer ungesunden Ernährungsweise sind allerdings Extrembelastungen mit Risiken verbunden.
Erschwerend kommt hinzu, dass die übliche westliche Ernährung nicht nur säurebildend ist, sondern auch den Cholesterinspiegel erhöht. Erhöhte Cholesterinwerte plus Kalziumphosphat-Ablagerungen in den Gefäßen bilden die perfekte Kombination für die verbreitete Arteriosklerose oder Arterieninnenwandverkalkung. Auf dieser Grundlage können sich tödliche Gefäßverschlüsse entwickeln. Es ist daher nicht verwunderlich, dass eine säurebildende Ernährung mit einer erhöhten Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen Hand in Hand geht. Herz-Kreislauf-Erkrankungen stellen bei uns die Todesursache Nummer eins dar, noch vor Krebserkrankungen.

Übersäuerung und Kalzium-Paradox
Zur dauerhaften Prophylaxe und Normalisierung des Blut-Bikarbonatpuffers sind basenbildende Kalium-, Magnesium- und Kalziumverbindungen möglichst aus Gemüse und Obst oder Basenpräparate auf Citratbasis sinnvoll. Vorbeugende Maßnahmen für einen ausgeglichenen Basen- und Mineralstoff-Haushalt sind spätestens ab 40 Jahren angezeigt, vor allem, wenn Sie sich öfters reizbar, erschöpft und überempfindlich fühlen oder unter unreiner Haut, brüchigen Nägeln, glanzlosem und sprödem Haar leiden.
Das Konzept hat sich auch in einer klinischen Studie in der Schweiz bestätigt. Bei postmenopausalen Frauen mit Osteopenie erhöhte sich mit der Zufuhr von 1,2 Gramm Kalium (als Kaliumcitrat) sowie zusätzlich 500 Milligramm Kalzium und 400 IE Vitamin D über zwölf Monate hinweg die Knochendichte deutlich, und die Knochenstruktur verbesserte sich. Die Vergleichsgruppe, die nicht basenbildendes Kaliumchlorid mit Kalzium und Vitamin D bekam, erreichte diesen Effekt nicht, sondern stattdessen sogar einen verschlechterten Knochenstatus. 2Der Kalziumverlust über die Niere und der Kalziumabbau in den Knochen wurde gestoppt. Zugleich sank der Blutdruck stark: systolisch 7,9 mmHg und diastolisch 6,4 mmHg.
Andere große Studien belegen die große Rolle von Magnesium in der Behandlung und Prävention von Knochenschwund.
Die Störung des Kalzium-Stoffwechsels
Die Störung des Kalzium-Stoffwechsels betrifft nicht nur Ältere, nimmt aber mit Lebensjahren stark zu. Es gibt auch geschlechtsspezifische Unterschiede. Bei Frauen entwickelt sich nach der Menopause, dem Ende ihrer Menstruationsphase, oft eine Osteoporose, da der Knochenabbau nach den Wechseljahren hormonell begünstigt wird. Bei Männern, deren Knochenmasse höher ist und bei denen keine hormonelle Umstellung auftritt, machen sich azidosebedingte Störungen des Kalzium-Haushalts zuerst in Nierengrieß und Nierensteinen bemerkbar sowie in der Verkalkung oder Kalzifizierung der Herzkranzarterien, auch Koronararterien genannt, und der großen Halsschlagader, der Karotis. Der Knochenschwund tritt bei Männern oft verzögert auf und wird meist kompensiert.
Die Gefahr für Herzinfarkt und Schlaganfall wächst durch die Mechanismen des Kalzium-Paradoxes stark an. Selbst relativ schlanke Menschen mittleren Alters begeben sich in Lebensgefahr, wenn sie unter akutem Stress stehen, sich einseitig ernähren und sich körperlich überanstrengen. Weiteres im Kapitel über Stress (→ Seite 86ff.).
VITAMIN D 3UND K 2ALS REGULATOREN DES KALZIUM-STOFFWECHSELS
Je älter der Mensch wird, desto weniger Kalzium steht ihm meistens zur Verfügung. Dies hat mehrere Gründe. Zum einen wird meist weniger Kalzium über die Nahrung aufgenommen. Im Darm wird weniger Kalzium absorbiert, weil der Vitamin-D-Gehalt im Blut durch eine verringerte Vitamin-D-Herstellung in den Nieren und in der Haut abnimmt. Vitamin D hebt den Kalziumgehalt des Blutes an. Bei einem – verbreiteten – Vitamin-D-Mangel kommt es zu einer erniedrigten Kalziumkonzentration im Blut. Darüber hinaus scheiden Frauen nach der Menopause mehr Kalzium über die Nieren aus und sind daher besonders in dieser Zeit von Knochenschwund oder Osteoporose betroffen. Zu niedrige Kalziumspiegel im Blut werden auf Kosten der Knochenspeicher erhöht.
Der Vitamin-D-Spiegel im Blut fällt deutlich ab, auch bedingt durch die geringere Bildung dieses Vitamins in der Haut bei Sonnenbestrahlung. Übrigens verhindert ein Sonnenschutz bereits ab dem Sonnenschutzfaktor 15 die Bildung dieses »Sonnenvitamins« in der Haut.
Vitamin D, genauer gesagt Vitamin D 3, ist nicht nur das »Sonnenvitamin«, sondern auch das »Knochenvitamin«. Es handelt sich um ein fettlösliches Vitamin, das vor allem über die Haut mithilfe der UVB-Strahlung der Sonne gebildet wird. Ein Vitamin-D-Mangel ist weitverbreitet und betrifft sämtliche Bevölkerungsschichten. Mit der Ernährung hat dieser Mangel wenig zu tun, weil sie nur in geringem Maße zur Vitamin-D-Versorgung beiträgt. Eine ausreichende Versorgung mit diesem Vitamin stärkt das Immunsystem und schützt vor Infektionen. Dieses Vitamin wird außerdem für eine gesunde Muskelfunktion benötigt sowie für den Knochenstoffwechsel und schützt dadurch vor Osteoporose.
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