Jessica Scheiper - Zensur im Dienst des Priesterbildes

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Obwohl der Missionspater Jakob Crottogini SMB 1954 problemlos die Druckerlaubnis seines Diözesanbischofs erhalten hatte, gelangte seine empirische Studie «Werden und Krise des Priesterberufes» nie in den Handel – das Hl. Offizium verbot vorab jede Verbreitung. Dass im «Fall Crottogini» trotz der selten gewordenen Buchverbote eines der letzten Zensurverfahren vor Abschaffung des Index der verbotenen Bücher geführt wurde, hängt mit jenem Teil seiner Befunde zusammen, der u. a. sexuelle Probleme von Priesterkandidaten thematisierte.
Die reichhaltig quellengestützte Rekonstruktion dieses Zensurfalls ist daher nicht nur von kirchenrechtlichem und zensurhistorischem Interesse. Vielmehr ergibt die zeitgeschichtliche Kontextuierung wichtige Einblicke in die Grundlagen und Probleme der Priesterausbildung wie in das ambivalente Verhältnis der katholischen Kirche zur empirischen Sozialforschung.

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Jessica Scheiper

Zensur im Dienst des Priesterbildes

Der „Fall Crottogini“

Forschungen zur

Kirchenrechtswissenschaft

Band 42

Begründet von

Hubert Müller und Rudolf Weigand

Herausgegeben von

Bernhard Sven Anuth und Georg Bier

Jessica Scheiper

Zensur im Dienst

des Priesterbildes

Der „Fall Crottogini“

echter

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über < http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

© 2019 Echter Verlag GmbH, Würzburgopy

www.echter.de

E-Book-Herstellung und Auslieferung:

Brockhaus Commission, Kornwestheim

www.brocom.de

ISBN

978-3-429-05351-2

978-3-429-05009-2 (PDF)

978-3-429-06419-8 (ePub)

VORWORT

Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2018/19 von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn als Dissertation angenommen. Für den Druck wurde sie geringfügig überarbeitet.

Mein Dank gilt allen, die mich bei diesem Projekt unterstützt haben. Besonders danke ich meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Dr. Norbert Lüdecke, der mich zur Bearbeitung dieses Themas angeregt und den Verlauf zu allen Zeiten konstruktiv begleitet hat. Ohne seine Unterstützung wäre das Projekt in dieser Form nicht möglich gewesen. Herrn Prof. em. Dr. Gerhard Höver danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens. Für die Aufnahme in die Reihe Forschungen zur Kirchenrechtswissenschaft danke ich den Herren Professoren Dr. Bernhard Sven Anuth und Dr. Georg Bier. Mein Dank gilt auch den vielen Archivarinnen und Archivaren, die die Archivrecherchen ermöglichten, allen voran Frau Elisabeth Vetter, der Archivarin der Missionsgesellschaft Bethlehem im Staatsarchiv Luzern. Für die Unterstützung der studentischen Hilfskräfte am Kirchenrechtlichen Seminar der Universität Bonn bin ich ebenfalls sehr dankbar. Herrn Dr. Michael Karger sei für die Mühe des Korrekturlesens gedankt. Die Erzdiözese Köln hat mit einem großzügigen Druckkostenzuschuss zur Publikation beigetragen.

Von Herzen möchte ich mich schließlich bei meinem Mann für die vielfältige Unterstützung, den Rückhalt und seine Geduld bedanken. Ihm und meinen Großeltern, Margarete und Johannes Knöß, sei die Arbeit gewidmet.

Bonn/Königswinter, im Dezember 2018

INHALTSVERZEICHNIS

0. Einleitung

0.1 Formalia

0.2 Problemstellung

0.3 Forschungsstand, Quellen und Methode

0.4 Ziel und Schrittfolge

Erster Teil

1. Biografie

1.1 Kindheit und Ausbildung (1919–1940)

1.2 Noviziat und Studium (1940–1954)

1.3 Gymnasiallehrer und Novizenmeister (1954-1967)

1.4 Generalvikar (1967–1981)

1.5 Missionseinsätze (1982–1996)

1.6 Rückkehr in die Schweiz (1996–2012)

2. Das Dissertationsprojekt „Werden und Krise des Priesterberufes“

2.1 Genese des Themas

2.1.1 Das Priesterbild

2.1.2 Die Priesterausbildung

2.1.2.1 Die Priesterausbildung nach dem Dekret des Konzils von Trient

2.1.2.2 Die Priesterausbildung nach dem CIC/1917

2.1.2.2.1 Gemeinrechtliche Fixierung

2.1.2.2.2 Gehorsam als Berufungsbeweis

2.1.2.2.3 Sexualität und Priesterausbildung

2.1.2.2.3.1 Gesellschaftliche und kirchliche Vorprägungen

2.1.2.2.3.2 Sexualität in der Priestererziehung?

2.1.2.2.4 Aufkeimendes Problembewusstsein

2.2 Die Dissertation

2.2.1 Die Methodik

2.2.1.1 Der Fragebogen

2.2.1.2 Die praktische Durchführung

2.2.1.3 Die Auswertung der Erhebung

2.2.2 Der Inhalt

2.2.3 Das Promotionsverfahren und die geplante Veröffentlichung

2.3 Rezeption

2.3.1 Rezensionen

2.3.1.1 „Schweizerische Kirchenzeitung“

2.3.1.2 „Herder Korrespondenz“

2.3.1.3 Weitere (unveröffentlichte) Rezensionen

2.3.1.3.1 „Oberrheinisches Pastoralblatt“

2.3.1.3.2 „Mitteilungen für Seelsorge und Laienarbeit im Bistum Limburg“

2.3.1.3.3 „Kölner Pastoralblatt“

2.3.1.3.4 „Archives de sociologie des religions“

2.3.2 Konsequenzen

3. Kirche und Soziologie in der Nachkriegszeit

3.1 Sittlichkeit als regulierte Sexualität

3.2 Repressiver Kircheneinfluss

3.3 Zur Soziologie in den 1950er Jahren

3.3.1 Die Anfänge kirchlicher Statistik im konfessionellen Konflikt

3.3.2 Katholische Soziographie

3.3.2.1 Katholische Rahmenbedingungen: Wahrheitsmonopol und Zensur

3.3.2.2 Schnittstellen und Grenzen von Soziographie und Demoskopie

Zweiter Teil

4. Der „Fall Crottogini“

4.1 Das erteilte Imprimatur (September 1954)

4.2 Erste Bedenken (Mai 1955)

4.3 Eine Frage der Opportunität (Juni 1955)

4.4 Denunziation beim Hl. Offizium (Mai/Juni 1955)

4.5 Thema der Schweizer Bischofskonferenz (Juli 1955)

4.6 Ein erstes Verbot (Ende Juli 1955)

4.7 Erste Überarbeitungen (August 1955)

4.8 Kein Imprimatur (Oktober 1955)

4.9 Neue Überarbeitungen für das Hl. Offizium (Februar 1956)

4.10 Das Verbot (Juni 1956)

4.11 Verbleibende Möglichkeiten? (Ab Juni 1956)

4.12 Unter der Ladentheke

5. Crottogini, der Priesterberuf und die 1960er Jahre

5.1 Eine Reform des Index?

5.2 Der Index auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil

5.3 Alternative Kontrollmaßnahmen – Ein Monitum für Crottogini?

5.4 Das Ende des Index

6. Zusammenfassung, Würdigung und Ausblick

6.1 Zusammenfassung

6.2 Würdigung und Ausblick

Abkürzungsverzeichnis

Quellen- und Literaturverzeichnis

Quellen

Sekundärliteratur

Register

Stellenregister

Personenregister

Sachregister

0. EINLEITUNG

0.1 Formalia

Die verwendeten ungedruckten Quellen aus Archiven werden in den Fußnoten der jeweiligen Kapitel eingeführt, während im Quellenverzeichnis die Akte angezeigt wird. Einzig die Schriftstücke aus dem Nachlass Jakob Crottoginis aus dem Staatsarchiv Luzern, die sich gebündelt entnehmen ließen bzw. bereits Überschriften aufwiesen, sind im Quellenverzeichnis einzeln aufgeführt. Für diese Quellen, gedruckte Quellen und auch für die Sekundärliteratur werden schon bei der erstmaligen Angabe Kurztitel verwendet. Soweit der Kurztitel nicht aus dem ersten eigenständigen Substantiv besteht, wird er in Klammern im Quellen- bzw. Literaturverzeichnis unter dem dazugehörigen Titel vermerkt.

Bei Zitaten in ungedruckten Quellen werden offensichtliche Tippfehler korrigiert und der heutigen deutschen Orthografie angepasst. 1Die schweizerische Orthografie in den einzelnen Schriftstücken wird nicht an die deutsche angepasst. In den gedruckten Quellen und der Sekundärliteratur werden Fehler in der Orthografie oder Grammatik mit [sic!] gekennzeichnet. Die Anzahl unlesbarer Zeichen in den ungedruckten Quellen wird mit „[:]“ wiedergegeben. 2„Wenn die Anzahl der unlesbaren Buchstaben zwei überschreitet oder nicht eruiert werden kann, steht pauschal eine Auszeichnung mit drei Doppelpunkten [:::].“ 3

Sofern nicht anders gekennzeichnet, handelt es sich bei Übersetzungen von direkten Zitaten, die jeweils in den Anmerkungen im Original abgedruckt sind, um von der Verfasserin angefertigte Übersetzungen.

0.2 Problemstellung

Angestoßen wurde die vorliegende Arbeit von einer eher beiläufigen Information in der Habilitationsschrift des Historikers Benjamin Ziemann. In seiner Studie zum Verhältnis von katholischer Kirche und Sozialwissenschaften in den Jahren 1945–1975 erwähnte er eine empirische Dissertation von 1955 über zum Priesterberuf führende Lebensumstände. 4In ihr seien auch „Formen der ‚Berufskrisen‘, in denen Priester ihre Entscheidung zumindest zeitweise substanziell in Frage stellten, und deren Zusammenhang mit dem Zölibat“ 5zur Sprache gekommen. Diese Arbeit sei nicht nur schon vor ihrer Veröffentlichung auf erhebliche Resonanz gestoßen, sondern „sofort vom Hl. Offizium verboten“ 6worden. Einem interessierten Publikum sei sie gleichwohl im Laufe der Zeit über Umwege zugänglich gemacht worden. 7Auf die Hintergründe des Verbots ging Ziemann nicht weiter ein, obwohl gerade diese sehr spannend gewesen wären. Wie und warum war das Hl. Offizium auf diese Arbeit aufmerksam geworden? Hatte man den Titel denunziert? Was an der Arbeit erschien so gefährlich, dass man glaubte, sie sofort verbieten zu müssen? Und wie ging man konkret und ggf. in welchem Verfahren gegen diese Studie vor?

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