47 St. Ignatius , 24.
48K. BARTH – E. THURNEYSEN, Briefwechsel , II, 652.
49„Die zur Welt hin gesendete Kirche ist es der Welt schuldig, eine geistige Sprache zu finden, die von der Zeit grundsätzlich verstanden werden kann. Sie muß im Gespräch stehen mit dem Denken der Zeit, jeder Zeit. Kirchenväter und Hochscholastiker bleiben dafür das Vorbild; Meister für unsere Zeit waren Erich Przywara und Joseph Maréchal mit ihrer Kunst verstehender Deutung und Transposition“ (H.U. VON BALTHASAR, Zu seinem Werk , 36).
50K. RAHNER, Laudatio , 270. H.U. von Balthasars zeichnet Przywaras Rolle für seine theologische Entwicklung in folgenden Worten: „ein unvergeßlicher Wegweiser; eine solche Verbindung von Tiefe und Fülle, ordnender Klarheit und all-umfassender Spannweite ist mir nie mehr begegnet“ (H.U. VON BALTHASAR, Zu seinem Werk , 76).
51K. SCHATZ, Geschichte , 76.
52 H , 311.
53Zu den wenigen Enthüllungen über sein persönliches Schicksal gehört die so verblüffend knappe wie schmerzliche Antwort, die der betagte Przywara „ohne Zögern“ auf die Frage gab, ob er auch einmal glücklich im Leben war: „Das Noviziat war die einzige glückliche Zeit meines Lebens“ (G. WILHELMY, Vita , 33). Die glückliche Welt der religiösen Ideale endete für Przywara mit einem schmerzlichen Ereignis, das den Abgrund des Gegensätzlichen in Przywaras persönlichen Leben aufriss und „ihn ein Menschenleben hindurch verfolgen“ sollte. Inmitten seines philosophischen Studiums in Valkenburg in Holland erreichte Przywara 1911 ein Telegramm seines Vaters, die siebenundvierzigjährige und ans Krankenbett gefesselte Mutter möchte, da sie krank ist, ihren Sohn noch sprechen. Von seinen Ordensoberen „wird er nicht im Gehorsam hingeschickt, um seiner Kindespflicht und der einfachsten Nächstenliebe und Krankenhilfe zu genügen, sondern gefragt, ob er es für nötig halte“. Von der Situation sichtlich überwältigt und mit dem Gehorsamsideal konfrontiert, antwortete der junge Ordensmann, dass er es nicht wisse, sie sei öfters krank gewesen, und stellte die Entscheidung in Ermessen seiner Oberen. Przywara fuhr nicht nach Kattowitz. Wenig später verstarb seine Mutter, der ihm am nächsten stehende Mensch, und er blieb mit dem Vorwurf, ihren letzten Wunsch nicht erfüllt zu haben (vgl. ebd ., 10).
54H.U. VON BALTHASAR, Erich Przywara S.J. Zum 75. Geburtstag.
55H. FRIES, Erich Przywara , 69.
56G. WILHELMY, Vita , 22. Vgl. M. SCHMID, Erich Przywara , 16.
57G. WILHELMY, Vita , 25
58Am 7. April 1942 später schreibt Edith Stein an Angela Stadtmüller: „Dass es P. Prz[ywara] nicht gut geht, hörte ich auch aus Valkenburg. Man meint dort, daß er in M[ün]chen ist, weiß aber nicht, in welchem Haus. Wenn Sie die Möglichkeit hätten, Ihm Grüße zu übermitteln, wäre ich dankbar. Vielleicht interessiert es ihn, daß ich an einer „Kreuzeswissenschaft“ zu Ehren des hl. Vaters Johannes arbeiten darf und daß ich bei allen Arbeiten am wirksamsten von Valkenburg unterstützt werde“ (E. STEIN, Selbstbildnis in Briefen , II, 539f). Drei Wochen später, am 29. April 1942, bekommt sie eine Auskunft von Anna Dursy: „Ich mußte in letzter Zeit so oft an Sie denken, besonders wenn ich an Przy[wara] dachte, den ich im Februar gesehen. Es ist mir, als stünden gerade Sie beide im ganz besonderen Maße im Crucis Mysterium. Es war sehr schmerzlich, Przy. so zu erleben. Daß er vorher lange in Wörishofen war, wissen Sie wohl? Nur seinen Händen merkte man die Nervensache an. Sie zittern“ (ebd. , 553).
59Die bescheidenen Eindrücke, die Przywara bei den Anwohnern von Hagen hinterließ, kontrastieren stark mit den Zeugnissen, die ihm Rahner oder von Balthasar ausstellten. Herr Bierling vom Gasthaus am Kirchplatz 8, Hagen, 82418 Riegsee, erinnert sich an ‚Prof. Przywara‘, der abends in die Gaststätte zu kommen pflegte, um in seinen Büchern zu lesen. Er entzündete dazu eine mitgebrachte Kerze, da er elektrischen Strom nicht verbrauchen wollte. Jeden zweiten Tag bestellte er ein halbes Liter dunklen Biers und bat, ihm die eine Hälfte davon heute, die andere morgen auszuschenken. Genauso gut erinnert man sich daran, dass er jeden Tag und bei jeder Witterung im am Haus nahegelegen Weiher zu baden pflegte (Gespräch am 18. August 2013). Um dieselbe Person wird es sich auch bei M. Lochbrunner handeln, der von einem Gespräch mit einem Bauer am 5. April 2008 berichtet, der in der Hagener Kirche Messnerdienste versieht und die gleichen Erinnerungen an Przywara wiedergibt. Lochbrunner beschreibt noch das Gespräch mit einer Familie aus Hagen, die sich an Erich Przywara erinnert (vgl. M. LOCHBRUNNER, Hans Urs von Balthasar , 32f).
60B. GERTZ, Erich Przywara , 575. Menschen, die mit Przywara persönlich oder mit seinem unmittelbaren Umfeld in dieser Periode zu tun hatten, berichten alle von dem Schatten der Krankheit, in dem Przywara lebte. Er wurde „immer wieder bedrängt durch extreme Schwankungen seiner psychischen Gesundheit“ (G. HAEFFNER, Erich Przywara , 137). Es war ein „unter tiefen physischen und psychischen Verschattungen gelebtes Leben“ (G. WILHELMY, Vita 34). Die einzige ärztliche Bescheinigung, auf die ich in Przywaras Nachlass stieß, bezieht sich auf Przywaras Gesundheitszustand in der letzten Phase seines Lebens, in der er schon zu keiner literarischen Tätigkeit mehr fähig war, und spricht unter anderem von „cerebrosklerotisch bedingter Involutionspsychopathie“ (Ärztliche Bescheinigung, ausgestellt am 15. April 1971 von Dr. med. Hans Willkomm, Chefarzt vom Gemeindekrankenhaus in Murnau).
61Vgl. M. LOCHBRUNNER, Hans Urs von Balthasar , 61, 73.
62 Ebd. , 135.
63 Ebd. , 29. Laut von Balthasar war Przywaras Krankheit „für das Umkippen der Analogie in eine Widerspruchsdialektik“ verantwortlich (ebd. , 135).
64 Ebd. , 134.
65Weiter schreibt von Balthasar: „Und das literarische Lebenswerk türmt sich zu solchen Höhen und umarmt solche Horizonte, dass sein Übermaß den pressierten Leser von heute entmutigt: der Auftrag wie seine Ausführung scheinen beide zu groß für diese Zeit“ (H.U. VON BALTHASAR, Erich Przywara S.J. Zum 75. Geburtstag , 112).
66R. Schneider, der zu den wenigen gehörte, die sich mit Przywaras Alterswerk auseinandersetzten und der dessen Anliegen teilte, schrieb in diesem Geist: „die Heimtücke der Wahrheit spricht sich aus, kraft der kindhaften Freiheit eines Mannes, der alle Feuer durchlitten hat und die Bosheit der Eiferer, der da ist und nicht da und das Glück und Leid eines Sehers und Beters genießt; der sich dem totalen Skandal und Widerspruch, der Wahrheit, die Christus ist, ohne Kaufvertrag überläßt und, woran ihm natürlich nichts liegt, in der Herausforderung des platten Verstandes nicht zu übertreffen ist“ (R. SCHNEIDER, Pfeiler in Strom , 304). Auch hier knüpft er an die Erfahrung seiner Geburtserde an. In der oberschlesischen Seele gibt es „eine gesteigerte, ja nicht selten übersteigerte Wachheit, die Wachheit des Postens, – freilich eine Wachheit, die in die Nacht hinaus und hinein schaut“ (Oberschlesien , 14).
67M. Schmid hatte den Eindruck, „daß Przywara in seiner Krankheit dieses Konzil, zu dessen Vordenkern in der ersten Reihe er doch zweifellos gehörte, nicht mehr wirklich rezipieren konnte“ (M. SCHMID, Erich Przywara , 26).
68So zum Beispiel dankt er 1950 dem Herausgeber der Zeitschrift Besinnung für die Würdigung anlässlich seines sechzigsten Geburtstags und beklagt, dass sein Lebenswerk vergessen scheint (vgl. Brief an den Herausgeber). Symptomatisch für diese Haltung und die damit verbundene Frustration ist Przywaras Brief an den Bundeskanzler Konrad Adenauer vom 16. Juni 1956, in dem er gegen die Liberalisierung des Wohnungsgesetztes protestiert. In dem Brief beruft sich Przywara auf Begegnungen mit Adenauer im Rahmen der Jugendbewegung zu Beginn der 30er Jahre und schreibt: „Mein Name wird Ihnen ja nicht unbekannt sein…“. Am 31. August 1956 schreibt er noch einmal, um sich zu beklagen, dass er vom Bundeskanzler Adenauer keine persönliche Antwort, nur eine amtliche von seinem Sekretariat bekommen hat. Dieser Brief bleibt ohne Antwort (Abschriften von beiden Briefen in: ArchDPSJ 47–182–798).
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