Vorwort
Prolog: Eine neue Verbindlichkeit – die Beschwörung der Bündnisse nach dem Alten Zürichkrieg
1
Die Legende von der alten Freiheit – Mittelland und Alpenraum im frühen 13. Jahrhundert
2
Königsdienst und Reichsfreiheit – die Waldstätte im 13. Jahrhundert
3
1291 – ein Wendepunkt?
4
Landleute und Täler – die Reichsvogtei Waldstätte 1308/09
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«Hütet euch am Morgarten» – Könige, Adel, Klöster und Länder im Widerstreit
6
Ein Brudermord mit Folgen – Bern zwischen Habsburg, den Waldstätten und Savoyen
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Ein Wechsel auf Zeit? Zürich zwischen den Waldstätten und Habsburg-Österreich
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Viehzüchter und Händler als neue Herren – der Adel auf dem Rückzug
9
Eine Wende bei Sempach? Städte und Länder im Vorwärtsdrang
10
Chaos am Bodensee – die habsburgische Landesherrschaft in Auflösung
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Untertanen statt Landleute – die ersten Gemeinen Herrschaften
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Ein schwieriges Erbe bringt Streit – Zürich, Habsburg und Schwyz im Dreieck
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Ein Friede auf ewig – die «Ewige Richtung» als Versuch eines definitiven Friedensschlusses
14
Viel Konfliktpotenzial im Innern – Stanser Verkommnis, Freiburg und Solothurn
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Bereinigungen an Hoch- und Alpenrhein – Schwabenkrieg, Basel und Schaffhausen
16
Zwischen Marignano und der Reformation – Soldverträge als Aussenpolitik
Epilog: Eine gemeinsame Geschichte – die Befreiungstradition im Spiegel der Geschichtsschreibung
Nachwort
Anhang
Glossar
Zeittafel
Anmerkungen
Ausgewählte Quellen und Literatur
Orts- und Personenregister
Freiheit, Unabhängigkeit, Volksherrschaft und Neutralität sind Begriffe, die das Schweiz-Bild von innen und aussen bis heute stark prägen und im politischen Diskurs eine hohe Bedeutung haben. Diese Begriffe sind im schweizerischen Geschichtsverständnis nach wie vor mit der älteren Geschichte verbunden, mit der Entstehungsgeschichte der Eidgenossenschaft, obwohl sie in ihrer realen Bedeutung viel mehr mit der Entwicklung zum Bundesstaat im 19. Jahrhundert zu tun haben. Die Geschichtsforschung hat in den letzten 50 Jahren diese Begriffe in ihrer Bedeutung hinterfragt, relativiert und neu eingeordnet. Sie hat Mythen von Geschichte getrennt und ihre je eigene Bedeutung herausgearbeitet. Die Mythenzerstörer der 1970er-Jahre sind heute bereits im Pensionsalter oder verstorben. Und trotzdem ist dieses alte Geschichtsbild von den freiheitsdurstigen Innerschweizern, die sich ihre Unabhängigkeit gegen die bösen Vögte erkämpft und den Grundstein für die heutige Schweiz gelegt haben sollen, nach wie vor stark in der Öffentlichkeit präsent.
Auf den folgenden Seiten soll dieses traditionelle Geschichtsbild einer kritischen Befragung nach dem Stand des heutigen Wissens unterzogen werden. Ein Geschichtsbild, das geprägt ist von der erstmaligen Niederschrift der Befreiungsgeschichte im Weissen Buch von Sarnen um 1470, das vom Glarner Politiker und Humanisten Aegidius Tschudi (1505–1572) Mitte des 16. Jahrhunderts in seine endgültige Form gebracht wurde. Tschudi hatte schon früh eine politische Karriere in Glarus und auf eidgenössischer Ebene eingeschlagen. Parallel zu seiner politischen Tätigkeit betrieb er ausgedehnte historische Studien, die schliesslich in der 1572 abgeschlossenen Reinschrift des Chronicon Helveticum mündeten, das aber erst im 18. Jahrhundert publiziert und einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde. Und sein Wissen floss in die 1548 gedruckte Chronik seines Zeitgenossen Johannes Stumpf ein. Tschudis Geschichtsbild bereitete der Schaffhauser Geschichtsschreiber Johannes von Müller (1752–1809) Ende des 18. Jahrhunderts für eine breite Leserschaft auf. Es wurde vom Dichter Friedrich Schiller (1759–1805) im Jahr 1804 dramatisiert und vom Komponisten Gioachino Rossini (1792–1868) im Jahr 1829 vertont und popularisiert. Die neu entstehende wissenschaftliche Geschichtsforschung des 19. Jahrhunderts, die die urkundliche Überlieferung in den Vordergrund stellte, hat das Bild von der Befreiungsgeschichte mit Tell, Rütlischwur und Burgenbruch in Frage gestellt. Der Historiker Wilhelm Oechsli (1851–1919) formulierte auf dieser Grundlage im Jahr 1891 in offiziellem Auftrag des Bundes die Entstehungsgeschichte der Eidgenossenschaft neu und legte damit die Basis zum heutigen Bundesfeiertag. Sein Fachkollege Karl Meyer (1885–1950) fügte dieses Bild schliesslich vor dem Hintergrund der äusseren Bedrohungen im 20. Jahrhunderts wieder mit der traditionellen Befreiungsgeschichte zusammen. 1
Die Geschichtsforschung der letzten Jahrzehnte hat zu Recht betont, dass die heutige Schweiz auf der Basis des Bundesstaats von 1848 steht und dieser in den Jahrzehnten zuvor und nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Ideen der Aufklärung und der französischen Revolution entstanden ist. Dies ist zweifellos richtig. Und dennoch gibt es die ältere eidgenössische Geschichte, die sowohl für die Revolutionäre der Helvetik 1798, die Bundesstaatsgründer von 1848 wie auch für ihre Nachfolger als identitätsstiftende Vergangenheit von grosser Bedeutung war. Und ältere eidgenössische Geschichte bleibt trotz allem ein Abarbeiten am Kern, an der Entstehungsgeschichte der Waldstätte, ein wichtiger, wenn auch nicht der einzige Ursprung der späteren Eidgenossenschaft. Dabei darf nicht eine Geschichtsbetrachtung Pate stehen, die aus den Anfängen eine Vorherbestimmung der künftigen Entwicklung macht. Der «Erfolg» der Eidgenossenschaft stand immer wieder, bis ins 18. Jahrhundert, auf der Kippe. Die Geschichte der Entstehung der Eidgenossenschaft ist auch keine Geschichte der Schweiz in ihrem heutigen Raum, sondern eine Geschichte der von kommunalen Eliten und Körperschaften – Ländern und Städten – getragenen Bündnissysteme, die sich im Lauf des 15. Jahrhunderts zu einer auch von aussen wahrgenommenen Eidgenossenschaft verdichteten.
Das Buch orientiert sich, chronologisch aufgebaut, an den traditionellen Daten und Ereignissen, die einer breiten Leserschaft bekannt sind, quasi dem eidgenössischen Festkalender. Chronologie ist nach wie vor ein roter Faden, der Orientierung stiftet und hilft, eine Entwicklung in ihren Zusammenhängen sichtbar zu machen. Einige wenige thematische Abschnitte ergänzen die Chronologie. Die Darstellung hat nicht den Anspruch, eine neue Erzählung zu formulieren, sondern lediglich den heutigen Stand des Wissens zu reflektieren.
Als Kronzeuge und Stichwortgeber dient dabei die Schweizer Chronik von Aegidius Tschudi. Tschudi hat die Erzählung über die Entstehungsgeschichte der Eidgenossenschaft über Jahrhunderte geprägt und seine Geschichtskonzeption ist bis heute in breiten Bevölkerungsteilen verankert. Deshalb wird den einzelnen Kapiteln ein kurzes Originalzitat aus dem Chronicon Helveticum vorangestellt, anschliessend kommentiert und in den Zusammenhang des heutigen Wissens gestellt. Tschudis Chronik endet 1470. Für die Zeit danach dient das Werk des Zürcher Geschichtsschreibers Johannes Stumpf, Informant und Nutzniesser von Tschudis Arbeiten, als roter Faden. Stumpfs Chronik hatte in der gedruckten Form eine weitere Verbreitung als diejenige von Tschudi und eine grosse Bedeutung für die Verankerung dieser Erzählung. 2
Das Buch ist den Forschungen der letzten 50 Jahre verpflichtet, insbesondere den Arbeiten von Marcel Beck, Hans Conrad Peyer, Peter Blickle und Guy Marchal und deren Schülerinnen und Schülern. Eine eigentliche, weit unterschätzte Schweizer Geschichte des Mittelalters hat Bernhard Stettler in seinen Einleitungen zur Tschudi-Edition und in seinem Buch zur Eidgenossenschaft im 15. Jahrhundert vorgelegt. Seine Basis und die neuesten Forschungen von Roger Sablonier und seinem Umfeld insbesondere zur Überlieferungsgeschichte ermöglichen es, einen aktuellen, kurz gefassten Abriss der Entstehungsgeschichte der Eidgenossenschaft neu zu schreiben. Und als Echoraum dient das Historische Lexikon der Schweiz, das als Nachschlagewerk unentbehrlich ist.
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