«Ich glaube, die guten Arbeitsbedingungen, die wir hier geschaffen haben, erlauben es den Mitarbeitenden, im Vorfeld ihre Arbeitseinsätze und Ferien wie auch Pikettdienste während der Ferienbetreuungen zu planen.»
Die Ferienbetreuung wird von den Mitarbeitenden geschätzt, da sie eine Abwechslung zum hektischen Alltag während der Schulwochen mit grossen Kindergruppen bietet. Antonia Näf meint dazu:
«Man hat dann auf einmal genügend Zeit, um sich um die einzelnen Kinder zu kümmern und ein Programm zusammenzustellen, das ihren Bedürfnissen entspricht […]
Während der Ferienbetreuungen schreiben die Mitarbeitenden ihren eigenen Arbeitsplan. Das wird geschätzt. Es gibt ein paar Rahmenbedingungen, die eingehalten werden müssen. Vom Organisationsteam sollte immer jemand anwesend sein. Ansonsten besteht grosser Handlungsspielraum, und es gibt keine Vorgaben, bis wann der Arbeitsplan zu erstellen ist. Wenn die Kinderzahlen definitiv sind, kann es vorkommen, dass das Leitungsteam, die Springerin oder der Springer noch zusätzlich eingeteilt werden […]
Grundsätzlich besteht hinsichtlich der Arbeitsplanung viel Freiraum, wenn die Struktur und Rahmenbedingungen im Voraus präzise definiert werden. Ein funktionierendes Planungskonzept zu kreieren, ist zu Beginn mit grossem Aufwand verbunden. Danach müssen nur noch kleine Anpassungen vorgenommen werden. Das lohnt sich sowohl für mich als Co-Leiterin als auch für die Mitarbeitenden. Mit dem Erfahrungsschatz der vergangenen Jahre gelingt die rechtzeitige und adäquate Planung der Personaleinsätze aktuell sehr gut.»
3.4 Mittelbare Arbeitszeit: Vor- und Nachbereitung, Teamsitzungen, Austausch
In den Tagesstrukturen Untersiggenthal hat jede Person des Betreuungsteams 0,75 Stunden pro Woche für die Vor- und Nachbereitung zur Verfügung, unabhängig vom jeweiligen Arbeitspensum. Gemäss Antonia Näf reicht dieses Zeitfenster nicht immer aus, um alles zu erledigen, was es zu planen gibt.
Die Tagesarbeit organisiert das Betreuungsteam mit einem Plan, in dem sich jede Betreuungsperson für einen spezifischen Aufgabenbereich entscheiden kann. Die Person mit der Tageskontrollliste der Kinder hat dabei den Überblick. Es wird jedoch keine Tagesverantwortung definiert. Nach dem Mittag, wenn die meisten Kinder in der Schule sind, tauschen sich die Mitarbeitenden aus und planen die Aufgabenverteilung für den Nachmittag. Neben der alltäglichen Aufgabenverteilung hat jede Betreuungsperson einen festen Bildungsbereich, für den sie die Verantwortung trägt.
Die Teamsitzungen der Tagesstrukturen Untersiggenthal finden einmal monatlich statt und dauern rund zwei Stunden. Sie werden von den Co-Leiterinnen organisiert und vorbereitet. Die Betreuungspersonen erhalten eine Einladung mit der Traktandenliste. Gewisse Programmpunkte verlangen von den Mitarbeitenden eine kleine Vorbereitung. Die meisten Themen, die es zu diskutieren gibt, sind dem Team jedoch bekannt, da sie das daily business widerspiegeln. Es können auch eigene Anliegen eingebracht werden. Die Beschlüsse der Teamsitzungen werden in einem Protokoll festgehalten, und für Pendenzen wird eine Pendenzenliste geführt.
«Wir merken, dass nach drei Jahren die organisatorischen Abläufe generell aufgegleist und nur noch kleine Änderungen nötig sind. Jetzt können wir uns viel mehr auf pädagogische Themen fokussieren.»
3.5 Wünsche und Visionen für die schulergänzende Bildung und Betreuung
Die Co-Leiterin Antonia Näf wünscht sich für ihre Tagesstrukturen, dass sie grössere finanzielle Unterstützung, unter anderem von der Gemeinde, erhalten würde. Sie versteht die Tagesstrukturen als Standortvorteil für die Gemeinde. Mit diesem Betreuungsangebot haben beide Elternteile die Möglichkeit, arbeiten zu gehen, und erfahren Unterstützung in der Betreuung. Einen Unterstützungsbeitrag könnte die Gemeinde mit Mietreduktionen oder finanziellem Support der wenig beanspruchten Angebote leisten. So könnte kostendeckend gearbeitet werden, und schwach belegte Module müssten nicht durch stark belegte Module quersubventioniert werden. Zudem bestünde die Möglichkeit, die kinderfreie Zeit der Mitarbeitenden auszudehnen, zum Beispiel für die Vor- oder Nachbereitung.
«Was von den Mitarbeitenden oft gewünscht wird, ist mehr Zeit für Vor- und Nachbereitungsaufgaben oder für den gegenseitigen Austausch. Wir würden begrüssen, hierbei finanzielle Unterstützung zu erhalten. Die Vor- und Nachbereitungszeit ist aktuell sehr knapp, aber derzeit ist eine Ausdehnung nicht finanzierbar.»
Antonia Näf wünscht sich eine Obergrenze für die Gruppengrössen. In Anbetracht der Räumlichkeiten sind die Gruppen in ihren Tagesstrukturen zu gross. Vor allem die Lärmemissionen über die Mittagszeit sind anspruchsvoll für die Kinder wie für das gesamte Team. Bedauernswerterweise kennt der Kanton Aargau keinerlei Vorgaben zu den Rahmenbedingungen einer Tagesstruktur, die mit guter Qualität geführt wird. Im Kanton Aargau legen die Gemeinden die Qualitätsstandards für die familien- und schulergänzende Kinderbetreuung fest. Die Gemeinden haben sozusagen eine Doppelrolle, indem sie einerseits als Subventionsgeberinnen auftreten und andererseits Qualitätsprüfungen durchzuführen haben. Den Spagat zwischen finanzieller Rentabilität und realistischen Rahmenbedingungen zur Sicherstellung von Qualitätsstandards zu schaffen, ist kein leichtes Unterfangen. Von Vorteil wäre eine Trennung der zuständigen Instanzen. Dabei könnte der Kanton die Rahmenbedingungen zur Qualitätssicherung vorgeben, und die Gemeinden würden den Part als Subventionsgeberinnen übernehmen. Qualitätssicherung und finanzieller Support wären somit institutionell getrennt.
Antonia Näfs Vision ist eine intensivere Zusammenarbeit der beiden Betreuungsformen von Kindertagesstätten und Tagesstrukturen, zum Beispiel im Bereich der Ausbildung zur Fachfrau respektive zum Fachmann Betreuung Kind. Der Fachkräftemangel ist auch im Kanton Aargau spürbar, da immer mehr gut ausgebildetes Fachpersonal gesucht wird. Für die Auszubildende in den Tagesstrukturen Untersiggenthal konnte eine gute Lösung gefunden werden, indem sie und die Auszubildende der Kindertagesstätte im Dorf für ein halbes Jahr den Ausbildungsort getauscht haben.
3.6 Starkes Team und starke Trägerschaft
Antonia Näf ist überzeugt, dass die Arbeit in der schulergänzenden Bildung und Betreuung äusserst anspruchsvoll ist.
«Ohne unser starkes Team würden wir bezüglich der Arbeitsbedingungen eher an unsere Grenzen stossen. Mit dem Festhalten an gemeinsamen Werten ist das pädagogisch bestens ausgebildete Leitungsteam in der Lage, die Tagesstrukturen zu steuern und zu lenken, was zu grosser Zufriedenheit und Stimmigkeit führt. Dies spürt nicht nur das Team, das spüren auch die Kinder in den Tagesstrukturen und die Erziehungsberechtigten, die uns ihre Kinder anvertrauen.»
Bei grossen Tagesstrukturen sind eine pädagogische Qualifikation und eine Führungsausbildung essenziell, um optimale Arbeitsbedingungen sicherzustellen. Die professionelle Trägerschaft hat massgeblich zu den aktuellen Bedingungen beigetragen.
«Wenn man keine professionelle Trägerschaft hat, verpuffen viele finanzielle und personelle Ressourcen. Hier in den Tagesstrukturen Untersiggenthal können wir uns auf das Kerngeschäft konzentrieren, da die Trägerschaft professionell ist und über viel Fachwissen in diesem Bereich verfügt.»
KiBeG (2016). Gesetz über die familienergänzende Kinderbetreuung, SAR 815.300. Aarau: Grosser Rat des Kantons Aargau.
4 Chance Schul(um)bau – Bildungs- und Lebensräume für den Ganztag
Unterwegs zu einer nachhaltig zukunftsfähigen Gestaltung und Nutzung von Räumen und Infrastruktur, wo alle sich wohlfühlen und gut arbeiten können
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