Stefan Hauser, Nadine Nell-Tuor (Hrsg.)
Sprache und Partizipation im Schulfeld
Mündlichkeit, Band 6
ISBN Print: 978-3-0355-1233-5
ISBN E-Book: 978-3-0355-1236-6
1. Auflage 2019
Alle Rechte vorbehalten
© 2019 hep verlag ag, Bern
www.hep-verlag.com
Inhaltsverzeichnis
Sprache und Partizipation – eineiige Zwillinge oder zwei ungleiche Geschwister?
Stefan Hauser/Nadine Nell-Tuor
Zu den Beiträgen dieses Bandes
Literatur
«Das ist eben so, dass die Schüler kommen, die diskutieren können» – die Bedeutung sprachlicher Fähigkeiten für (schulische) Partizipationsmöglichkeiten
Anna Schnitzer/Rebecca Mörgen
1Einleitung
2Konzeptionelle Klärungen: Partizipation, Bildungsungleichheit und Sprache
3Methodische Verortung der Überlegungen: eine Studie zu Partizipation von Kindern und Jugendlichen in der Schweiz
4Bildung, Sprache und Partizipation: Differenzpraktiken in schulischen Partizipationsgremien
5Partizipation, Sprache und Bildungsungleichheit: Zusammenhänge und mögliche Bearbeitungsweisen
6Literatur
«Im normalen Leben funktioniert das auch nicht» – Rekonstruktionen des kollektiven Verständnisses von Schülerinnen- und Schülerpartizipation
Julia Häbig/Enikö Zala-Mezö/Daniela Müller-Kuhn/Nina-Cathrin Strauss
1Einleitung
2Partizipation – was kann darunter verstanden werden und wie lässt sie sich erforschen?
3Methodik
4Ergebnisse: äußere Strukturen einerseits, Merkmale der Schülerinnen und Schüler andererseits als Hindernisse für Partizipation
5Diskussion
6Literatur
«Du mueschs mit de Klass» – wie durch Anzeigen von Nicht-Verfügbarkeit die Partizipation im Klassenrat gesteuert wird
Nina Haldimann
1Einleitung
2Der Klassenrat als schulisches Partizipationsformat
3Daten und Methode
4Anzeigen von Nicht-Verfügbarkeit
5Fazit
6Literatur
«=was willst DU denn machen?» – partizipative Ordnungen in Lernentwicklungsgesprächen
Marina Bonanati
1Einleitung
2Partizipation in Lehrer-(Schüler)-Eltern-Gesprächen
3Methodisches zur Rekonstruktion partizipativer Ordnungen
4Empirische Rekonstruktionen: Wie partizipieren die Beteiligten im Lernentwicklungsgespräch an Entscheidungen?
5Resümee
6Literatur
Partizipation und Perspektivität – zum Beitrag von Lernenden an interaktiven Lernprozessen
Sören Ohlhus
1Die Perspektivität der Teilnahme an Lernprozessen
2Ein Lernprozess und sein Beteiligungsrahmen
3«Eigene Wege durch den Dschungel der funktionalistischen Rationalität»
4Entdeckung und Entwicklung einer taktischen Beteiligungsweise
5«Changing patterns of participation»
6Literatur
Sprache und Partizipation in kooperativen Lernsettings
Nadine Nell-Tuor
1Einleitung
2Partizipationsbegriffe
3Kooperative Lernformen
4Kooperieren heißt Interagieren – zur Bedeutung der (sprachlichen) Interaktion
5Fragestellung und methodische Verortung
6Einzelfallanalyse
7Ausblick und didaktische Implikationen
8Literatur
Partizipationsförderung in Mikroprozessen des Unterrichts
Katja Maischatz/Elke Hildebrandt/Serena Wälti/ Annemarie Ruess/Sabine Campana
1Einleitung: Das unentdeckte Land der Partizipation – ausgerechnet im Unterricht?
2Zwei Seiten einer Medaille: vom Recht auf Partizipation und von der Pflicht der Partizipationsförderung
3Partizipationsförderung im Unterricht
4Ausgewählte Ergebnisse
5Fazit
6Literatur
Schülerrückmeldungen zur Förderung der Partizipation in der Schule
Corinne Wyss/Meike Raaflaub/Nina Hüsler
1Einleitung
2Partizipation im schulischen Umfeld
3Hinweise und Empfehlungen zur Arbeit mit Schülerinnen- und Schülerfeedback
4Bisherige Erkenntnisse zu Schülerinnen- und Schülerfeedback
5Ein Überblick über die Ziele und Datenerhebungen im Projekt SelFreflex
6Darstellung der Ergebnisse
7Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse
8Literatur
Sprache und Partizipation – eineiige Zwillinge oder zwei ungleiche Geschwister?
Stefan Hauser/Nadine Nell-Tuor
Im bildungspolitischen, erziehungswissenschaftlichen und didaktischen Diskurs der letzten Jahre hat der Partizipationsbegriff eine wichtige Rolle gespielt. Zum einen hat sich Partizipation in einem normativen Sinn, das heißt als Postulat nach mehr schulischer Mitsprache, viel Gehör verschafft (Kiper 1997, Shier 2001, Eikel 2006), was zu einer zunehmenden Akzeptanz und Verbreitung schulischer Partizipationsformate (wie Klassenrat oder Schülerparlament) beigetragen hat. 1Zum anderen hat sich Partizipation in der Unterrichtsforschung auch in einem deskriptiven Sinn als Analysekategorie etabliert, was zu einem besseren Verständnis dessen geführt hat, was mit Breidenstein (2006) als «Schülerjob» bezeichnet werden kann (vgl. dazu auch Brandt 2004, 2015). Unterschiedlich deutlich machen sich dabei die Vorstellungen über den Zusammenhang von Sprache und Partizipation bemerkbar. Während für einzelne Themenkomplexe wie z. B. die Bildungssprache (Feilke 2012; Morek/Heller 2012; Gogolin/Duarte 2016) das Verhältnis von Sprache (bzw. Sprachgebrauch) und Partizipation im Fokus des Interesses steht, bleibt dieser Zusammenhang in anderen Bereichen des Partizipationsdiskurses eher im Hintergrund.
Anspruch dieses Sammelbandes ist es, die Diskussion um den Zusammenhang von Sprache und Partizipation im Schulfeld aufzugreifen und weiterzuführen. Mit der für den Untertitel dieses einleitenden Beitrags gewählten Metaphorik aus dem Bereich der Verwandtschaftsbezeichnungen wird die Frage gestellt, wie eng die Beziehung zwischen Sprache und Partizipation zu verstehen ist. Nun ist die Wahl von Metaphern – wie man nicht erst seit der Konjunktur kognitiver Metapherntheorien (vgl. dazu Lakoff/Johnson 1980) weiß – folgenreich. So ließen sich mit der gewählten Verwandtschaftsmetapher bestimmte (z. B. biologistische) Lesarten verbinden, die hier aber nicht mitgemeint sind (etwa über Abstammung und Vererbung usw.). Vielmehr soll die Rede von ungleichen Geschwistern und eineiigen Zwillingen die Frage zur Disposition stellen, wie das Verhältnis zwischen Sprache und Partizipation zu konzeptualisieren ist. Dabei soll es nicht darum gehen, eine richtige Antwort auf die – eher plakative – Alternativfrage zu finden. Zielführender erscheint es, sich damit zu beschäftigen, welche theoretischen Implikationen und welche praktischen Konsequenzen es hat, wenn man den Überlegungen und Beobachtungen einen engen oder einen losen Zusammenhang zugrunde legt. Bock und Dreesen (2018) halten mit Bezug auf ein gesamtgesellschaftliches Verständnis von Partizipation fest, dass von einem engen Zusammenhang von Sprachgebrauch und Partizipation auszugehen ist: «Partizipation ist soziales, kommunikatives Handeln. Ein großer Teil dieses Handelns setzt Sprachfähigkeit und Sprachkompetenzen nicht nur voraus, er funktioniert v. a. mittels Sprachgebrauch» (Bock/Dreesen 2018, 7). Auch für die verschiedenen Dimensionen schulischer Partizipation stellt sich die Frage, wie Sprachgebrauch und Partizipation aufeinander bezogen sind und was aus diesem Verhältnis aus didaktischer Perspektive folgt. Denn wenn es zutrifft, dass das Mitwirken im Schulfeld eher «eine ‹Belohnung› für bereits vorhandene soziale und kommunikative Kompetenzen darstellt und weniger dem Erwerb solcher Fähigkeiten dienen soll», dann erstaunt es wenig, wenn vor allem jene Kinder im Vorteil sind, «die auch zu Hause die Chance haben, explizit mitzuwirken und über ihr Mitwirken zu verhandeln» (Rieker et al. 2015, 6). Um die hier zur Diskussion gestellte – nicht nur theoretisch bedeutsame, sondern auch didaktisch folgenreiche – Frage nach dem Zusammenhang von Sprachgebrauch und Partizipation zu vertiefen, gilt es zunächst auf unterschiedliche Partizipationsvorstellungen aufmerksam zu machen.
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