•Lehrerinnen und Lehrer verstehen ihren Beruf als ständige Lernaufgabe.
•Lehrerinnen und Lehrer beteiligen sich an der Planung und Umsetzung schulischer Projekte und Vorhaben.
•Entsprechen diese Leitsätze Ihrer gelebten Berufspraxis? |
•Gibt es dazu einen Grundkonsens in Ihrem Kollegium? |
Befähigungen
Auf einer zweiten Ebene werden Befähigungen formuliert, die für die Weiterentwicklung der Schule und für die Pflege der internen Ressourcen unabdingbar sind:
Lehrpersonen …
•lernen, mit Belastungen umzugehen;
•setzen Arbeitszeit und Arbeitsmittel zweckdienlich und ökonomisch ein;
•praktizieren kollegiale Beratung als Hilfe zur Unterrichtsentwicklung und Arbeitsentlastung;
•reflektieren die eigenen beruflichen Haltungen, Erfahrungen und Kompetenzen sowie deren Entwicklung, und können hieraus Konsequenzen ziehen;
•nutzen Erkenntnisse der Bildungsforschung für die eigene Tätigkeit;
•dokumentieren für sich und andere die eigene Arbeit und ihre Ergebnisse;
•geben Rückmeldungen und nutzen die Rückmeldungen anderer dazu, ihre pädagogische Arbeit zu optimieren;
•nehmen Mitwirkungsmöglichkeiten wahr;
•kennen und nutzen Unterstützungsmöglichkeiten für Lehrkräfte;
•nutzen individuelle und kooperative Fort- und Weiterbildungsangebote;
•wenden Ergebnisse der Unterrichts- und Bildungsforschung auf die Schulentwicklung an;
•nutzen Verfahren und Instrumente der internen Evaluation von Unterricht und Schule;
•planen schulische Projekte und Vorhaben kooperativ und setzen sie um.
Diese Befähigungen sind zur Professionalität des Lehrerberufs und für den Erhalt des State of the art in allen schulischen Kernaufgaben hilfreich, wenn nicht selbstverständlich.
•Sind Sie von den Forderungen überrascht? •Welche dieser Befähigungen ist Ihnen besonders wichtig – um welche sollten Sie sich bewusster kümmern? •Welche werden in Ihrem Kollegium akzeptiert, praktiziert, und welche werden eher ignoriert? |
Kenntnisse
Darüber hinaus hält die KMK eine Reihe von Kenntnissen für effektive Entwicklungsarbeit für erforderlich:
Lehrpersonen …
•kennen die Grundlagen und Strukturen des Bildungssystems und von Schule als Organisation;
•kennen die rechtlichen Rahmenbedingungen ihrer Tätigkeit (z. B. Grundgesetz, Schulgesetze);
•reflektieren ihre persönlichen berufsbezogenen Wertvorstellungen und Einstellungen;
•kennen wesentliche Ergebnisse der Belastungs- und Stressforschung.
•kennen Methoden der Selbst- und Fremdevaluation;
•rezipieren und bewerten Ergebnisse der Bildungsforschung;
•kennen organisatorische Bedingungen und Kooperationsstrukturen an Schulen;
•kennen und reflektieren den spezifischen Bildungsauftrag einzelner Schularten, Schulformen und Bildungsgänge;
•kennen Ziele und Methoden der Schulentwicklung;
•kennen die Bedingungen für erfolgreiche Kooperation.
Wir verstehen diese Qualifikationen nicht allein als individuelle Verpflichtung; wir betrachten sie als systemische Voraussetzung auf Kollegiumsebene für das Gelingen von schulischer Weiterentwicklung.
Diese Ausführungen sollen deutlich machen: Der Lehrerberuf lässt sich nicht auf «Unterricht halten» reduzieren. Schule weiterzuentwickeln bedeutet, die «Komfortzone» sicherer unterrichtlicher Routinen zu verlassen und sich auf Neues einzulassen. Das ist nicht immer angenehm. Deshalb wurde seitens der KMK die Innovationsbereitschaft zum Standard und nicht zur unverbindlichen Option des Berufsstandes erklärt.
Lehrpersonen erwarten ja ihrerseits als Patienten von Ärzten oder als Kunden ihrer Autowerkstatt genau diese Innovationsbereitschaft. Um wie viel mehr muss man sie in der Schule verlangen, denn «Non scholae, sed vitae discimus».
•Sind Sie diesbezüglich «up to date»? Wo haben Sie bzw. hat Ihr Kollegium einen Nachholbedarf? •Wie stehen Sie zu diesen Erwartungen? Welchen dieser Punkte können Sie für sich bejahen? •Wo «sträubt» es sich bei Ihnen? |
Berufliches Selbstverständnis und Schulentwicklung
In diesem Zusammenhang darf nicht übersehen werden, dass Schule als eine wenig hierarchisch strukturierte Institution eine besondere Organisationsform aufweist. In ihr arbeiten hoch qualifizierte Experten für Unterrichtsfächer und Erziehung mit einem großen Spielraum an Autonomie in ihrem Kerngeschäft, dem Unterricht. Lehrpersonen einer Schulklasse können durchaus nebeneinanderher arbeiten, ohne dass Unterricht kollabiert. Welche Qualität Bildung und Erziehung dann haben, welche Folgen das für die Schülerinnen und Schüler hat und welche psychische Belastung für die eine oder andere Lehrperson daraus erwächst, sei dahingestellt.
In dieser Betrachtungsweise spielt die Weiterentwicklung der Schule als einer tragenden Institution für die Zukunft von Schülerinnen und Schülern und der Gesellschaft für Lehrerinnen und Lehrer eine weniger bedeutsame Rolle. Viele sehen dies eher als Aufgabe von Politik, Schulaufsicht oder Schulleitung. Erst wenn ihre persönlichen Belange tangiert sind, z. B. durch organisatorische Beeinträchtigungen oder Probleme mit Schülerverhalten und Eltern, wächst das Interesse an verbindlichen Regelungen und Vereinbarungen, die ihre Arbeit erleichtern. Sie werden in dieser Auffassung seitens des Dienstherrn bekräftigt, da ein Zeitbudget für allgemeine schulische Belange in der Regel nicht eingeräumt wird.
Zwar konzentrieren sich ihre Kernaufgaben auf den Unterricht; aber ebenso ist es Pflicht der Lehrerinnen und Lehrer (nicht nur die der Schulleitung; siehe KMK, 2014), ihre Schule entsprechend den gesellschaftlichen, fachlichen und örtlichen Erfordernissen weiterzuentwickeln. Das beinhaltet z. B., die lokalen Arrangements so zu gestalten, dass leistungsförderliche Arbeitsbedingungen herrschen, guter Unterricht möglich ist und eine fachlich anregende, individuell entlastende und sozial bereichernde Zusammenarbeit gepflegt wird.
Hier sollten gelegentlich das Lehrerleitbild und die Berufsauffassung problematisiert werden: Anders als eine Behörde wird Schule erst durch das Zusammenwirken der Lehrkräfte konstituiert. Schule ist das, was Lehrerinnen, Lehrer und Schulleitungen, Schülerinnen, Schüler und Eltern aus dem machen, was Gesellschaft, Bildungspolitik und Schuladministration an Rahmenbedingungen vorgeben.
•Verstehen sich alle im Kollegium als mitverantwortliche «Entwicklungsbeauftragte» ihrer Schule? |
•In welcher Weise werden sie darin von der Schulleitung/dem Kollegium unterstützt? |
«Wer nicht mit der Zeit geht, muss mit der Zeit gehen.»
1.3 Entwicklungsarbeit als Lernprozess
Veränderungen fordern Lernen heraus, wenn man nicht mit der Zeit gehen möchte. Schulentwicklung ist ein stetiger Lernprozess. Entwickeln heißt, IST-Zustände zu modifizieren oder gar zu verlassen und sich auf neues Terrain in Richtung eines gewünschten oder geforderten SOLL-Zustands zu begeben. Das geht nicht ohne Loslassen, schon gar nicht ohne das Erlernen neuer Sichtweisen, neuen Verhaltens, neuer Haltungen … Dazu werden – je nach Umfang und Intensität der Veränderungen – unterschiedliche Lernstrategien benötigt.
Anpassungslernen
Die erste Stufe von Lernen ist das Anpassungslernen.
Anpassungslernen heißt, man spürt, dass sich etwas ändert, und versucht, sich dem anzupassen; bisherige Ziele, Theorien, Leitbilder und Grundorientierungen bleiben unberührt. Das ist vergleichbar einem Autofahrer, der seine Fahrweise schlechten Straßenbedingungen oder Verkehrsbehinderungen anpasst (→ Schnelles Denken, S. 30), nicht aber seine Fahrtroute oder Fahrkünste anzweifelt oder seinen Fahrstil grundsätzlich ändert. Es werden nur Anpassungsbewegungen verlangt, um nicht «im Graben» zu landen.
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