Peter Horper - Blutsbande

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Susan Maiwald vermisst ihre Mutter. Die Polizei zeigt kein Interesse. Ist sie einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen? Ist sie entführt worden? Oder hat sie sich einfach mit einem Lover eine Auszeit genommen? Es wäre nicht das erste Mal. Ludwig Fendt, ein desillusionierter Münchner Taxifahrer, hat gerade eine Detektei eröffnet und erhält von Susan seinen ersten Auftrag: Finde meine Mutter! Fendt nimmt die Leser in seinem Taxi mit durch die nächtliche Stadt. Seine Ermittlungen führen ihn in Hotels, in Lokale, ins Münchner Rotlichtmilieu.
Während die Leser Ludwigs Recherchen, seinen Fragen, Zweifeln und Umwegen folgen, führt sie die Geschichte in die kalte Enge eines Kellers. Sie erfahren von Missbrauch, von seelischen Verletzungen, verwischten Grenzen zwischen Opfern und Tätern. Die Leser erleben einen grausamen Kampf verwundeter Seelen und sie wissen, dass Ludwig Fendt sich beeilen sollte. Seite für Seite wandelt sich Blutsbande vom Ermittlungskrimi zum Psychothriller, der zu einem dramatischen Showdown eskaliert.

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März 2020 Cover und grafische Gestaltung von Hirschkäfer DesignCoriander P - фото 1

März 2020

Cover und grafische Gestaltung von Hirschkäfer Design/Coriander P.

© Hirschkäfer Verlag, München 2020

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Verarbeitung in elektronischen Systemen.

E-Book-ISBN 978-3-940839-71-8

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Mit Liebe gemacht.

Inhalt

Teil I I Einen Moment lang sah sie es in seinen Augen. Flüchtig. Eine kalte Ahnung von Schmerz und Gefahr überkam sie, aber zu langsam, zu ungefähr, zu spät, um ihr nachspüren zu können. Viel zu spät, um es verhindern zu können. Keinerlei Sorge war in ihr gewesen, keine Angst, nicht das geringste Misstrauen. Sie war in den Wagen gestiegen, komm, ich bring dich schnell heim, es wird gleich regnen, nein, es macht mir nichts aus, liegt ja auf dem Weg, lächeln, danken, einsteigen, den Gurt anlegen. Diese Augen! Er sah sie an, aber er sah nicht sie. Was sah er? Wen sah er? Dann sein Griff in ihren Nacken, seine zupackende Hand, der beißende Geruch. Die Kräfte schlichen sich aus ihrem Körper. Seinen Blick nahm sie mit in die Dunkelheit.

Kapitel 1

Kapitel 2

Teil II

Kapitel 3

Kapitel 4

Teil III

Kapitel 5

Kapitel 6

Teil IV

Kapitel 7

Teil V

Kapitel 8

Kapitel 9

Teil VI

Kapitel 10

Teil VII

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Teil VIII

Kapitel 14

Teil IX

Kapitel 15

Kapitel 16

Teil X

Kapitel 17

Kapitel 18

Teil XI

Kapitel 19

Teil XII

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Teil XIII

Kapitel 25

Teil XIV

Kapitel 26

Teil XV

Kapitel 27

Kapitel 28

Teil XVI

Kapitel 29

Teil XVII

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Teil XVIII

Kapitel 33

Teil XIX

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Teil XX

Kapitel 37

Teil XXI

Kapitel 38

Teil XXII

Kapitel 39

Teil XXIII

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Anmerkung

Danke

I

Einen Moment lang sah sie es in seinen Augen. Flüchtig. Eine kalte Ahnung von Schmerz und Gefahr überkam sie, aber zu langsam, zu ungefähr, zu spät, um ihr nachspüren zu können. Viel zu spät, um es verhindern zu können. Keinerlei Sorge war in ihr gewesen, keine Angst, nicht das geringste Misstrauen. Sie war in den Wagen gestiegen, komm, ich bring dich schnell heim, es wird gleich regnen, nein, es macht mir nichts aus, liegt ja auf dem Weg, lächeln, danken, einsteigen, den Gurt anlegen. Diese Augen! Er sah sie an, aber er sah nicht sie. Was sah er? Wen sah er? Dann sein Griff in ihren Nacken, seine zupackende Hand, der beißende Geruch. Die Kräfte schlichen sich aus ihrem Körper. Seinen Blick nahm sie mit in die Dunkelheit.

1

»Zehnnullsieben!«

»Ja.«

»Was heißt hier ja? Ich hör wohl nicht recht! Sind Sie nicht mehr ganz frisch, Zehnnullsieben? Gehen Sie mal auf Kanal drei!«

Ich fingerte am Funkgerät, um den Kanal einzustellen, ohne die Straße aus den Augen zu lassen.

»Hier Zehnnullsieben«, sagte ich und wusste nicht so recht, wie nah ich mit meinem Mund an das Mikrofon gehen sollte.

»Was ist denn das bei Ihnen für ein Krach im Wagen?«

»Puccini.«

»Machen Sie das aus! Da steigt Ihnen erstens kein Fahrgast ein und zweitens kann ich Sie nicht verstehen.«

Ich würgte die Musik ab.

»Wie lange ist es her, dass Sie den Taxischein und den Funkkurs gemacht haben, Zehnnullsieben?«

»Ein paar Monate.«

»Viel ist anscheinend nicht hängengeblieben. Ok. Ich erklär Ihnen das jetzt ein einziges Mal, und wenn Sie mir dann noch mal auf Kanal eins rumpfuschen, entziehe ich Ihnen die Taxifunklizenz. Also. Wo fahren Sie grad rum?«

»In der Metzstraße.«

»Wo ist der nächste Stand?«

»Am Rosenheimer Platz.«

»Genau. Ich rufe also Rosenheimer Platz. Was machen Sie?«

»Ich melde mich mit Zehnnullsieben.«

»Falsch. Sie halten den Mund, weil Sie nicht am Stand sind. Sie kommen erst ins Spiel, wenn sich am Rosenheimer keiner meldet. Dann gebe ich die Adresse durch und den Auftrag frei. Wie mache ich das?«

»Sie sagen für und dann die Adresse.«

»Genauso ist es, Zehnnullsieben. Und wenn Sie sich schnell melden und nah genug sind, bekommen Sie den Auftrag. Und was machen Sie dann?«

»Ich wiederhole die Adresse und den Namen des Auftraggebers.«

»Richtig. Sie wiederholen die Adresse und den Namen, damit ich weiß, dass Sie mich verstanden haben. Haben Sie mich verstanden, Zehnnullsieben?«

»Ich habe verstanden.«

»Also, gehen wir zurück auf den Einser. Passen Sie auf!«

Ich lenkte mit der Linken um das Rondell am Weißenburger Platz, mit der Rechten stellte ich den Auftragskanal ein. Den Einser.

Wahrscheinlich war ich eines der ältesten Greenhorns im Münchner Taxigewerbe. Die Studenten waren bei der Auftragsannahme schneller mit den Fingern und hatten eine raschere Auffassungsgabe. Und wahrscheinlich glaubten sie daran, diesen Job irgendwann wieder an den Nagel hängen zu können. Spätestens wenn sie ihr Examen in der Tasche hatten. Für manche würde sich das allerdings als Illusion herausstellen. Vor allem für die Germanisten, Romanisten, Finnougristen, Philosophen, Politologen.

Und wie lange blieben angehende Privatdetektive an diesem Job kleben? Wie lange mussten sie sich anschnauzen lassen, wenn der gewählte Weg nicht der unumstritten kürzeste war? Wie lange mussten sie sich von Besoffenen ins Auto kotzen und von arroganten Tussis herumkommandieren lassen, Türen öffnen, Koffer verladen, warten und sich langweilen? Jahre? Für immer? Ich kannte keine Statistiken.

Eine Taxischicht pro Woche, um den Bezug zur Nacht und ihren Kreaturen nicht zu verlieren, aber ansonsten genug Kunden, um davon leben zu können. Das wäre optimal. Noch war das leider eine Vision. Doch Taxifahrer mussten Sitzfleisch haben, und die Detektei »Ludwig Fendt« gab es ja auch erst seit ein paar Wochen. Die Homepage, die mir Jan, mein Schwiegersohn in spe, eingerichtet hatte, war brandneu.

Außerdem fuhr ich nicht ungern. Der Job, so anstrengend und schlecht bezahlt er war, zeigte mir eine andere Welt. Menschen, denen ich sonst nie begegnen würde, von denen ich ohne diesen Job nicht einmal wüsste, dass es sie gab.

»Rosenheimer Platz!«

Keine Antwort. Mein Finger lauerte an der Taste. Es war drei Uhr morgens und ich war müde, aber diesen Auftrag wollte ich noch haben.

»Für Metzstraße!«

»Zehnnullsieben in der Metzstraße.«

»Zehnnullsieben! Metzstraße zwölf Schmidt.«

»Metzstraße zwölf, Schmidt.«

Ich rollte langsam durch die Straße, hielt vor dem Haus Nummer zwölf und wartete. Nach zehn Minuten stieg ich aus und schlenderte Achten auf dem Gehsteig. Es kam kein Schmidt. Wahrscheinlich war er in ein vorbeifahrendes Taxi gestiegen.

Ich hatte genug von der Nacht.

2

Ich hätte mich jetzt gern von Jonas Kaufmann beim Einschlafen »hinübersingen« lassen. Die Puccini-CD war in meiner Taxitasche. Aber Ines war da. Ines kam und ging, wann sie wollte. Sie hatte Schlüssel. Seit sie mit Jan zusammen war, blieb sie am Abend öfter mal in der Stadt. Wenn sie mit ihm unterwegs gewesen war und die letzte S-Bahn raus nach Solln verpasst hatte, schlief sie bei mir.

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