Betrachtet man den Sieg als solchen näher, ist er nichts besonderes, das über das Wissen des normalen Mannes hinausgeht. Wer kämpft und siegt wird im ganzen Reich als gut bezeichnet, doch auch das ist nichts besonderes. Es gehört nicht allzu viel Kraft dazu, ein ausgefallenes Tierhaar im Herbst aufzuheben; und Sonne und Mond zu sehen, zeugt nicht unbedingt von scharfen Augen, ebenso wenig wie das Hören des Donners nicht auf ein gutes Gehör schließen lässt. Wer mit Leichtigkeit siegt, wird als ein Feldherr bezeichnet, der etwas von seinem Handwerk versteht. Wenn ein guter Feldherr eine Schlacht anführt, wird der Sieg nichts Außergewöhnliches sein, und weder von Ruhm noch von Tapferkeit oder Geschicklichkeit zeugen. Da dessen Sieg ohne Makel ist und er weiß, wie der Sieg zu erringen ist, bedeutet der Sieg nichts anderes als einen bereits geschlagenen Feind zu überwältigen. Der erfahrene Feldherr steht fest auf unzerstörbarem Grund und lässt keine Gelegenheit aus, den Feind zu vernichten. Die siegreiche Armee siegt zuerst und kämpft danach, die geschlagene Armee kämpft zuerst und sucht danach den Sieg zu erringen. Der gute Feldherr vervollkommnet den moralischen Weg und hütet das Gesetz, und ist deshalb in der Lage, Sieg und Niederlage richtig einzuschätzen.
Im Krieg gibt es fünf Taktiken, die zu beherzigen sind:
•Abmessen des Terrains
•Einschätzen der Kapazität der Bevölkerung
• Berechnen der Anzahl der Soldaten
•Vergleich zwischen den Armeen
•Berechnung von Sieg und Niederlage.
Das Terrain ist abzumessen, woraus sich die Kapazität, das heißt die Bevölkerungszahl, ergibt, aus der wiederum die Anzahl der Soldaten errechnet wird, die mit der des Feindes zu vergleichen ist. Werden diese vier Faktoren berücksichtigt, ist ein Sieg vorhersehbar. Aus diesem Grund ist die siegreiche Armee mit einem Yi [9] [1] Wörtlich der Weg »Dao«, der hier für das moralische Verhalten des Herrschers steht. [2] Wörtlich Yin und Yang. Yang steht für die Sonne, das Strahlende, die Helligkeit und den Tag, aber auch für den Sommer und gilt gleichzeitig als das männliche Element. Yin, das für das weibliche Element steht, ist die Dunkelheit, die Nacht, das Feuchte und Kühle und steht auch für Erde. [3] Die hier genannten Wagen mit vier nebeneinander vorgespannten Pferden sind durch die Funde in den Anlagen um das Grabmal des ersten Kaisers Qin Shihuangdi belegt. Die Wagen waren zweirädrig und wurden von einem einzigen Wagenlenker bedient. [4] Streitwagen wurden erst später durch die Kavallerie ersetzt. Unter dem ersten Kaiser war die Kavallerie, gerüstet mit leichten Sätteln, die mit einem Gurt festgezurrt wurden, im Kampf wesentlich effektiver als die Streitwagen, auf denen die Kämpfer mit einer Dolchlanze kämpften. [5] Ein Zhong war ein Hohlmaß in der Zhou-Zeit und entsprach vier Scheffel. [6] Ein Pikul entspricht 60,48 kg. [7] Der obige Satz ist in den bisher übersetzten Texten im Vergleich zu den 1972 ausgegrabenen Texten auf Bambustäfelchen genau umgekehrt, das heißt bei der Verteidigung/Schutz verfügt man nicht über ausreichende Kräfte, beim Angriff über genügend. [8] Anmerkung: Im Chinesischen gilt die Mitte ebenfalls als eine Himmelsrichtung. [9] Yi ist ein altes Maß, entsprechend 24 Liang, oder einem Kilogramm. [10] Zhu entspricht 1/24 Liang. [11] Über das hier zitierte Werk, das in den Kommentaren zu Sunzi als Klassiker genannt wird, ist nichts weiter bekannt.
gegenüber einem Zhu [10] [1] Wörtlich der Weg »Dao«, der hier für das moralische Verhalten des Herrschers steht. [2] Wörtlich Yin und Yang. Yang steht für die Sonne, das Strahlende, die Helligkeit und den Tag, aber auch für den Sommer und gilt gleichzeitig als das männliche Element. Yin, das für das weibliche Element steht, ist die Dunkelheit, die Nacht, das Feuchte und Kühle und steht auch für Erde. [3] Die hier genannten Wagen mit vier nebeneinander vorgespannten Pferden sind durch die Funde in den Anlagen um das Grabmal des ersten Kaisers Qin Shihuangdi belegt. Die Wagen waren zweirädrig und wurden von einem einzigen Wagenlenker bedient. [4] Streitwagen wurden erst später durch die Kavallerie ersetzt. Unter dem ersten Kaiser war die Kavallerie, gerüstet mit leichten Sätteln, die mit einem Gurt festgezurrt wurden, im Kampf wesentlich effektiver als die Streitwagen, auf denen die Kämpfer mit einer Dolchlanze kämpften. [5] Ein Zhong war ein Hohlmaß in der Zhou-Zeit und entsprach vier Scheffel. [6] Ein Pikul entspricht 60,48 kg. [7] Der obige Satz ist in den bisher übersetzten Texten im Vergleich zu den 1972 ausgegrabenen Texten auf Bambustäfelchen genau umgekehrt, das heißt bei der Verteidigung/Schutz verfügt man nicht über ausreichende Kräfte, beim Angriff über genügend. [8] Anmerkung: Im Chinesischen gilt die Mitte ebenfalls als eine Himmelsrichtung. [9] Yi ist ein altes Maß, entsprechend 24 Liang, oder einem Kilogramm. [10] Zhu entspricht 1/24 Liang. [11] Über das hier zitierte Werk, das in den Kommentaren zu Sunzi als Klassiker genannt wird, ist nichts weiter bekannt.
auf der Waagschale zu vergleichen. Die geschlagene Armee hingegen kommt einem Zhu gegenüber einem Yi gleich. Den Sieg abzuwägen bedeutet, dass die siegende Armee wie Wasser ist, das in eine tiefe Schlucht stürzt. Das ist der Einsatz der eigenen Kapazitäten.
Kapitel 5
Kraft
Sunzi sprach:
Viele Soldaten zu leiten ist nicht anders als wenige zu führen, es ist alles eine Frage der richtigen Aufteilung ihrer Anzahl. Ob man mit vielen oder wenigen Soldaten kämpft, ist unerheblich, wichtig sind die Formation, die Kennzeichnung mit Standarten und die richtigen Signale. Eine große Armee kann dem Feind ohne Niederlage widerstehen, indem sie zum offenen Angriff übergeht und gleichzeitig überraschend aus dem Hinterhalt angreift. Der richtige Einsatz der Soldaten wirkt wie ein Schleifstein, der auf eine Eierschale trifft, es ist das Prinzip von leer und voll.
Allen Schlachten ist zu Eigen, dass die Armeen aufeinandertreffen, doch der Sieg wird durch den Überraschungsangriff entschieden. Wer sich auf die Kriegführung versteht, baut auf der Überraschungstaktik auf, wodurch die Kräfte der Armeen unerschöpflich werden wie Himmel und Erde und nicht zur Neige gehen wie Flüsse und Meer. Diese Angriffe enden und beginnen von Neuem wie Sonne und Mond, es ist ein Sterben und Wiederauferstehen, gleich den vier Jahreszeiten. Es gibt nur fünf Töne, doch durch verschiedene Kombinationen entstehen mehr Klänge, als man jemals hören kann. Es gibt nur fünf Farben, doch indem man sie mischt, bieten sie eine Vielfalt an Schattierungen, die das Auge nicht alle erfassen kann. Die Geschmacksrichtungen sind nicht mehr als fünf, doch die unterschiedliche Zusammensetzung erschafft so viele Nuancen, dass man sie nicht alle kosten kann. In der Schlacht und im Krieg gibt es nur die Situation des offenen und des verdeckten Kampfes, aber in Kombination liefert er ungeahnte Möglichkeiten. Der verdeckte und der offene Kampf bedingen sich gegenseitig, sie sind wie ein fortwährender Kreislauf ohne Anfang und Ende, wie sollten sie sich jemals erschöpfen?
Die Geschwindigkeit des Wassers kann Steine hinwegspülen, das ist Kraft. Das Herabstoßen eines Raubvogels, um sein Opfer zu vernichten, das ist Entschlossenheit. Wer sich gut auf den Kampf versteht, prüft seine Kraft und fällt eine sofortige Entscheidung. Kraft ist wie das Spannen der Armbrust, Entscheidung ist das Auslösen des Mechanismus, den Pfeil abzuschießen.
Im heillosen Durcheinander des Kampfgetümmels scheint nur Chaos zu herrschen und es ist dennoch kein Chaos. Inmitten des scheinbaren Durcheinanders muss das Heer ohne Anfang und Ende erscheinen, und es wird nicht besiegt werden. Chaos zu verursachen und es zu beherrschen, Ängstlichkeit vorzutäuschen und dennoch tapfer zu sein, Schwäche vorzutäuschen und dabei stark zu sein, sind die Listen des guten Kriegers. Das Chaos zu beherrschen ist auf vielerlei Weise möglich. Tapferkeit hinter Feigheit zu verstecken, ist ein Zeichen der inneren Kraft, Stärke hinter Schwäche zu verbergen, ist der äußere Schein, um den Feind zu täuschen.
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