Barbara Rieger (Hg.)
MUTTER WERDEN. MUTTER SEIN.
Autorinnen über die ärgste
Sache der Welt
Copyright © Leykam Buchverlagsgesellschaft m.b.H. Nfg. & Co. KG, Graz – Wien 2021
Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Geneh migung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Umschlaggestaltung: Christine Fischer
Satz und Typografie: Annalena Weber
Unter Verwendung von shutterstock.com/ OliaGraphics,
Gabriyel Onat und Mary Long
Lektorat: Tanja Raich
Korrektorat: Alexandra Dostal
Gesamtherstellung: Leykam Buchverlag
www.leykamverlag.at
ISBN 978-3-7011-8217-6
Gedruckt mit freundlicher Unterstützung durch die Kulturabteilung
der Stadt Wien, das Land Niederösterreich,
das Land Steiermark und das Land Kärnten.
VORWORT VORWORT Was bedeutet es heute, Mutter zu werden und Mutter zu sein? Welche Geschichten werden von und rund um Mutterschaft erzählt, welche gesellschaftlichen und persönlichen Ansprüche an die Mutterrolle gestellt? Und wie lässt sich Mutterschaft mit dem Schreiben, mit dem Beruf der Autorin, verbinden? Im vorliegenden Band setzen sich fünfzehn Autorinnen auf persönliche, essayistische und literarische Art und Weise mit diesen und anderen Fragen rund um Mutterschaft auseinander. Lesen Sie Kurzgeschichten, in denen Mütter und andere Personen, die Care-Arbeit verrichten, die Hauptrolle spielen. Lesen Sie über Geburt, Adoption und über die Möglichkeiten, alleine ein Kind zu bekommen. Lesen Sie über Blut, Milch, digitale Tinte, über Fleisch, das härter als Stahl ist, und fragen Sie sich, ob Sie bereit sind, ein Held zu sein. Lesen Sie eine Laudatio an eine Mutter, einen Brief an eine muttergewordene Schriftstellerin und ein Manifest der Mütter, die nicht schweigen. Egal, ob Sie Mutter sind, es werden oder niemals werden wollen oder können – die Beiträge in diesem Band werden Sie berühren, aufwühlen und zum Nachdenken anregen. Denn Mutter sein ist die ärgste, die schwierigste, intensivste und schönste Sache der Welt! Barbara Rieger, Juni 2021
BARBARA RIEGER
Das Natürlichste der Welt
FRANZISKA HAUSER
Wechseljahre treffen auf Pubertät, treffen auf Lockdown und erinnern an Mauerfall
KATJA BOHNET
Meine Mutter, die Serienmörderin
SANDRA GUGIĆ
Blut, Milch, Digitale Tinte
TERESA BÜCKER
Ist es radikal, ein Kind ohne Partner zu bekommen?
LENE ALBRECHT
Eine gute Frau
ELENA MESSNER
Brief an eine muttergewordene Schriftstellerin
GERTRAUD KLEMM
Sind das Ihre?
ANDREA GRILL
Bist du bereit, ein Held zu sein?
LYDIA MISCHKULNIG
Für Mutter mit Hirn
BARBARA PEVELING
Maske
HELENA ADLER
Nesteln
NAVA EBRAHIMI
Vor dem Morgengrauen
VERENA STAUFFER
Leben
SIMONE HIRTH
Wir wollen was. Ein Manifest
AUTORINNEN
Was bedeutet es heute, Mutter zu werden und Mutter zu sein? Welche Geschichten werden von und rund um Mutterschaft erzählt, welche gesellschaftlichen und persönlichen Ansprüche an die Mutterrolle gestellt? Und wie lässt sich Mutterschaft mit dem Schreiben, mit dem Beruf der Autorin, verbinden?
Im vorliegenden Band setzen sich fünfzehn Autorinnen auf persönliche, essayistische und literarische Art und Weise mit diesen und anderen Fragen rund um Mutterschaft auseinander.
Lesen Sie Kurzgeschichten, in denen Mütter und andere Personen, die Care-Arbeit verrichten, die Hauptrolle spielen. Lesen Sie über Geburt, Adoption und über die Möglichkeiten, alleine ein Kind zu bekommen. Lesen Sie über Blut, Milch, digitale Tinte, über Fleisch, das härter als Stahl ist, und fragen Sie sich, ob Sie bereit sind, ein Held zu sein. Lesen Sie eine Laudatio an eine Mutter, einen Brief an eine muttergewordene Schriftstellerin und ein Manifest der Mütter, die nicht schweigen.
Egal, ob Sie Mutter sind, es werden oder niemals werden wollen oder können – die Beiträge in diesem Band werden Sie berühren, aufwühlen und zum Nachdenken anregen. Denn Mutter sein ist die ärgste, die schwierigste, intensivste und schönste Sache der Welt!
Barbara Rieger, Juni 2021
Barbara Rieger
DAS NATÜRLICHSTE DER WELT
Was wir in der Schule gelernt haben: wie viele Samenzellen sich auf den Weg machen zu einer, zur einzigen Eizelle, wenn überhaupt.
Was wir später gelernt haben: Unsere Fruchtbarkeit nimmt im Lauf des Lebens ab.
Worüber wir sprechen, ohne Namen zu nennen: wie viele es wollen, versuchen, alles versuchen müssen, wie viel es kostet, wie oft es nicht klappt, bis es klappt, vielleicht.
Was wir uns fragen: wie das gehen soll mit einem Kind, mit mehreren Kindern, knapp hintereinander, wie das früher gegangen ist.
FRÜHER ist das doch auch gegangen, das Natürlichste der Welt , wir denken Schnapsschnuller , wir denken: Schreien stärkt die Lunge .
Wir hören in unserem Kopf: DAS HABEN SCHON ANDERE VOR UNS GESCHAFFT.
Was ich wissen will: ob mein Körper das kann, ob das WIRKLICH funktioniert mit den Spermien und den Eizellen, der einen Eizelle, ob ich die eine Hälfte meines Lebens ein Aufeinandertreffen verhindern und es dann zulassen, es darauf anlegen kann, und falls sie wirklich aufeinandertreffen, OB.
Was ich nur aus Filmen, aus Büchern kenne, BIS JETZT: zwei Streifen auf einem Schwangerschaftstest. UND: Ich rauche meine letzte Zigarette, ich kaufe mir mein erstes Buch ÜBER.
Was wir hören, DANN: Man sieht ja noch gar nichts! Der Bauch ist aber ganz schön klein! Der Bauch ist aber ganz schön groß! Sorry, wenn ich das sage, aber die Brüste sind riesig! Du musst jetzt für zwei essen . ODER: bloß nicht für zwei essen, das bekommst du nie wieder los .
Was wir denken: Wir haben zugenommen, wir haben JETZT SCHON so viel zugenommen, wir fühlen uns dick, blad, fett, wie eine Matrone , ein Walross ODER: weiblich und schön.
Was wir uns sagen: Wir werden später wieder rauchen, nach der Geburt zünde ich mir eine an , irgendwann wieder trinken. (Wir hören: Ein Glas schadet schon nicht . Wir lesen: Jede noch so kleine Menge schadet Ihrem Kind .) Bald können wir wieder die Katze streicheln, die Katzenkiste putzen, bald können wir wieder Rohkäse und Rohwurst essen UND.
Was niemand sagt: wie gut der frische Rauch von Zigaretten noch immer riecht, wie sehr der abgestandene Rauch, der Atem eines Rauchers stinkt, wie intensiv das Bier, das wir nicht trinken dürfen, riecht und wie grauenhaft alkoholfreies Bier schmeckt. Wie lange neun Monate sind und dass die anderen weiterleben wie bisher, UND.
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