Je besser wir in unserer eigenen Natur ruhen, desto unwahrscheinlicher wird ein Vulkan-Angst-Ausbruch und wir kommen mit TCM und Yoga ohne westliche Therapie durch. Diese Therapie bleibt dann als Notfallkoffer in einer Ecke griffbereit, aber unangetastet stehen. Doch auch die Psychotherapie kann helfen, in die eigene Mitte zu kommen. Sie sollte aber nicht als reine Angst-Bewältigungstherapie genutzt werden, sondern damit man sich selbst besser kennenlernt und Konflikte aus der Vergangenheit auflösen kann, die im Jetzt noch immer wirken.
Sie sehen also, die Übergänge zwischen West und Ost sind fließend. Beide Systeme lernen voneinander. Am Ende finden wir die Einheit, die wir uns für die Natur in uns und um uns wünschen.
Die Basis der TCMund damit der Pyramide bildet unsere Lebensführung, die Art, wie wir täglich leben:
Wie wir morgens aufstehen, den Tag beginnen, wie viel Zeit wir uns dafür nehmen, wie wir dreimal am Tag essen – wie schnell und was genau – und wie wir den ganzen Tag atmen;
wie viel Stress wir haben und wie wir damit umgehen, wie und wie viel wir uns bewegen, wie wir mit unseren Mitmenschen umgehen, mit den Tieren um uns, mit unserer Umwelt, welche Gefühle wir haben und wie wir sie ausleben;
ob wir Freude am Leben haben, Träume und Ziele und ob wir diese leben, wie gut wir am Abend nach unserem Tagwerk abschalten können, wie und wann wir uns ins Bett legen und wie und wie lange wir schlafen.
Am nächsten Tag beginnt es wieder von Neuem: wie wir in der Früh aufwachen, wie viel Energie wir haben und was wir mit dieser Energie anstellen. Die Chinesen sagen: „So wie der Morgen ist, ist der ganze Tag“ und „Eine Stunde am Morgen ist mehr wert als drei Stunden am Abend“. Die Lebensführung macht etwa 80 Prozent der TCM aus. Dazu kommen dann noch zwei ärztliche Methoden, die Akupunkturund die chinesischen Kräuter, zu je 10 Prozent.
Die tägliche Lebensführung ist auch die Basis des Yoga. Die Yoga-Philosophie beschäftigt sich unter anderem mit dem Umgang mit Mitmenschen, Tieren und der Umwelt, mit den eigenen Gefühlen wie Freude und Leid, Vertrauen und Glück, dem Bändigen des eigenen, sich immer wieder in den Vordergrund drängenden Egos und dem Finden des eigenen inneren Selbst. Der Yogawegbietet außerdem Körperübungen und Werkzeuge für die Atmung, Entspannung und Meditation an, die uns zusätzlich helfen, mit Stress, Angst und den Belastungen unseres Alltags zurechtzukommen. Yoga und TCM ergänzen einander perfekt. All dies integrieren wir in unsere Ost-Route.
Bis auf Akupunktur und chinesische Kräuter gehören alle Punkte zu den Hausaufgaben, die ich meinen Patienten in der Arztpraxis täglich verordne.
Damit das nicht zu lange dauert – weil auch ich ein eher ungeduldiger Westler bin –, nutze ich die Akupunktur vor allem, um Menschen schnellstmöglich seelisch zu helfen, und die chinesischen Kräuter, um eine oftmals bestehende Erschöpfung oder Blockade rasch auszugleichen.
Die Wirkung der Akupunkturkönnen Sie sich folgendermaßen vorstellen: Mit feinen Nadeln mache ich ganz kleine Wunden in Ihren Körper und zwinge ihn dadurch zu einer Wundheilung. Da meine Nadeln sehr klein sind, schafft jeder Körper diese Wundheilung ohne Probleme. Das Besondere an der Akupunktur ist das Wissen dahinter: Jeder Punkt an der Oberfläche des Körpers ist mit einer tieferliegenden Stelle oder einem Organ verbunden. Durch jahrtausendelanges Beobachten und Aufzeichnen kennt man heute die sogenannten Meridiane. Sie sind Verbindungslinien von einzelnen Punkten an der Körperoberfläche zu einem tieferliegenden Organ. Zum Beispiel befindet sich der Lungenmeridian an der Innenseite des Arms und hat eine Verbindung zur Lunge. So kann ich die Lunge behandeln, indem ich dort eine Nadel steche.
Die chinesischen Kräutersind die traditionellen Medikamente der TCM. Hinter dem Begriff „Kräuter“ verbergen sich pflanzliche, mineralische und tierische Stoffe, wobei wir hier im Westen fast ausschließlich mit den Pflanzenbestandteilen (also echten Kräutern) auskommen. Chinesische Kräuter werden entsprechend einer chinesischen Diagnose, welche durch Befragung, Puls- und Zungenschau gestellt wird, verschrieben. Sie können sich das so vorstellen: Durch die Symptome ist schon gut erkennbar, was der Körper wahrscheinlich braucht. Mit einer zusätzlichen Puls- und Zungenbetrachtung erkennt man noch viel besser, was dem Körper fehlt. Das, was ihm fehlt, wird möglichst perfekt mit den chinesischen Kräutern ersetzt. Der Körper wird sich nur dann alle Nährstoffe aus den Kräutern herausnehmen, wenn er sie wirklich benötigt. Wenn Sie also eine chinesische Kräutermischung zu sich nehmen, die Ihr Körper nicht braucht, wird er sich keine Nährstoffe herausnehmen und es passiert – nichts! Sie werden weder eine Verbesserung noch eine Verschlechterung merken. Die wunderbaren chinesischen Kräuter finden sich dann in Ihren Ausscheidungen wieder, also im Stuhl und Harn, und so manches Bakterium wird sich über diese gesunde Ausscheidung freuen.
In diesem Buch empfehle ich Ihnen die sogenannten W-Mischungen, „Weidinger-Mischungen“ oder „Mischungen für den Westen“. Mit ihnen können Sie praktisch nichts falsch machen. Es sind Erfahrungsmischungen der letzten 25 Jahre aus meiner Arztpraxis. 2014 erschien das Buch „Die chinesische Hausapotheke“ im Goldmann Verlag. In diesem werden die ersten 25 Mischungen, welche die Basis aller weiteren Mischungen sind, aufgelistet und genau erklärt. Alle W-Mischungen finden Sie auf meiner Homepage www.georgweidinger.com unter der Überschrift „W-Mischungen“ genau erklärt. Dort sehen Sie auch, wo man die Kräuter erhält. Prinzipiell erhalten Sie die W-Mischungen in all jenen Apotheken, die chinesische Kräuter führen. Auf der Homepage findet sich eine Liste von Apotheken, die Ihnen die W-Mischungen rezeptfrei – also ohne ärztliche Verordnung – verkaufen. Die Rücksprache mit Ihrem behandelnden Arzt oder Ihrer behandelnden Ärztin ist aber immer sinnvoll und zu empfehlen!
Prinzipiell empfehle ich für die chinesischen Kräuter die Darreichungsform des Granulats, da dieses am einfachsten zu handhaben ist und die Qualitätskontrolle durch die Apotheke erfolgt. Natürlich gibt es auch andere Darreichungsformen: Sie können die Kräuter auch als Rohdrogen verwenden und sich diese entweder selbst kochen oder von der Apotheke kochen lassen. Hydrophile Kräuter-Konzentrate wiederum sind eine geschmacksarme wässrige Darreichungsform für Kinder. Meiner Erfahrung nach funktioniert es bei den meisten Kindern aber auch mit den Granulaten sehr gut. Ihr Apotheker wird Ihnen das angegebene Granulat-Rezept für diese Darreichungsformen gerne umrechnen.
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