DARMFLORA
Damit der Darm seine lebenswichtigen Stoffwechselfunktionen bewerkstelligen kann, ist seine Schleimhaut mit unzählbaren Kleinstlebewesen besiedelt, die als Darmflora oder Mikrobiota bezeichnet werden. Sie wiegt rund ein halbes Kilo und setzt sich aus über 1000 gesunden Bakterienarten zusammen, die in einem harmonischen Gleichgewicht in einer Anzahl von über 100 Milliarden Einzelkeimen vorhanden sind. 85 Prozent sind nützliche Bakterien. Die restlichen 15 Prozent Fäulnisbakterien erzeugen beim Eiweißabbau toxische Substanzen. Vermehren sich die Fäulnisbakterien, ist der Darmtrakt irgendwann nicht mehr in der Lage, seine physiologischen Leistungen zur Erhaltung der Gesundheit zu vollbringen. Nicht nur die Aufnahme von Nährstoffen wird geschmälert, auch das körpereigene Immunvermögen wird massiv eingeschränkt.
Der Darm ist nämlich weit mehr als nur für die Verdauung zuständig – er ist auch mit einem gigantischen Immunsystem ausgestattet. Der faszinierende Mikrokosmos der gutartigen Bakterienmasse bildet einen voluminösen Abwehrapparat, der das Eindringen von krankmachenden Stoffen verhindert. Darüber hinaus aktivieren die probiotischen Bakterien, die sogenannten Bifidobakterien (Lactobacillus acidophilus) die Bildung von immunregulierenden Botenstoffen, die die Aufgabe haben, bestimmte Fremdkeime in der Ansiedlung zu hemmen und zu verdrängen. Je intakter und unbeschädigter die Darmflora, umso wirksamer ist ihre Abwehrfähigkeit gegen Infekte und mannigfache gesundheitsschädigende Störungen. Selbst das psychische Wohlbefinden wird dadurch Belastungen gegenüber gefestigt.
Experten sind der Überzeugung, dass der Darm ein eigenes Empfindungsvermögen besitzt. Neben dem Gehirn befindet sich die zweitgrößte Nervenansammlung des Körpers im Verdauungstrakt. Über hundert Millionen Nervenzellen durchziehen die Darmwände. Dieses autonome Nervensystem wird als »Bauchhirn« bezeichnet. Über den Vagus verlaufen bis zu 90 Prozent der Informationen vom Darm ins Gehirn und umgekehrt. Sind die natürlichen Verhältnisse der Darmflora gestört, machen sich unweigerlich Befindlichkeitsstörungen und deutliche psychische Beschwerden bemerkbar. Eine entsprechende Darmsanierung kann deshalb auch die mentale und seelische Verfassung verbessern.
BESCHWERDEBILD VON DYSBIOSEN
Durch mikrobiologische Stuhluntersuchungen (Bakterienkultur, Verfahren der Molekulargenetik, Dunkelfeld-Mikroskopie des Blutes) kann nachgewiesen werden, dass bei vielen Menschen das Darmmilieu mit seinen wichtigsten Leitbakterien gestört ist. Eine Fehlbesiedlung kann verschiedenartigste Unpässlichkeiten und Beschwerdebilder begünstigen. Oft fühlt man sich müde, abgeschlagen, kraftlos und seelisch ermattet. Man kämpft ununterbrochen gegen Verdauungsstörungen, Durchfall, Verstopfung, Blähungen, Völlegefühl, Appetitstörungen, ist dauernd erkältet oder anfällig für entzündliche Erkrankungen. Es zeigen sich Mangelerscheinungen, da Vitalstoffe wie Vitamine, Enzyme und Spurenelemente durch das Missverhältnis der Darmflora nicht mehr richtig aufgenommen und deshalb ungenutzt ausgeschieden werden. Auch Blutarmut infolge von Eisenmangel kann sich bemerkbar machen.
Schädliche Fäulnisbakterien können sich uneingeschränkt im Darm entwickeln und toxische Belastungen hervorrufen. Insbesondere fehlgeleitete Kolibakterien bilden bei der metabolischen Verarbeitung von Proteinen eine Reihe von toxischen Stoffen (zum Beispiel Indol und Skatol), die zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung führen. Indikan, ein Derivat des Fäulnisprozesses, verursacht einen üblen Geruch des Stuhls, des Urins, der Hautausdünstungen und des Schweißes.
Durch die Dysbakterie oder Dysbiose entsteht eine Tendenz zu Allergien, Haut- und Pilzerkrankungen, Bronchialasthma – fast jedes Organ kann durch den bakteriellen Flurschaden im Darm in Mitleidenschaft gezogen werden. Nicht zuletzt verzeichnet man eine drastische Zunahme von Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Bis zu 20 Prozent der Menschen in der westlichen Gesellschaft leiden an einer sogenannten Malabsorption, an einer oder mehreren Kohlenhydratintoleranzen wie Unverträglichkeiten auf Laktose (Milchzucker), Fruktose (Fruchtzucker), Sorbit oder auch Xylit, an Gluten-, Weizen- oder Histaminintoleranz (Wein, Hartkäse, Wurst). Etwa 30 Minuten nach Einnahme der entsprechenden Stoffe kämpfen die Betroffenen mit Blähungen, Durchfall, Kopfschmerzen, Migräne, nervlicher Anspannung, Reizbarkeit oder Schlaflosigkeit. Zudem können die unverträglichen Substanzen Überreaktionen des Immunsystems verursachen, wobei sich der Körper im Sinne einer Autoimmunerkrankung gegen sich selbst richtet.
URSACHEN
Hauptverursacher einer Dysbiose der Darmflora ist der zu häufige Einsatz von Antibiotika, die bei der Bekämpfung von Entzündungszuständen nicht nur die schädlichen, sondern auch die nützlichen Bakterien zerstören. Das Darmmilieu braucht danach mitunter über 6 Monate, bis es sich von der Beeinträchtigung erholt hat, nicht selten bleibt eine Schädigung zurück. Antibiotika sind nichts Schlechtes und bei gewissenhaftem Einsatz können sie sogar Leben retten – das ist unbestreitbar. Aber nicht jeder Infekt erfordert den Einsatz eines Breitband-Antibiotikums, also eines Abwehrmittels gegen breitgefächerte bakterielle Krankheitskeime. Vor allem in der Kinderheilkunde sowie bei geringfügigen Entzündungen sollte dies beachtet werden, und bei viralen Infektionen sind Antibiotika fehl am Platz, da sie virale Keime nicht eliminieren können.
Antibiotische Substanzen entwickeln im Darmtrakt sogenannte ökologische Nischen für krankhafte Keime wie den Hefepilz Candida albicans, die das Risiko für Allergien, Bronchialasthma, Neurodermitis, Darmentzündungen und Mykosen (Pilzinfektionen) begünstigen. Ferner können Missverhältnisse zwischen aeroben Keimen (in Sauerstoff lebende Bakterien) und anaeroben Keimen (ohne Sauerstoff lebende Bakterien) entstehen. Das Ungleichgewicht führt häufig zu einem geschwächten Immunsystem, was beim Kranken die Anfälligkeit für rezidive Infekte, Hautbeschwerden und Entzündungen fördert.
Schließlich gibt es bekannte Nebenwirkungen von Antibiotika, die in der Medizin AAD oder Antibiotikaassoziierte-Diarrhö genannt werden. Dabei wird lediglich auf den Durchfall Bezug genommen; mitunter treten aber auch Juckreiz, Blähungen, Bauchweh, Kopfschmerzen, Reizbarkeit und eine Verschlechterung bestehender Krankheitsbilder in Erscheinung.
Ein leidiges Thema sind auch in Nahrungsmitteln versteckte Antibiotika – eine enorme Belastung für die natürliche Darmflora. Ihr Einsatz ist in der Nutztierhaltung sehr verbreitet; in der Massentierhaltung müssen diese Medikamente periodisch, ja sogar prophylaktisch eingesetzt werden, ansonsten sich Krankheiten unter den Tieren ausbreiten. Da sich die Rückstände im Fleisch anreichern, hat dessen Antibiotikabelastung heute ein äußerst bedenkliches Maß erreicht. Bei der Ernährung von Kindern, Schwangeren, stillenden Müttern, Kranken und betagten Menschen wirkt sich dies besonders abträglich aus. Auch in anderen Lebensmitteln, in der Milch, aber selbst im Honig und in Früchten können derartige Rückstände nachgewiesen werden.
Eine weitere Schädigung der natürlichen Darmflora findet bei der Verwendung von Hormonpräparaten statt, ebenso bei der Langzeiteinnahme gewisser Medikamente wie Cortison, Magensäureblocker und Antimykotika – sie fördern sogar die Bereitschaft für Reizdarm und Darmentzündungen. Nachteilig wirkt auch das Chlor im Trinkwasser – zur Eliminierung eignen sich Wasserfilter, die nicht nur in der Küche, sondern auch an der Duschbrause im Badezimmer montiert werden können.
Letztlich sind auch der übermäßige Konsum von Zucker, Abführmitteln, Fehlernährung, Übersäuerung des Organismus, chemische Nahrungsmittelzusätze und Schwermetalle in Lebensmitteln als die natürliche Darmflora schädigende Faktoren zu nennen.
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