a) Briefwahl.Die Möglichkeit der Briefwahl wurde 1956 für die Bundestagswahl und 1962 für die Landtagswahl eingeführt. Mehrere Gesetzesanträge der CDU, die Briefwahl auch bei den Kommunalwahlen einzuführen, wurden vor allem unter Hinweis auf die Gefährdung des Wahlgeheimnisses von der Landtagsmehrheit abgelehnt. 47Das Bundesverfassungsgericht stellte 1961 fest, dass keine verfassungsrechtliche Pflicht des Gesetzgebers zur Einführung der Briefwahl bestehe. 48Erst 1967 – die CDU war inzwischen Regierungspartei – wurde die Briefwahl durch fast einstimmigen Beschluss des Landtags auch für die niedersächsischen Kommunalwahlen eingeführt (G 7). Gleichzeitig wurden die Bestimmungen über das Ruhen des Wahlrechts von Straf- und Untersuchungshäftlingen, die jetzt auf brieflichem Wege an der Wahl teilnehmen konnten, aufgehoben (G 6). Der anfängliche Ausschluss der Übersendung von Briefwahlunterlagen bei Stichwahlen (G 28) ist 2001 insoweit gelockert worden, dass ihn die Wahlleitung nur noch bei Vorliegen besonderer Umstände anordnen kann (G 29). Schließlich ist die Briefwahl dadurch erleichtert worden, dass in Übereinstimmung mit dem Bundestagswahlgesetz und dem Europawahlgesetz die Erteilung eines Wahlscheins auf Antrag ohne die Angabe und Glaubhaftmachung von Hinderungsgründen möglich ist (G 36).
b) Stimmbezirk, Wahlbezirk, Wahlbereich.Der Begriff „Stimmbezirk“ wurde 1977 in Angleichung an das Bundeswahlrecht durch den Begriff „Wahlbezirk“ ersetzt (G 18). Bis dahin hatte der Wahlbezirk die für die Aufstellung der Wahlvorschläge maßgebliche Untergliederung des Wahlgebiets bezeichnet. An seine Stelle trat jetzt der neu geschaffene Begriff „Wahlbereich“. Die an der Zahl der zu wählenden Vertreter orientierte Anzahl der Wahlbereiche (bzw. zuvor Wahlbezirke) der einzelnen Wahlgebiete wurde mehrfach geänderten Verhältnissen angepasst (G 1, 12, 16, 18 und 36).
c) Reihenfolge der Wahlvorschläge.Für die Reihenfolge der Wahlvorschläge auf dem Stimmzettel war seit 1961 nicht mehr das Ergebnis der letzten Landtagswahl maßgebend, sondern die Stimmenzahl, die die mit mindestens einem Mandat vertretenen Parteien, Wählergruppen und Einzelbewerber bei der letzten Wahl im Wahlgebiet errungen hatten (G 5).
d) Stimmenzählgeräte.Im Jahre 1985 wurden die Möglichkeit zur Verwendung von Stimmenzählgerätenund die Ermächtigung zum Erlass einer entsprechenden Durchführungsverordnung, von der nie Gebrauch gemacht worden war, gestrichen (G 23). Nach einem erfolgreichen Einsatz bei der Europawahl 1999 sollte nach dem Gesetzentwurf der Landesregierung vom 27.9.2000 (LT-Drs. 14/1905) der Einsatz rechnergesteuerter Wahlgeräte auch bei Kommunalwahlen ermöglicht werden. Der Landtag hat nach den Problemen mit diesen Geräten bei den Präsidentschaftswahlen in den USA 2000 davon abgesehen. Seit 2006 ist der Einsatz nach weiterer erfolgreicher Erprobung anlässlich der Bundestagswahl 2002 und der niedersächsischen Landtagswahl 2003 auch bei den Kommunalwahlen möglich (G 32).
e) Fristen.Die für die Aufstellung und Einreichung der Wahlvorschläge zur Verfügung stehende Zeitspannewurde erweitert(G 24).
f) Geschlechtsneutrale Begriffe.Durch die Einführung geschlechtsneutraler Begriffe (Ersatzperson, Vertrauensperson) wurde die sprachliche Diskriminierung der Frauen abgebaut (G 24).
g) Wahlordnungen.In den parallel zu den Gesetzesänderungen geänderten bzw. neu gefassten Wahlordnungen finden sich Ausführungsvorschriften zu den Einzelheiten des Wahlverfahrens. 49Sie enthalten aber auch wichtige materielle Bestimmungen. Hierzu gehören z. B. die 1972 erlassenen Sonderregelungen für einzelne Neuwahlen, für die insbesondere im Hinblick auf die zahlreiche Neuwahlen nach sich ziehende Gebietsreform ein Bedürfnis bestand. 1985 wurden die Bestimmungen über das Briefwahlverfahren strenger gefasst, um einer weiteren Zunahme der Briefwahlquote und der mit der Briefwahl verbundenen Gefahr einer unzulässigen Wählerbeeinflussung entgegenzuwirken. Weitere Änderungen der NKWO betrafen die Aufnahme einer Reihe von Datenschutzbestimmungen und eine weitgehende Harmonisierung zwischen Landes- und Bundeswahlrecht einerseits sowie zwischen Landtags- und Kommunalwahlrecht andererseits.
Niedersächsisches Kommunalwahlgesetz (NKWG)
in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Januar 2014 (GVBl. S. 35), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 10. Juni 2021 (Nds. GVBl. S. 368 1)
Erster Teil:Allgemeines
§ 1Geltungsbereich
§ 2Begriffsbestimmungen
§ 3aufgehoben
§ 4Wahlgrundsätze, Wahlsystem
§ 5Ausübung des Wahlrechts
§ 6 Allgemeiner Kommunalwahltag
Zweiter Teil:Wahl der Abgeordneten
Erster Abschnitt:Gliederung des Wahlgebiets
§ 7Wahlbereiche
§ 8Wahlbezirke, Wahlräume
Zweiter Abschnitt:Wahlorgane und Wahlehrenämter
§ 9Wahlleitung
§ 10Wahlausschuss
§ 11Wahlvorstand
§ 12Tätigkeit der Wahlvorstände
§ 13Wahlehrenämter
Dritter Abschnitt:Wahlvorbereitung und Wahlvorschläge
§ 14Landeswahlleiterin oder Landeswahlleiter, Landeswahlausschuss
§ 15aufgehoben
§ 16Wahlbekanntmachung der Wahlleitung
§ 17aufgehoben
§ 18Wählerverzeichnis
§ 19Wahlschein
§ 20aufgehoben
§ 21Wahlvorschläge
§ 22Wahlanzeige
§ 23Beschränkungen hinsichtlich der Wahlvorschläge
§ 24Bestimmung der Bewerberinnen und Bewerber
§ 25Rücktritt, Tod und Verlust der Wählbarkeit von Bewerberinnen und Bewerbern
§ 26Änderung und Zurückziehung von Wahlvorschlägen
§ 27Vorprüfung der Wahlvorschläge und Mängelbeseitigung
§ 28Zulassung und Bekanntgabe der Wahlvorschläge
§ 29Stimmzettel
Vierter Abschnitt:Wahlhandlung
§ 30Stimmabgabe
§ 30aGültigkeit der Stimmen
§ 30bWahlgeräte
§ 31Briefwahl
§ 32Wahrung des Wahlgeheimnisses; Wahlurnen
§ 33Öffentlichkeit der Wahl, Wahlwerbung, Unterschriftensammlung, Wählerbefragung
Fünfter Abschnitt:Feststellung und Bekanntgabe des Wahlergebnisses
§ 34Feststellung des Wahlergebnisses in den Wahlbezirken
§ 35Feststellung des Wahlergebnisses in den Wahlbereichen
§ 36Feststellung des Wahlergebnisses im Wahlgebiet mit einem Wahlbereich
§ 37Feststellung des Wahlergebnisses im Wahlgebiet mit mehreren Wahlbereichen
§ 38Ersatzpersonen
§ 39Bekanntgabe des Wahlergebnisses
§ 40Annahme der Wahl
Sechster Abschnitt:Wahlen aus besonderem Anlass
§ 41Nachwahl
§ 42Wiederholungswahl
§ 43Einzelne Neuwahl
§ 43aNeuwahl bei Bildung oder Umbildung einer Samtgemeinde zum Beginn der Wahlperiode
Siebter Abschnitt: Ersatz von Abgeordneten, Ausscheiden von Ersatzpersonen
§ 44Ersatz von Abgeordneten
§ 45Ausscheiden von Ersatzpersonen
Dritter Teil:Direktwahl
Erster Abschnitt:Allgemeines
§ 45aAnwendung von Vorschriften über die Wahl der Abgeordneten
§ 45bWahltag, Wahlzeit, Wahlbekanntmachung
§ 45cWahlleitung und Wahlausschuss
Zweiter Abschnitt:Erste Wahl
§ 45dBewerberbestimmung, Wahlvorschläge
§ 45eStimmzettel, Stimmabgabe
§ 45fFeststellung des Wahlergebnisses in den Wahlbezirken
§ 45gFeststellung des Wahlergebnisses im Wahlgebiet
§ 45hAnnahme der Wahl
§ 45iWahl bei vorzeitigem Ausscheiden der Amtsinhaberin oder des Amtsinhabers
Dritter Abschnitt:Stichwahl, Wiederholungswahl, neue Direktwahl, Abwahl
§ 45jAllgemeine Regelungen zur Stichwahl
§ 45kWählerverzeichnis für die Stichwahl
§ 45lErgebnis der Stichwahl
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