Geholfen haben uns bei diesem Experiment viele Menschen, denen wir hier nicht allen namentlich danken können. Erwähnt seien diejenigen, die uns Rechte und Vorlagen für Abbildungen zur Verfügung stellten – sie sind bei den Bildnachweisen aufgeführt –, darüber hinaus die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Böhlau Verlages – stellvertretend nenne ich unsere Lektorin, Frau Dorothee Rheker-Wunsch –, die es ermöglicht haben, dass aus unserem Manuskript ein schönes Buch geworden ist.
Die Russische Revolution hat die Welt verändert, und bis heute wird sie unterschiedlich bewertet. Mit diesem Buch legen wir eine Einführung in dieses Thema vor, die zu einer ersten Urteilsbildung befähigt und zu einer weiteren Beschäftigung anregen soll.
Basel, im April 2007
Heiko Haumann [<<7] Seitenzahl der gedruckten Ausgabe
Vorwort zur überarbeiteten Neuauflage
Die Neuausgabe unseres Buches erscheint zum 100. Jahrestag der Russischen Revolution. Zehn Jahre sind seit der Erarbeitung der ersten Auflage vergangen. Die damaligen Autorinnen und Autoren sind inzwischen nicht mehr alle an der Universität Basel tätig. Dennoch hat sich unser Team noch einmal zusammengefunden, um die einzelnen Beiträge zu überarbeiten und neue Forschungsergebnisse zu berücksichtigen. Darüber hinaus konnten wir zusätzliche Abbildungen einfügen. Diese können als eigenständige Quellen gelesen werden. Beibehalten wurden unsere Ziele, die wir vor zehn Jahren formuliert haben, und der Ansatz, den revolutionären Prozess aus der Sicht der betroffenen Menschen, aus einer lebensweltlichen Perspektive darzustellen.
Allen, die am Zustandekommen der Neuausgabe beteiligt waren, sei herzlich gedankt. Ein besonderer Dank für die wie immer zuverlässige Betreuung geht an Dorothee Rheker-Wunsch, Julia Beenken und Ralf Kapalla vom Böhlau Verlag. Ebenso danken wir Anja Borkam für das sorgfältige Korrektorat.
Wie schon bei der ersten Auflage hoffen wir, dass das Buch dazu beiträgt, sich mit dem Thema vertieft zu beschäftigen, und eine eigene Urteilsbildung ermöglicht. Auf diese Weise kann die Erinnerung an ein Geschehen wachgehalten werden, das tief in das Leben der Menschen eingriff und bis heute weit über Russland hinaus nachwirkt.
Basel, im April 2016
Heiko Haumann [<<9] Seitenzahl der gedruckten Ausgabe
Vorbemerkung zur Schreibweise russischer Wörter, zur Datierung, zu den Nachweisen und zum Glossar
Russische Wörter werden nach der im deutschsprachigen Raum üblichen wissenschaftlichen Umschrift wiedergegeben, soweit sich nicht eine andere Schreibweise allgemein eingebürgert hat (z. B. Zar, Bolschewiki, Sowjet). Dies gilt auch für Personennamen, es steht also z. B. Trockij statt Trotzki. Dabei sind auszusprechen:
ė wie ein offenes, breites e
c wie z
č wie tsch
š wie sch
šč wie schtsch
v wie w
z wie s in Rose
ž wie g in Passagier
y wie ein dumpfes i
Ein ’ hinter einem Konsonanten bedeutet, dass dieser weich, ein - hinter einem Konsonanten bedeutet, dass dieser hart gesprochen wird.
Der besseren Lesbarkeit halber werden meistens die deutschen und nicht die russischen Bezeichnungen verwendet. Falls russische Begriffe vorkommen, werden sie, soweit sie keine festen Begriffe im Deutschen geworden sind, in der Regel im Text klein und kursiv geschrieben. In wörtlichen Quellenzitaten wird die jeweilige Schreibweise beibehalten.
Die Datierung richtet sich, wenn nicht anders vermerkt, nach dem jeweils gültigen Kalender. In Russland galt bis zum 1./14. Februar 1918 der Julianische Kalender. Für eine Umrechnung auf die Zeitrechnung in den Ländern, die der Gregorianischen Kalenderreform von 1582 gefolgt waren, muss man den russischen Daten im 19. Jahrhundert 12 und in den Jahren von 1900 bis 1918 13 Tage hinzuzählen. Die Februarrevolution hatte sich nach Julianischem Kalender am 27. Februar 1917 in Petrograd [<<11] Seitenzahl der gedruckten Ausgabe durchgesetzt, nach Gregorianischem am 12. März. Die Oktoberrevolution fand am 25. Oktober bzw. am 7. November statt.
Aufgrund des knappen Umfangs ist ein ausführlicher Anmerkungsapparat nicht möglich. Nachgewiesen werden lediglich Zitate im Text.
Im Glossar werden häufig wiederkehrende und spezifische Begriffe kurz erklärt. Sie sind im Text – in jedem Kapitel bei ihrer Ersterwähnung – optisch hervorgehoben und werden im Register fett gedruckt. Begriffe, die mindestens an einer Stelle im Text ausführlich erläutert werden, wie etwa Namen und Ziele von Parteien, tauchen nicht unbedingt noch einmal im Glossar auf, sondern sind über das Sachregister leicht aufzufinden. [<<12]
Im Januar 1923 blickte Vladimir I. Lenin, der bereits schwer erkrankte erste sowjetische Regierungschef, noch einmal auf die Oktoberrevolution von 1917 zurück. Dabei setzte er sich mit dem Vorwurf auseinander, die Bolschewiki seien zu überstürzt an den Aufbau einer neuen Gesellschaftsordnung herangegangen. Russland sei noch nicht „reif“ für den Sozialismus gewesen, habe noch ein zu niedriges Kulturniveau, eine zu wenig entwickelte Zivilisation gehabt. Dem hielt er entgegen: „Wie aber, wenn die völlige Ausweglosigkeit der Lage, wodurch die Kräfte der Arbeiter und Bauern verzehnfacht wurden, uns die Möglichkeit eines anderen Übergangs eröffnete, um die grundlegenden Voraussetzungen der Zivilisation zu schaffen, als in allen übrigen westeuropäischen Staaten? […] Wenn zur Schaffung des Sozialismus ein bestimmtes Kulturniveau notwendig ist (obwohl niemand sagen kann, wie dieses bestimmte ‚Kulturniveau‘ aussieht, denn es ist in jedem westeuropäischen Staat verschieden), warum sollten wir also nicht damit anfangen, auf revolutionärem Wege die Voraussetzungen für dieses bestimmte Niveau zu erringen […].“ Revolutionen würden nicht nach dem Lehrbuch gemacht. Man habe nicht alle Einzelheiten der Entwicklung voraussehen können, aber, wie schon Napoleon geschrieben habe: „On s’engage et puis … on voit. In freier Übersetzung bedeutet das etwa: ‚Zuerst stürzt man sich ins Gefecht, das weitere wird sich finden.‘“1
Und auch die deutsche Kommunistin polnisch-jüdischer Herkunft, Rosa Luxemburg, die 1918 von den Bolschewiki eine stärker sozialistisch orientierte Politik und die Freiheit auch „des anders Denkenden“ eingefordert hatte, hob hervor, dass die russischen Kommunisten dem internationalen Proletariat vorangegangen seien und als bis jetzt einzige ausrufen könnten: „Ich hab’s gewagt!“2 Beide Zitate zeigen, welche [<<13] Seitenzahl der gedruckten Ausgabe weit über Russland hinausreichende Bedeutung der Umsturz im Oktober 1917 hatte. Er war die Folge einer sich radikalisierenden Entwicklung gewesen, ihm hatte kein fest umrissenes Programm für den Aufbau des Sozialismus zur Verfügung gestanden, und es war nicht alles so gelaufen, wie die Kommunisten es sich erhofft und wofür sie so viel gewagt hatten. Bei Lenin spüren wir sogar ein wenig Resignation und das trotzige „Dennoch!“, den Sozialismus doch zu erreichen – eine Erwartung, die spätestens im Terror des Stalinismus versinken sollte.
Dass die Bolschewiki überhaupt in die Lage versetzt wurden, sich zu entscheiden, ob sie den Umsturz wagen sollten, ging auf den Verlauf des Jahres 1917 zurück. Am Anfang stand die Februarrevolution, mit der die Zarenherrschaft gestürzt und eine republikanisch-demokratische Gesellschaftsordnung errichtet wurde. Innerhalb weniger Monate gipfelten die Vorgänge in einer neuen Umwälzung: Zwei Revolutionen verschmolzen in einem Prozess. In diesem Buch sollen die Ursachen dieses revolutionären Prozesses ebenso dargelegt werden wie die wichtigsten Ereignisse des Jahres 1917, seine Folgen und Ergebnisse, die Hoffnungen und Enttäuschungen, die langfristigen Utopien und die Resonanz in der Welt.
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