Mein Ziel im Weiteren ist es, einen Zugang zu dem sich in den letzten Jahren nachhaltig entwickelnden Bereich der transkulturellen Kommunikation zu bieten. Meine Argumentation steht dabei in enger Beziehung zu den Darlegungen in dem Buch »Medienkultur. Die Kultur mediatisierter Welten«. In »Medienkultur« geht es gewissermaßen um einen Blick »in« einzelne Kulturen hinein. Dort habe ich mich damit befasst, was Kulturen charakterisiert, wenn sie mediatisiert sind. In »Transkulturelle Kommunikation« rückt der Kontakt der verschiedenen mediatisierten Kulturen in den Vordergrund. Im Zentrum steht also der Blick auf das Verhältnis »zwischen« Medienkulturen, ein Verhältnis, das durch transkulturelle Kommunikation gekennzeichnet ist.
Diese Betrachtung ist stets mit zwei Problemen konfrontiert: Erstens kann sie in einem Buch nie die gesamte Welt abdecken. Dazu sind die Zusammenhänge, um die es geht, viel zu reichhaltig. Zweitens ist sie stets von einem gewissen Standpunkt aus geschrieben, indem jede derartige Beschreibung eine Beobachterposition hat, die als solche nie vollkommen »neutral« sein kann. Um beide Probleme zumindest ansatzweise zu lösen, argumentiere ich auf den folgenden Seiten exemplarisch. Das heißt, für alle im Weiteren interessierenden Phänomene und Fragen werden solche Beispiele herausgegriffen und beschrieben, die ich zumindest für den aktuellen Zeitpunkt als charakteristisch ansehe. Die Argumentationsgrundlage legen dabei zumeist empirische wissenschaftliche Studien, wobei deren Methodiken vielfältig sind und von umfassenden standardisierten Befragungen und Inhaltsanalysen bis hin zu Fallstudien reichen. Herangezogen werden daneben Überblickswerke anderer Kolleginnen und Kollegen. In manchen Fällen stützt sich meine Argumentation auch auf eher journalistische Arbeiten. Dies ist insbesondere dort der Fall, wo es um sehr aktuelle Entwicklungen geht und keine anderen Datenquellen zu finden gewesen sind.
Zum Standpunkt, von dem aus ich argumentiere, ist zu sagen, dass dieser durch die Sprachen, die ich beherrsche (Deutsch und Englisch), gekennzeichnet ist. Hinzu kommt, dass gerade bei einer Auseinandersetzung mit transkultureller Kommunikation die eigene kulturelle Verortung eine Rolle spielt. In meinem Fall ist dies die eines Europäers, der in erheblichem Maße auch Potenziale transnationaler Vergemeinschaftung und Vergesellschaftung sieht, wofür die EU ein Beispiel ist. Mit der eigenen kulturellen Positionierung kann man vermutlich nur so umgehen, indem man sie, wie[15] hier geschehen, explizit macht und wo nötig weiter reflektiert. Wirklich umgehen lässt sie sich nicht.
Beides in Kombination – die notgedrungen exemplarische Argumentation und die eigene sprachlich-kulturelle Positionierung – hat dazu geführt, dass verschiedene weitere Beispiele, die für eine vertiefende Betrachtung von Fragen der transkulturellen Kommunikation von großem Interesse wären, in diesem Buch nicht weiter verfolgt werden konnten. Dies betrifft vor allem den afrikanischen, asiatischen und lateinamerikanischen Raum. Ich habe mir aber große Mühe gegeben, an entsprechenden Stellen auf die Arbeiten von Kolleginnen und Kollegen zu verweisen. Wie gesagt geht es in diesem Buch nicht darum, so etwas wie eine »Weltgeschichte der Globalisierung von Medienkommunikation« zu schreiben. Ein solches Buch wäre ein anderes Projekt, auch wenn erste Ansätze dazu bestehen (beispielsweise Mattelart 1999 oder Tunstall 2007). Es geht mir darum, möglichst konzis den Ansatz der transkulturellen Kommunikation vorzustellen. Dieser wäre meines Erachtens ein wichtiger Bezugspunkt auch für das Schreiben einer solchen Weltgeschichte. Ebenso erscheint er mir wichtig – und das ist möglicherweise noch entscheidender – für ein ganz alltägliches und kritisches Verständnis dessen, was mit fortschreitender Globalisierung und Mediatisierung in unserer Welt so vor sich geht.
Meine weitere Darstellung gliedert sich – neben dieser Einleitung und dem Ausblick – in fünf größere Teile. Das Kapitel »Zugänge zu transkultureller Kommunikation« stellt den Ansatz der transkulturellen Kommunikation aus verschiedenen Perspektiven vor. Es geht darum zu verstehen, dass Transkulturalität nicht einfach eine weitere Vergleichsebene ist, die der der Interkulturalität und Internationalität hinzuzufügen ist. Vielmehr konkretisieren sich im Begriff der transkulturellen Kommunikation ein bestimmtes Verständnis der Folgen der Globalisierung, eine postkoloniale Kritik und eine methodologische Reflexion. Diese drei zusammengenommen machen die originäre Zugangsweise der transkulturellen Kommunikation aus.
Das sich anschließende Kapitel befasst sich mit Regulationen und Infrastrukturen transkultureller Kommunikation. Inwieweit haben politische Agenden die Globalisierung der Medienkommunikation beschleunigt? Wie konnten globalisierte Infrastrukturen der Medienkommunikation entstehen? Für eine Auseinandersetzung damit ist ein vergleichender Blick auf die unterschiedlichen Mediensysteme der Welt von großem Vorteil. Die Beziehung zwischen Fragen transkultureller Kommunikation und Regulation kann aber nicht auf die Frage reduziert werden, wie bestimmte Medienpolitiken die Globalisierung der Medien befördert haben. Umgekehrt ist die Globalisierung der Medienkommunikation selbst für die (Medien-)Politik eine Herausforderung: Früh wurde dies in der medien- und kommunikationspolitischen Diskussion der UNESCO gesehen, wo bereits in den 1970er-Jahren die Forderung nach einer neuen Weltinformations- und Kommunikationsordnung laut wurde. Aktuell wird dieser Rückbezug an Konzepten einer Global Governance der Medien deutlich – also anhand von Versuchen, »globale Medien« durch selbst-»globalisierte Regulationen« zu steuern.
[16]Das Kapitel, »Medienproduktion und deren transkulturelle Kontexte«, setzt sich mit der Produktion transkultureller Kommunikation auseinander. Behandelt wird im weitesten Sinne, welche Unternehmen Medieninhalte anbieten, die »transkulturell verfügbar« sind und durch welche Produktionskulturen sich diese Medienkonzerne auszeichnen. Diskutiert wird weiter das Entstehen von transkulturellen Formen des Journalismus. Daneben interessieren – spätere Überlegungen im sechsten Kapitel vorbereitend – alternative Formen der transkulturellen Medienproduktion. Zum Schluss widmet sich das dritte Kapitel dem Phänomen globaler Medienstädte als herausragende Lokalitäten einer transkulturell orientierten Medienproduktion.
Von der Medienproduktion weg bewegt sich das darauffolgende Kapitel hin zu den Medienprodukten bzw., um konkreter zu sein, zu transkulturellen Medienrepräsentationen. Dabei beginnt das Kapitel mit dem Bereich, der immer wieder stark die Diskussion um transkulturelle Kommunikation gekennzeichnet hat, nämlich dem des Films. Dieser wird anhand der Beispiele Hollywood, Bollywood und Nollywood fokussiert. Dann wechselt der Schwerpunkt zu Produktimporten und Formatadaptionen, durch die im fiktionalen Bereich weitere transkulturelle Kommunikationsbeziehungen geschaffen werden. Anschließend wird die Frage diskutiert, inwieweit transkulturelle Nachrichtenartikulationen und damit auch politische Öffentlichkeiten bestehen. Abgeschlossen wird das Kapitel mit einer Betrachtung von Medienereignissen – vielleicht dem Phänomen auf Repräsentationsebene, das für eine Auseinandersetzung mit Fragen transkultureller Kommunikation die höchste Relevanz hat.
Das folgende Kapitel »Medienaneignung und Transkulturation« beschäftigt sich mit transkultureller Kommunikation aus der Sicht des Medienhandelns von Menschen in deren Alltag. Zuerst wird hier ein Begriff von Medienaneignung als Prozess der kulturellen Lokalisierung erarbeitet. Dieses Verständnis ermöglicht es, die Diskussion um einen »digital divide« in mediatisierten Alltagswelten aus einer anderen Perspektive zu sehen als bisher. Dies führt dann zu sich mit transkultureller Kommunikation verändernden Gemeinschaften und Vergemeinschaftungen, den medienbezogenen Identitäten von Menschen in verschiedenen kulturellen Kontexten und sich hieraus ergebenden Herausforderungen für die (politische) Bürgerschaft.
Читать дальше