Udo Schnelle - Theologie des Neuen Testaments

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Dieser Band stellt umfassend die Theologie des Neuen Testaments auf dem Stand der internationalen Forschung dar. Dem grundlegenden Abschnitt zur Verkündigung Jesu folgen umfangreiche Kapitel über Paulus, die Logienquelle, die synoptischen Evangelien, die Apostelgeschichte, die Deuteropaulinen, die johanneische Literatur u. a. Dabei werden in jedem Kapitel Theologie, Christologie, Pneumatologie, Soteriologie, Anthropologie, Ethik, Ekklesiologie und Eschatologie behandelt. Der Band ist nicht nur ein wissenschaftlich fundiertes Grundlagenwerk, sondern durch Inhalt und Struktur auch fächerübergreifend und für allgemein Interessierte attraktiv.

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12 Vgl. J. STRAUB, Über das Bilden von Vergangenheit, in: J. Rüsen (Hg.), Geschichtsbewusstsein, Köln/Weimar 2001, (45–113) 45: „Repräsentationen von Ereignissen und Entwicklungen liefern keine mimetischen Abbilder einstiger Geschehnisse, sondern an Deutungs- und Verstehensleistungen gebundene Auffassungen eines Geschehens. Solche Auffassungen werden aus der Perspektive einer Gegenwart von bestimmten Personen gebildet, sind also von deren Erfahrungen und Erwartungen, Orientierungen und Interessen unmittelbar abhängig.“

13 Vgl. dazu H.-J. GOERTZ, Umgang mit Geschichte, 130–146.

14 Vgl. H.-J. GOERTZ, Unsichere Geschichte, Stuttgart 2001, 29.

15 Vgl. dazu J. KOCKA, Angemessenheitskriterien historischer Argumente, in: W.J. Mommsen/J. Rüsen (Hg.), Objektivität und Parteilichkeit, München 1977, 469–475.

16 Zum Deutungsbegriff vgl. J. LAUSTER, Religion als Lebensdeutung. Theologische Hermeneutik heute, Darmstadt 2005, 9–30; vgl. ferner U. SCHNELLE, Offenbarung und/oder Erkenntnis der Vernunft? Zur exegetischen und hermeneutischen Begründung von Glaubenswelten, in: Chr. Landmesser/A. Klein (Hg.), Offenbarung – verstehen oder erleben?, Neukirchen 2012, 119–137.

17 J.G. DROYSEN, Historik, 69. Über geschichtliche Sachverhalte urteilt Droysen, ebd., zutreffend: „Sie sind nur historisch, weil wir sie historisch auffassen, nicht an sich und objektiv, sondern in unserer Betrachtung und durch sie. Wir müssen sie sozusagen transponieren.“

18 Mit diesen Überlegungen wird trotz des unausweichlich konstruktiven Charakters der Geschichtsbildung die häufig zu beobachtende Selbstermächtigung der historischen Forschung gegenüber den zu erforschenden Gegenständen zurückgewiesen. Zur Kritik an postmodernen, radikal konstruktivistischen Beliebigkeitstheorien vgl. J. RÜSEN, Narrativität und Objektivität, in: ders., Geschichte im Kulturprozeß, Köln/Weimar 2002, 99–124; DERS., Kann gestern besser werden?, Berlin 2003, 11f: „Wenn die Geschichte in der bewegten Zeit unserer Gegenwart ständig zur Disposition steht, so werden wir, die Deutenden, von ihr also immer schon disponiert. Wir, die wir sie ‚konstruieren‘, sind als diese Konstrukteure vorab immer schon von ihr konstruiert worden“; G.DUX, Historisch-genetische Theorie der Kultur, Weilerswist 2000, 160: „Der blinde Fleck im logischen Absolutismus, wie wir ihn im postmodernen Verständnis der Konstruktivität und der ihm affinen Systemtheorie kennengelernt haben, besteht darin, die Konstruktivität nicht ihrerseits einem systemischen Bedingungszusammenhang unterworfen zu haben.“

19 Diesen Aspekt beton L.Hölscher, Neue Annalistik. Umrisse einer Theorie der Geschichte, Göttingen 2003, 44: „Gäbe es nicht die relative Stabilität des kategorialen Apparats temporaler Grundmuster, so ließen sich verschiedene Geschichtsbilder historisch überhaupt nicht miteinander in Beziehung setzen. Erst die relative Konstanz temporaler Kategorien ermöglicht den historischen Abgleich inhaltlich differenter Geschichtsbilder.“

20 Vgl. J.RÜSEN, Faktizität und Fiktionalität der Geschichte – Was ist Wirklichkeit im historischen Denken?, in: Konstruktion von Wirklichkeit, hg. v. J. Schröter/A. Eddelbüttel, Berlin 2004, (19–32) 31: „Was macht Sinn wirksam? Schon die Einprägung der Wirklichkeit in das historische Denken hinein ist ein Sinngeschehen, ein Geschehen, in dem historischer Sinn generiert wird. Ohne diese seine unvordenkliche Wirklichkeit könnte er das historische Denken nicht so in den mentalen Operationen des Geschichtsbewusstseins bestimmen, wie es zur Erfüllung seiner kulturellen Orientierungsfunktion notwendig ist. … Die Unvordenklichkeit dieses Sinnes als Element lebensweltlicher Wirklichkeit des menschlichen Leidens und Handelns – das schließt säkulares und religiöses Denken vorgängig zusammen. Die Religion gibt dieser Unvordenklichkeit eine eigene Sinnqualität. Ihr gegenüber hält sich das säkulare historische Denken zurück, aber letztlich schöpft es aus ähnlichen Sinnquellen.“

21 Vgl. H.-J. GOERTZ, Unsichere Geschichte, 50f.

22 Vgl. E. CASSIRER, Versuch über den Menschen, Hamburg 1996, 291: „Geschichtswissenschaft ist nicht Erkenntnis äußerer Fakten oder Ereignisse; sie ist eine Form der Selbsterkenntnis.“

23 Vgl. CHR. LORENZ, Konstruktion der Vergangenheit, 17ff.

24 ‚Fiktion‘ bezeichnet nicht einfach im umgangssprachlichen Sinn die Negation der Wirklichkeit, sondern ist in einem funktional-kommunikativen Sinn gemeint und kommt damit der ursprünglichen Bedeutung von ‚fictio‘ nahe: Bildung, Gestaltung. Vgl. W.ISER, Der Akt des Lesens, München 31990, 88: „Wenn Fiktion nicht Wirklichkeit ist, so weniger deshalb, weil ihr die notwendigen Realitätsprädikate fehlen, sondern eher deshalb, weil sie Wirklichkeit so zu organisieren vermag, daß diese mitteilbar wird, weshalb sie das von ihr Organisierte selbst nicht sein kann. Versteht man Fiktion als Kommunikationsstruktur, dann muß im Zuge ihrer Betrachtung die alte an sie gerichtete Frage durch eine andere ersetzt werden: Nicht was sie bedeutet, sondern was sie bewirkt, gilt es nun in den Blick zu rücken. Erst daraus ergibt sich ein Zugang zur Funktion der Fiktion, die sich in der Vermittlung von Subjekt und Wirklichkeit erfüllt.“

25 Cicero, Orator 2, 54 (der Historiker Antipater wird lobend herausgestellt, „die anderen erwiesen sich als Leute, die Geschichte nicht wirkungsvoll gestalten, sondern nur erzählen konnten“); Lk 1, 1–4; Plutarch, Alexander 1, 1(οὔτε γὰρ ἱστορίας γράφομεν ἀλλὰ βίους = „denn ich schreibe nicht Geschichte, sondern zeichne Lebensbilder“) zeigen deutlich, dass auch antike Autoren ein klares Bewusstsein von diesen Zusammenhängen hatten (vgl. ferner Thucydides, Historiae I 22, 1; Lukian, Historia 51; Quintilian, Institutio Oratoria VIII 3, 70).

26 Vgl. die problem- und forschungsgeschichtlich orientierten Überlegungen bei H.-J. GOERTZ, Unsichere Geschichte, 16ff; ferner M. MOXTER, Erzählung und Ereignis, in: J.Schröter/R.Brucker (Hg.), Der historische Jesus, BZNW 114, Berlin 2002, (67–88) 80: „Schon aufgrund ihrer zeitlichen Distanz ist die Erzählung gegenüber dem Ereignis überschüssig.“

27 Dieser konstruktive Zug des Erkennens trifft auch für die Naturwissenschaften zu. Konstruktivität und Kontextualität bestimmen die Fabrikation von Erkenntnis, die Naturwissenschaften sind immer eine interpretierte Rationalität, die zunehmend in den Sog externer politischer und ökonomischer Interessen gerät; vgl. dazu K. KNORR-CETINA, Die Fabrikation von Erkenntnis. Zur Anthropologie der Naturwissenschaft, Frankfurt 1991.

28 Vgl. H.-J. GOERTZ, Umgang mit Geschichte, 87: „Nicht die reine Faktizität konstituiert also eine ‚historische Tatsache‘, sondern ihre Bedeutsamkeit, die sich erst nach und nach einstellt und die einem Ereignis, das sonst ohne viel Aufhebens in der Vergangenheit versunken wäre, eine besondere Qualität verleiht. Nicht zu seiner Zeit, sondern erst nach seiner Zeit wird aus einer bloßen Tatsache eine historische Tatsache.“

29 Vgl. dazu grundlegend A.SCHÜTZ, Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt, Tübingen 1974.

30 G.DUX, Wie der Sinn in die Welt kam und was aus ihm wurde, in: K.E. Müller/J. Rüsen (Hg.), Historische Sinnbildung, Reinbek 1997, (195–217) 195.

31 Vgl. dazu A. SCHÜTZ/TH. LUCKMANN, Strukturen der Lebenswelt II, Frankfurt 31994, 139–200. Sie gehen von der unbestreitbaren Alltagserfahrung aus, dass die Welt jede individuelle Existenz notwendigerweise immer überschreitet und deshalb die Existenz ihrerseits ohne Transzendenzen nicht lebbar ist: Wir leben in einer Welt, die vor uns war und nach uns sein wird. Die Wirklichkeit entzieht sich zum allergrößten Teil unserem Zugriff und das Dasein des Anderen mit seiner bleibenden Fremdheit ruft die Frage nach unserem Selbst hervor.

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