2. Der Beitritt Griechenlands, Spaniens und Portugals
[36]Nach der Rückkehr zur Demokratie wurden zunächst Griechenland (zum 1. Januar 1981) als zehntes Mitglied und danach Spanien und Portugal (zum 1. Januar 1986) als elftes und zwölftes Mitglied in die EG aufgenommen.
3. Die Eingliederung der früheren DDR
[37]Die Herstellung der Einheit Deutschlandshat mit Wirkung vom 3. Oktober 1990 zur Eingliederung der früheren DDR in die EG geführt, nachdem die Staats- und Regierungschefs der EG bereits am 28. April 1990 in Dublin festgestellt hatten, dass hierfür lediglich einige Anpassungen, nicht aber das eigentliche Beitrittsverfahren erforderlich seien.
[S. 55]
4. Der Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens
[38]Im Zuge der Vollendung des europäischen Binnenmarktes hatte die EG weiter an Attraktivität gewonnen. Das Binnenmarktkonzept und die mit dem Vertrag über die EU eingeleitete Entwicklung in Richtung auf eine politische Union haben den anderen europäischen Staaten die Überzeugung vermittelt, dass das europäische Einigungswerk in eine neue Dimension vorstößt und dass es besser wäre, an der konkreten Ausformung der neuen Ordnung aktiv und gleichberechtigt mitzuwirken, als sich in einem späteren Stadium in bereits verfestigte Strukturen einpassen zu müssen.
Vor diesem Hintergrund wurden konkrete Beitrittsverhandlungen mit Österreich, Finnland, Schweden und Norwegen aufgenommen und im Jahre 1994 zu einem Abschluss geführt.
Im Sommer/Herbst 1994 wurden in den Ländern der Beitrittskandidaten Volksabstimmungen über die Frage des Beitritts durchgeführt. Während sich die Bürger in Österreich, Finnland und Schweden mehrheitlich für einen Beitritt ihrer Länder zur EU ausgesprochen haben, lehnte die Bevölkerung Norwegens – wie bereits im Jahre 1972 – die Mitgliedschaft ihres Landes in der EU mit 52,4 % der Stimmen ab.
Mit dem Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens am 1. Januar 1995 erhöhte sich die Zahl der Mitgliedsländer in der EU auf 15.
5. Der Beitritt von zehn ost- und mitteleuropäischen Staaten sowie Malta, Zypern und Kroatien
[39]Am 1. Mai 2004 traten der EU zehn neue Länder bei: die baltischen Staaten und ehemaligen Sowjetrepubliken Estland, Lettlandund Litauen, die ost- und mitteleuropäischen Staaten Polen, Ungarn, Tschechische Republikund Slowakische Republik, die ehemalige jugoslawische Republik Sloweniensowie die zwei Mittelmeerinseln Zypernund Malta. Nur gut zwei Jahre später wurde mit dem Beitritt Bulgariensund Rumänienszum 1. Januar 2007 die Osterweiterung vorläufig abgeschlossen. Jüngstes Mitglied der EU wurde zum 1. Juli 2013 Kroatien, dessen Bürger sich am 22. Januar 2012 in einem Referendum mit 66 % für den Beitritt ausgesprochen haben (bei allerdings nur 43,6 % Beteiligung). Damit vergrößerte sich die Zahl der Mitgliedstaaten der EU von 15 auf 28, und die Zahl der Unionsbürger wuchs auf 512,6 Millionen.
Diese historische Erweiterung der EU bildet den Höhepunkt eines langen Prozesses, der die Wiedervereinigung der über ein halbes Jahrhundert durch den Eisernen Vorhang getrennten europäischen Völker ermöglicht hat. Hinter dieser Erweiterung der EU steht vor allem der Wille, Frieden, Stabilität und wirtschaftlichen Wohlstand auf einem vereinten europäischen Kontinent herbeizuführen.
6. Weitere Beitrittsverhandlungen
a) Beitrittskriterien und Beitrittsverfahren
[40]Die EU steht auch weiteren Staaten zum Beitritt offen, sofern diese die vom Europäischen Rat 1993 in Kopenhagen festgelegten Beitrittskriterienerfüllen:
• Politische Kriterien: Stabilität der Institutionen, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Garantie der Menschenrechte sowie Achtung und Schutz der Minderheiten.
[S. 56]
• Wirtschaftliche Kriterien: Die Existenz einer funktionierenden Marktwirtschaft, die dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften in der EU standhält.
• Rechtliche Kriterien: Die Fähigkeit zur Übernahme der mit der Mitgliedschaft in der EU verbundenen Pflichten, einschließlich des Einverständnisses mit den Zielen der Politischen Union sowie der Wirtschafts- und Währungsunion.
[41]Das Verfahren des Beitrittshat drei Stufen, die von allen derzeitigen Mitgliedsländern der EU genehmigt werden müssen:
(1) Einem Land wird die Perspektive der Mitgliedschaft eröffnet, d.h. es erhält den offiziellen Kandidatenstatus, sobald es die Beitrittsvoraussetzungen erfüllt.
(2) Ein Land erhält den offiziellen Status als Kandidatenland für die Mitgliedschaft, was jedoch noch nicht heißt, dass offizielle Verhandlungen eingeleitet werden.
(3) Mit dem Kandidatenland werden formelle Beitrittsverhandlungen aufgenommen, in denen die Modalitäten und Verfahren zur Übernahme der jeweils geltenden EU-Rechtsvorschriften vereinbart werden.
Wenn die Verhandlungen und begleitenden Reformen zur Zufriedenheit beider Seiten abgeschlossen sind, werden die Ergebnisse und die Bedingungen für den Beitritt in einem Beitrittsvertrag niedergelegt. Diesem Beitrittsvertrag muss zunächst das EP mit der absoluten Mehrheit seiner Mitglieder zustimmen. Danach muss der Rat zustimmen, und zwar mit Einstimmigkeit. Die Unterzeichnung des Beitrittsvertrags obliegt dann den Staats- und Regierungschefs der EU und des Beitrittslandes. Jeder Beitrittsvertrag muss danach von den Mitgliedstaaten der EU und dem Beitrittsland nach den jeweiligen verfassungsrechtlichen Bestimmungen „ratifiziert“ werden. Mit der Hinterlegung der Ratifikationsurkunden ist das Beitrittsverfahren abgeschlossen und der Beitrittsvertrag tritt in Kraft. Das Beitrittsland wird dann zum Mitgliedstaat.
[42](1) Islandist durch seine Zugehörigkeit zum EWR seit 1994 sowie zum Schengen-Raum (2000) bereits eng mit der EU verbunden. Im Rahmen der Bekämpfung der Finanzkrise des Jahres 2008 mit dem Zusammenbruch des isländischen Bankensystems hat Island im Juli 2009 beim Rat den Antrag auf den Beitritt zur EU gestellt. Auf Empfehlung der Kommission vom 24. Februar 2010 hat der Europäische Rat am 17. Juni 2010 die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Island beschlossen. Nach drei Jahren intensiver Verhandlungen hat die isländische Regierung im Mai 2013 zunächst beschlossen, die Verhandlungen über einen Beitritt ruhen zu lassen; am 12. März 2015 hat Island dann seinen Beitrittsantrag formell zurück gezogen.
[43](2) Die Republik von Nordmazedonienhat noch unter dem früheren Namen Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien (FYROM) am 22. März 2004 den Antrag auf EU-Mitgliedschaft eingereicht und am 16. Dezember 2005 den Status[S. 57] als Kandidatenland erhalten. Allerdings hat die Kommission erst im April 2018 dem Rat empfohlen, die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen zu beschliessen, nachdem beträchtliche Anstrengungen unternommen worden waren, die dringenden Reformen anzugehen. Nachdem mit dem Prespes-Abkommen der 30-jährige Streit zwischen Griechenland und Mazedonien mit der Umbenennung in „Republik Nordmazedonien“ endgültig beigelegt wurde 37, dürfte der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen nichts mehr im Wege stehen.
[44](3) Montenegrohat seinen Beitragsantrag zur EU am 15. Dezember 2008 gestellt. Der Europäische Rat bestätigte am 17. Dezember 2010 den Status Montenegros als Kandidatenland. Beitrittsverhandlungen wurden aufgrund einer entsprechenden Empfehlung der Kommission am 29. Juni 2014 aufgenommen, aber noch nicht abgeschlossen.
Читать дальше