Und so verpflegte ich mich auf meiner Reise oft mit Fertigsuppen, die nur mit heißem Wasser aufgegossen werden müssen, ich nahm das Abendessen hin und wieder im Hotel ein oder kochte selbst in Camp-Küchen und Hostels. Natürlich war meine Ernährung nicht übermäßig gesund und ausgewogen, aber mein Körper würde das schon eine Weile aushalten, sagte ich mir. Und wenn ich mich zu sehr um eine mangelnde Vitaminzufuhr sorgte, könnte ich immer noch Vitaminpillen einwerfen.
Welche Unterkünfte buchte ich also? Hotels, Hostels und Cabins auf Campingplätzen, immer als Einzelzimmer und immer kostenbewusst. In Melbourne beispielsweise wohnte ich in einem außerordentlich preiswerten Budget Hostel, das so groß und sauber war wie manch teureres Hotelzimmer nicht. Die Unterkünfte waren unterschiedlich in ihrer Ausstattung von sehr einfach (Bett, Tisch, Sessel oder gar nur zwei Betten, sonst nichts) bis sehr gut. Die besten Hotelzimmer fand ich in Thailand. Alle waren riesig groß und blitzsauber und boten herrliche Frühstücksbuffets. Die schlechteste Wahl hatte ich in Buenos Aires getroffen. Hier waren die Matratzen so durchgelegen, dass ich auch nach einem Zimmerwechsel die letzten beiden Nächte auf dem Boden schlief, weil meine Kreuzschmerzen bereits unerträglich geworden waren. Damals schwor ich mir, in Zukunft die Gästekommentare zu Matratzen unbedingt genau zu lesen.
Am schwierigsten gestaltete sich die Festlegung der Reiseroute durch Neuseeland. Auf der Südinsel würde ich ein Mietauto haben, aber wohin sollte ich fahren? Die Reiseführer schwärmten vom Milford Sound, von der Westküste und den Gletschern, vom Abel Tasman Nationalpark, von Dunedin im Südosten und der Otago Halbinsel mit den Pinguinen und Robben.
Ich griff zur Straßenkarte und stellte zunächst fest, dass es auf der Südinsel keine Autobahnen gab. Oh je! Das hieß, ich müsste genügend Zeit fürs Fahren einplanen und durfte die Etappen nicht zu lange wählen, um mich nicht vollkommen fertig zu machen. Damit fiel eine Durchquerung von Nord nach Süd aus, zu lange waren die Fahrtstrecken und zu wenig Zeit verblieb zum Verweilen. Also beschränkte ich meine Planung auf den Süden der Südinsel, denn dort lag der berühmte Milford Sound, den ich unbedingt sehen wollte. Ich beschloss, nach Queenstown zu fliegen, mir dort ein Auto zu mieten und dieses dann am Ende meiner kleinen Autoreise weiter nördlich in Christchurch zurückzugeben. Von dort wollte ich per Flugzeug nach Auckland zurückkehren, um weiter nach Südamerika zu fliegen, der letzten Etappe meiner Weltreise.
Also suchte ich zunächst nach Autovermietungen, die so etwas im Programm hatten. Bei der Budgetfirma „Dollar“ wurde ich zu einem guten Preis fündig. Sehr gut.
Nun ging es darum, die Etappen festzulegen.
Von Google Maps ließ ich mir Entfernungen und Fahrtzeiten berechnen, die alle fast bis auf die Minute genau stimmten, wie ich auf der Reise feststellen sollte. Es wurde mir sehr schnell klar, dass ich, wenn ich nicht den ganzen Tag im Auto verbringen und jede Nacht woanders schlafen wollte, mich beschränken und nochmals eine Auswahl würde treffen müssen. Nur, nach welchen Kriterien sollte ich sie treffen? Alles schien so sehenswert zu sein und ich wollte nicht durchs Land hetzen, sondern mindestens zwei oder drei Nächte an einem Ort verweilen, um die Gegend in Ruhe erkunden zu können.
Ich beschloss, die Wetterkarte als ein Kriterium heranzuziehen.
Es zeigte sich, dass die als wunderschön beschriebene Westküste unglaublich viel Regen abbekam und überdurchschnittlich viele Reisende in diversen Reiseblogs gestanden, außer Regen und Nebel nicht viel gesehen zu haben. Ich zuckte sofort zurück, denn dies erinnerte mich an einen komplett verregneten zehntägigen Urlaub in Irland, wo ich außer Regen, Wolken und nasser Straße nichts von der Insel zu sehen bekommen hatte.
Der Blick auf die neuseeländische Straßenkarte hatte mir außerdem gezeigt, dass die Straßen dort sehr kurvig waren, was ein langsames Vorankommen bedeutete. Nein, die Westküste würde ich streichen. Auch der Südosten reizte mich nicht so sehr, dass ich eine lange Autofahrt dorthin unternehmen wollte. Die schottisch angehauchte Stadt Dunedin würde wohl eher Schottland-Fans interessieren und Robben und Pinguine könnte ich vielleicht auch im Milford Sound beobachten. Ich wollte schöne Landschaften sehen, weite Täler, türkisfarbene Seen und einsame Landstriche.
„Weniger ist mehr“, überlegte ich und beschränkte mich nochmals. Ich buchte meine Unterkünfte in Queenstown, Te Anau und Twizel, alles Orte im Zentrum der Südinsel. Die Entscheidung stellte sich als goldrichtig heraus, denn als ich dann von dort WhatsApp-Nachrichten an Familie und Freunde schickte, schrieb ich Sätze wie: „So schöne Landschaften sah ich noch nie“, „Wieviel Schönheit erträgt der Mensch?“ oder „Ich bin von Schönheit umgeben.“
Nun konnte ich mich zufrieden zurücklehnen, alles war geplant, alles war organisiert. Es war April 2019, noch ein halbes Jahr bis zu meiner Abreise.
6. Finale Vorbereitungen
Der Sommer verging und ich begann, mich wieder intensiver mit meiner Reise zu beschäftigen. Ich hatte noch drei Monate Vorbereitungszeit vor mir.
Wie würde ich mich verständigen? In den meisten Ländern, die ich bereiste, wurde Englisch gesprochen, also gab es hier kein Problem.
Für Südamerika galt dies jedoch nicht und so schrieb ich mich für einen einwöchigen Spanisch-Crashkurs ein. Hier ging es rasant zur Sache. Unsere Spanischlehrerin preschte durch Wortschatz und Grammatik und wir hechelten mühsam hinterher. Ich war mir nicht sicher, ob ich viel von dem Gepaukten würde umsetzen können.
Am dritten Tag kam ich neben einen Mann zu sitzen, der schon mehrfach für mehrere Monate durch Südamerika gereist war und Argentinien gut kannte. Er war erstaunt, dass ich eine ganze Woche in Buenos Aires verbringen wollte, und später fiel mir wieder ein, dass er so etwas Ähnliches gemurmelt hatte wie: „Es wird dir nicht gefallen“. Ich solle doch auch nach Salta fahren, zu den Iguazú-Wasserfällen oder nach Calafate im Süden, das seien sehr schöne argentinische Reiseziele, empfahl er. Besonders wertvoll waren seine Tipps bezüglich Zahlungsmittel und Geld. Wenn er für zwei Monate durch Südamerika reise, habe er immer zwei Kreditkarten, seine Debitkarte, 1.000 Dollar sowie 1.000 Euro in bar bei sich. In Argentinien könne man außerdem fast nirgends mit Kreditkarte bezahlen, sondern nur mit Bargeld. Für diesen Hinweis war ich ihm sehr dankbar, denn eine zweite Kreditkarte und diese Menge an Bargeld hatte ich nicht eingeplant.
Die nächste Aufgabe war, einen geeigneten Koffer zu besorgen. Ich wurde oft gefragt, ob ich mit Rucksack reisen würde – nein, zu schwer, zu unhandlich und vor allem zu unübersichtlich. Ich kaufte mir einen ultraleichten Koffer mit 100 Liter Fassungsvermögen in glänzendem Dunkelblau; dieser wäre nicht übermäßig auffällig, aber ich würde ihn trotzdem auf den Gepäcksbändern sofort erkennen. Die gleich mitgekaufte Kofferwaage sollte zu einem der wichtigsten Reiseutensilien werden.
Packing Cubes aus Netzgewebe, die mir von einer Freundin empfohlen worden waren, stellten sich als der ultimative Ordnungsfaktor für meinen Koffer heraus. Da ich sowohl heiße als auch kühle Orte und Landstriche bereiste, war die Auswahl der richtigen Bekleidung besonders herausfordernd, zumal das Gewichtslimit von 23 Kilogramm ohnehin eine intensive Restriktion erforderte.
Als Handgepäck wählte ich eine Tasche aus Kunststoff von IKEA, die nahezu nichts wog, sehr geräumig war und sich mit zwei Klappen verkleinern ließ. Ein Nylonrucksack, eine kleine Umhängetasche und ein Geldgürtel vervollständigten meine Ausrüstung. Umhängetasche und Geldgürtel hatte ich immer bei mir, sogar auf schweißtreibenden Wanderungen und im Schlafsack im australischen Outback. Zu viele Erzählungen von sorglosem Verhalten und den nachfolgenden Konsequenzen hatte ich gehört und ich wollte nicht Reisetage verlieren, nur weil ich auf einem Konsulat auf einen Ersatzreisepass würde warten müssen. Der Spruch „Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste“ klingt zwar blöd, trifft aber auf mein Verhalten während der ganzen Reise zu.
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