296
Die Möglichkeit, individuelles Handeln in der Form von Unternehmen zu gestalten, wird von der Wirtschaftsverfassung grundsätzlich anerkannt. Das Unternehmen an sich wird institutionell und als offenes und dynamisches Sozialsystem behandelt. Konkrete Einzelvorgaben werden aber nicht normiert. So bleibt etwa die Frage, inwieweit Belange der Stakeholder in der Unternehmensverfassung zu berücksichtigen sind, auf einer ersten Stufe der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers und auf einer zweiten Stufe der Umsetzungskompetenz der Unternehmensführung vorbehalten[684]. Eine prinzipielle Vorrangstellung der Shareholder gegenüber den anderen Bezugsgruppen eines Unternehmens folgt lediglich indirekt aus der Verpflichtung der Exekutive und der Legislative auf eine sozial korrigierte Marktwirtschaft[685]. Die Interessen der Fremdkapitalgeber stehen grundsätzlich im selben Maß unter dem Schutz des Eigentums wie diejenigen der rechtlichen Eigentümer einer Unternehmung. Die Vorgaben sind insgesamt weit genug, um das je nach Betätigungsfeld der Unternehmung erforderliche Maß an Eigenkomplexität und Offenheit der Unternehmung sowie die notwendigen Handlungsspielräume der in der Unternehmung tätigen Einzelnen zu gewährleisten.
4. Folgen für das Wirtschaftsstrafrecht
297
Die grundlegende Folge dieser individualistischen Orientierung der Wirtschaftsverfassung für das Wirtschaftsstrafrecht liegt in seiner nun nicht mehr aus methodisch-analytischen, sondern aus verfassungsrechtlich-normativen Gründen gebotenen individualistischen Orientierung.
298
Orientierungspunkte eines solchen Wirtschaftsstrafrechts sind der Schutz des individuellen Eigentums[686], der individuellen Erwerbsfähigkeit[687] und der individuellen allgemeinen Handlungsfreiheit[688] sowie einer elementaren sozialen Risikoordnung[689]. Im Verkehr des Einzelnen mit anderen Wirtschaftsteilnehmern müssen Strafnormen als soziale Handlungsdeterminanten so eingesetzt werden, dass die vorgenannten Individualfreiheiten gerade auch in diesem Verkehr gesichert und soweit möglich erweitert werden.
299
Die Notwendigkeit eines Schutzes sozialer Institutionen als solcher konnte dagegen nicht ausgemacht werden. Insbesondere geht es auch dort, wo der Staat in erster Linie verteilend in die allgemeine Marktordnung eingreift, darum, eine möglichst sichere und kostenneutrale Übertragung von Verfügungsrechten zu gewährleisten[690]. Bereits an dieser Stelle wird also deutlich, dass das Steuerstrafrecht und das Strafrecht gegen den Missbrauch staatlicher Leistungen nicht mehr als eine Sonderform des Vermögensstrafrechts sein kann[691].
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.