[2]
Looschelders Schuldrecht AT § 24 Rn. 484; Lorenz NJW 2005, 1889, 1890 unter Ziff. IV 1.
[3]
Man spricht in diesem Fall von „Unmöglichkeit durch Zweckerreichung“, Looschelders Schuldrecht-AT § 23 Rn. 458.
[4]
Looschelders Schuldrecht AT § 24 Rn. 485.
[5]
Lorenz NJW 2005, 1889, 1890 unter Ziff. IV 1.
[6]
Lorenz NJW 2005, 1889, 1890 unter Ziff. IV 1.
[7]
Lorenz NJW 2007, 1 unter Ziff. II 1 und ders. in NJW 2005, 1889, 1890 unter Ziff. IV 1 (beide Aufsätze sehr lesenswert!).
1. Teil Einführung› C. Aufgaben der Regelungen über Leistungsstörungen
C. Aufgaben der Regelungen über Leistungsstörungen
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In allen Fällen der Pflichtverletzung muss das Gesetz entscheiden, wie es die verschiedenen Interessen der betroffenen Personen ausgleicht.
Durch die Pflichtverletzung können dem Gläubiger Schädenentstanden oder Aufwendungen sinnlosgeworden sein.
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Es muss also geklärt werden, unter welchen Voraussetzungen der Gläubiger Schadensersatz und Ersatz für vergebliche Aufwendungenverlangen kann.
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Bei gegenseitigen Verträgenstellt sich die zusätzliche Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Gläubiger verpflichtet ist, die seinerseits geschuldete Gegenleistung zu erbringen. Wenn die Leistung des Schuldners nicht ordnungsgemäß erbracht wurde, hat der Gläubiger regelmäßig ein Interesse, seine Gegenleistung zurückzuhalten. Hat er bereits vorgeleistet, möchte er möglicherweise seine Gegenleistung wieder zurückbekommen.
Weiter kann es sein, dass der Gläubiger beim gegenseitigen Vertrag gar kein Interesse mehr hat, es weiter mit seinem Vertragspartner „zu tun zu haben“. Es muss daher auch geregelt werden, unter welchen Voraussetzungen der Gläubiger sich vom Vertrag wieder lösenkann, um das Geschäft mit einem anderen Vertragspartner durchzuführen.
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Wir werden diese Fragen nun der Reihe nach anhand der verschiedenen Pflichtverletzungen durchgehen. Wir beginnen mit der Leistungsverzögerung und besprechen anschließend die Besonderheiten bei der Nichtleistung wegen Leistungsbefreiung nach § 275. Den Abschluss bildet die Rücksichtspflichtverletzung nach § 241 Abs. 2 im Schuldverhältnis sowie in der besonderen Situation des vorvertraglichen Schuldverhältnisses.
Die Schlechtleistungist hingegen kein gesonderter Gegenstand dieses Skripts. Sie soll im Zusammenhang mit dem Gewährleistungssystem der besonderen Schuldverhältnisse erörtert werden. Die Struktur und Probleme der Schlechtleistungsregeln des Allgemeinen Schuldrechts erschließt sich allerdings bereits durch die Beschäftigung mit den anderen Pflichtverletzungen, insbesondere den Verzögerungstatbeständen. Darauf können wir dann im Besonderen Schuldrecht aufbauen.
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Wie wir gesehen haben, müssen wir streng zwischen dem Tatbestand der Pflichtverletzungund der Frage des Vertretenmüssensunterscheiden. Da das Vertretenmüssen als Tatbestandsmerkmal bei sämtlichen Schadensersatzansprüchen der §§ 280 ff. zu berücksichtigen ist, sollen die Grundzüge des Vertretenmüssens vorweg, sozusagen „vor die Klammer gezogen“ erörtert werden. Wir können uns dann bei den einzelnen Tatbeständen diesbezüglich kürzer fassen und ergänzend auf diesen Abschnitt verweisen.
Inhaltsverzeichnis
A. Unterscheidung zwischen Vertretenmüssen und Verschulden
B. Vertretenmüssen ohne Verschulden
C. Vertretenmüssen wegen Verschuldens des Schuldners
D. Vertretenmüssen wegen Verschuldens Dritter (§ 278)
E. Erleichterungen im Haftungsmaßstab
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Vertretenmüssen
I. Vertretenmüssen ohne Verschuldenserfordernis, weil:
1.Gesetzliche Anordnung, insbesondere § 287 S. 2
2.Pflichtverletzung wegen Geldmangels
3.Vertragliche Vereinbarung
Vereinbarung durch AGB Rn. 30 f.
4.Verletzung einer übernommenen Garantie
Abgrenzung zur reinen Beschaffenheitsvereinbarung Rn. 33 f.
5.Verwirklichung eines übernommenen Beschaffungsrisikos
Reichweite der übernommenen Risiken Rn. 35 f.
II. Vertretenmüssen wegen Verschuldens des Schuldners/seiner Repräsentanten i.S.d. § 31
1.Vorsatz
2.Fahrlässigkeit
Rechtsirrtum Rn. 43
Korrekturen bei bestimmten Personengruppen Rn. 44 f.
3.Verschuldensfähigkeit
III. Vertretenmüssen wegen Verschuldens Dritter nach § 278
1.Bestehendes Schuldverhältnis
2.Verschulden des Dritten
Bestimmung des Verschuldensmaßstabes Rn. 52 ff.
3.Verschulden bei Tätigkeit als Erfüllungsgehilfe
Reichweite der Schuldnerpflichten Rn. 59 ff.
Handeln bei Gelegenheit der Erfüllung Rn. 62 ff.
4.Verschulden bei Tätigkeit als gesetzlicher Vertreter
IV. Haftungsbeschränkungen
1.Gesetzliche Haftungsbeschränkungen
2.Vertragliche Haftungsbeschränkungen
Haftungsbeschränkung durch AGB Rn. 79
Rechtsfolgen bei unzulässiger Vereinbarung Rn. 80 ff.
2. Teil Vertretenmüssen› A. Unterscheidung zwischen Vertretenmüssen und Verschulden
A. Unterscheidung zwischen Vertretenmüssen und Verschulden
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Wenn der Schuldnereine Pflichtverletzung zu verantworten hat, spricht das Gesetz vom „Vertretenmüssen“ (vgl. §§ 276 Abs. 1, 280 Abs. 1 S. 2).
Was der Schuldner zu verantworten bzw. zu vertreten hat, bestimmen allgemein die §§ 276–278. Diese Vorschriften sind als Hilfsnormen[1] immer dann heranzuziehen, wenn das Gesetz in verschiedenen Tatbeständen vom Vertretenmüssen des Schuldners spricht.
Beispiele
§§ 275 Abs. 2 S. 2, 280 Abs. 1 S. 2, 286 Abs. 4, 536a Abs. 1 Var. 2, 538
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„Vertretenmüssen“ und „Verschulden“ sind inhaltlich voneinander zu unterscheiden.
Das Verschulden ist nach § 276 Abs. 1 der Oberbegriff für die Schuldformen „Vorsatz“ und „Fahrlässigkeit“, die ihrerseits Verschuldensfähigkeitvoraussetzen, wie sich aus § 276 Abs. 1 S. 2 i.V.m. §§ 827, 828 ergibt.[2]
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Aus § 276 Abs. 1 folgt, dass der Schuldner grundsätzlich nur (sein eigenes) Verschulden zu vertreten hat. Er ist grundsätzlich also nur für die Folgen eines schuldhaften Verhaltens verantwortlich und nur dann verpflichtet, für die Folgen in besonderer Weise einzustehen (sog. „Verschuldensprinzip“). Die besondere Einstandspflicht kann entweder darin bestehen, dass der Schuldner auch unter erschwerten Bedingungen leisten muss (vgl. § 275 Abs. 2 S. 2), zum Ersatz allen sich aus seinem Verhalten ergebenden Schadens verpflichtet ist (etwa aus § 280 Abs. 1 S. 2) oder sonstige Ersatzleistungen zu erbringen hat, z.B. Zinsen nach §§ 288, 286 (§ 286 Abs. 4!).
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Wie sich aus § 276 Abs. 1 S. 1 ergibt, kann aber auch eine „strengere“ oder „mildere“ Haftung bestimmt sein. Es gibt also einerseits Fälle, in denen der Schuldner etwas „zu vertreten hat“, obwohl ihn kein eigenes Verschulden trifft. Andererseits kann es vorkommen, dass ein Vertretenmüssen trotz Verschuldens ausgeschlossen ist. Die Begriffe „Vertretenmüssen“ und „Verschulden“ decken sich inhaltlich also nicht vollständig, sondern bilden (lediglich) eine Schnittmenge (siehe im Schaubild oben).
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