Die Vergütung der beruflichen Betreuer wurde pauschalisiert. Hierbei ging der Gesetzgeber von drei Prämissen aus:
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Die Betreuung eines in einem Heim lebenden Betroffenen ist einfacher; |
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die Betreuung eines vermögenden Betreuten ist aufwändiger; |
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bei einer bestehenden Betreuung nimmt der Zeitaufwand ab. |
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Dementsprechend verfuhr der Gesetzgeber bei der Bemessung der Pauschalen: Der dem Betreuer zu ersetzende Zeitaufwand ist abhängig davon, ob der Betreute ein Heimbewohner/Nichtheimbewohner bzw. mittellos/vermögend ist und weiterhin variiert die Vergütungshöhe nach der Dauer der Betreuung. Die Einzelheiten wurden in dem neu geschaffenen Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG) geregelt. Die Vergütungsstufen bzgl. der Qualifikation der Betreuer blieben erhalten.
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Zu den Regelungen im Einzelnen:
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§ 1 VBVG: Feststellung der Berufsmäßigkeit und Vergütungsbewilligung bei Vormündern (und Betreuern); |
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§ 2 VBVG: Erlöschen der Ansprüche 15 Monate nach Entstehung; |
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§ 3 VBVG: Stundensätze bei Führen von Verfahrenspflegschaften, Ergänzungsbetreuungen, Vormundschaften (zwischen 19,50 und 33,50 €/Std zzgl. Umsatzsteuer) |
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§ 4 VBVG: Stundensätze bei der beruflichen Führung von Betreuungen (§ 1897 Abs. 6 BGB; zwischen 27,00 und 44,00 €/Std incl. damaliger Umsatzsteuer und Aufwendungsersatz); |
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§ 5 VBVG: Stundenansätze, differenziert danach, ob die betreute Person Heimbewohner/Nichtheimbewohner bzw. mittellos/vermögend ist (zwischen 2 und 8,5 Stunden monatlich); |
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§ 6 VBVG: Vergütung des Zweitbetreuers bei Sterilisation und des Verhinderungsbetreuers (§ 1899 BGB); |
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§ 7 VBVG: Vergütung von Vereinsbetreuern (§ 1897 Abs. 2 BGB); |
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§ 8 VBVG: Vergütung von Behördenbetreuern (§ 1897 Abs. 2 BGB); |
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§ 9 VBVG: Abrechnungszeitraum für die Betreuungsvergütung (quartalsweise); |
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§ 10 VBVG: Jährliche Mitteilungspflicht der Berufsbetreuer an Betreuungsbehörde; |
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§ 11 VBVG: Umschulung und Fortbildung von Berufsvormündern und Betreuern. |
Zur Betreuervergütung hat sich seit Inkrafttreten des 2. BtÄndG eine intensive und inzwischen gefestigte Rechtsprechung, in den letzten Jahre, auch durch den BGH, ergeben. Es wird auf die Ausführungen im Kapitel III, Ziff. 10 ( Rn. 1888) verwiesen.
[1]
BT-Drs. 15/2494, 12.
[2]
BB, Band 6, BL-AG BtR, Abschlussbericht 2003.
[3]
Gesetz vom 21.4.2005, BGBl. I, 1073.
[4]
BT-Drs. 11/4528, 91.
[5]
Klüsener Die Anwaltsbeiordnung im Unterbringungsverfahren, FamRZ 1994, 487 f.
[6]
Seitz Erforderlichkeit der Betreuung und freier Wille der Betroffenen, BB 2007 (Nr. 9), 117; BGH FamRZ 11, 630; BGH Beschl. v. 26.2.2014, XII ZB 577/13, Rn. 13.
A. Die materiellen und verfahrensrechtlichen Vorschriften des Betreuungsrechts und der Unterbringung› IV. Das 3. Betreuungsrechtsänderungsgesetz 2009
IV. Das 3. Betreuungsrechtsänderungsgesetz 2009
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Am 1.9.2009 trat nach jahrelanger kontroverser Diskussion das inoffiziell auch als „Patientenverfügungsgesetz“ bezeichnete 3. Betreuungsrechtsänderungsgesetz in Kraft.[1] Der sog. „Stünker-Entwurf“ konkurrierte mit zwei weiteren Entwürfen und konnte letztlich in einer von Fraktionszwängen freigegebenen Entscheidung des Bundestags die meisten Stimmen auf sich vereinen. Betreuern und Bevollmächtigten wird gesetzlich die Durchsetzung des mutmaßlichen oder schriftlich in einer Patientenverfügung niedergelegten Patientenwillens auferlegt.[2]
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Das 3. Betreuungsrechtsänderungsgesetz hatte folgende Ziele:
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Verankerung des Rechtsinstituts der Patientenverfügung im Betreuungsrecht und Einführung der Schriftform als Wirksamkeitsvoraussetzung (§ 1901a BGB); |
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Regelung der Aufgaben des Betreuers oder Bevollmächtigten beim Umgang mit einer Patientenverfügung und dem Procedere der Feststellung des Patientenwillens; |
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Klarstellung der Beachtlichkeit des Willens des Betroffenen unabhängig von Art und Stadium der Erkrankung; |
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Unwirksamkeit der Festlegungen in einer Patientenverfügung, die auf eine verbotene Tötung auf Verlangen gerichtet sind; |
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riskante Heilbehandlungsmaßnahmen oder schwerwiegende Entscheidungen eines Betreuers oder Bevollmächtigten über die Einwilligung, Nichteinwilligung oder den Widerruf der Einwilligung in ärztliche Maßnahmen bedürfen bei Zweifeln über den Patientenwillen der Genehmigung des Betreuungsgerichts (§ 1904 Abs. 4 BGB); |
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Sicherstellung des Schutzes des Betroffenen durch verfahrensrechtliche Regelungen (§ 298 FamFG). |
[1]
Drittes Gesetz zur Änderung des BtR v. 29.7.2009, BGBl. I, 2286.
[2]
Bühler/Stolz Das neue Gesetz zu Patientenverfügungen in der Praxis, BtPrax 2009, 261; Laube Die Patientenverfügung – Betrachtungen aus der betreuungsgerichtlichen Praxis, FPR 2010, 255.
A. Die materiellen und verfahrensrechtlichen Vorschriften des Betreuungsrechts und der Unterbringung› V. Das FGG-Reformgesetz 2009
V. Das FGG-Reformgesetz 2009
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Zeitgleich mit dem 3. BtÄndG trat auch eine umfassende Reform des Verfahrensrechtes in Kraft. Das noch aus dem 19. Jahrhundert stammende FGG wurde durch das Gesetz über die Angelegenheiten in Familiensachen und der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) ersetzt. Das Betreuungs- und Unterbringungsverfahren stand zwar nicht im Mittelpunkt des Gesetzgebungsverfahrens, brachte jedoch auch hierzu einige Neuerungen.[1]
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Unter anderem wurde das bisherige Vormundschaftsgericht aufgelöst. Seine Zuständigkeiten wurden auf das Familiengericht und das neu geschaffene Betreuungsgericht verteilt. Letzteres ist für Betreuungsverfahren, Unterbringungsverfahren und sonstige Freiheitsentziehungsmaßnahmen sowie für Pflegschaften für Volljährige zuständig.
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Des Weiteren wurde die Stellung der Verfahrensbeteiligten neu definiert.[2] Während Bevollmächtigter und Betreuungsbehörden in ihren Rechten besser dastehen als zuvor, sind die Beteiligungs- und Beschwerderechte von Angehörigen der Betroffenen eingeschränkt worden.[3] Die Qualifikationen von Sachverständigen und die Inhalte der Gutachten in Betreuungsverfahren werden konkretisiert (§ 280 FamFG).
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Zudem wurde das Rechtsmittelsystem neu strukturiert.[4] Den Beteiligten wird durch die Rechtsbeschwerde erstmals in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit der unmittelbare Zugang zum Bundesgerichtshof eröffnet (§§ 70 ff. FamFG); die Oberlandesgerichte fielen als Rechtsmittelinstanz weg (§ 133 GVG).
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Die Beschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen ist seit dem 1.9.2009 generell befristet (in der Regel auf einen Monat, in einigen Fällen auf 2 Wochen). Erstmals wurden Rechtsmittelbelehrungen vorgeschrieben. In Genehmigungsverfahren wurde das bisherige, vom Bundesverfassungsgericht eingeführte Vorbescheidsverfahren ersetzt durch eine Rechtskraftlösung, Hiernach sind Genehmigungsbeschlüsse nicht sofort wirksam, sondern erst mit deren Rechtskraft.
[1]
Diekmann Neue Verfahrensvorschriften in Betreuungssachen nach dem FamFG, BtPrax 2009, 149.
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