C. Vorteilsannahme, § 331 StGB
D. Bestechlichkeit, § 332 StGB
E. Vorteilsgewährung, § 333 StGB
F. Bestechung, § 334 StGB
G. Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und der Bestechung, § 335 StGB
H. Sonderprobleme, §§ 331 ff. StGB
I. Verjährung
J. Beteiligung
K. Konkurrenzen
Teil 1 Korruptionsdelikte, §§ 331–336 StGB› A. Grundsätzliches
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Die Korruptionsdelikte im engeren Sinn (§§ 331 ff.; 299 f.)[1] haben Justizorgane und Strafverteidigung schon immer vor zahlreiche materiell-strafrechtliche Probleme gestellt. Das hat nicht nur mit z. T. recht schillernden Tatbestandsmerkmalen, sondern z. T. auch mit dem – grundsätzlich prekären – Zusammenspiel von Legaldefinitionen (früher: § 359 a. F.; heute: § 11 Abs. 1 Nr. 2-4) und den Vorschriften des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches zu tun, in denen sie zu verwenden sind. Bei den Korruptionsstraftaten nach §§ 331 ff. und dem insoweit beachtlichen sog. „Amtsträgerbegriff“ kommt hinzu, dass diese Deliktsgruppe wie keine andere rasanten volkswirtschaftlich-gesellschaftspolitisch verursachten Veränderungen der Rechtstatsachen ausgesetzt ist, die die Rufe nach dem Gesetzgeber und/oder nach einer flexiblen, möglichst expansiven (Neu-)Interpretation überkommener Begriffe provozieren.
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Man denke nur an die, derzeit abgelebten neo-liberalen Deregulierungsaktivitäten des Staates und die damit verbundene Privatisierung von früher öffentlich-rechtlich, genauer: hoheitlich wahrgenommenen Unternehmungen und die gleichzeitige Konjunktur der sich hauptsächlich in den Medien abspielenden Korruptionsaufdeckungs- und -bekämpfungsaktivitäten. Bei den Korruptionsdelikten, die das Ansehen staatlicher Institutionen schützen sollen, hat das dazu geführt, dass unter dem Banner der Reinerhaltung der Ausübung öffentlicher Ämter („Amtsträger“) in Wahrheit nicht mehr nur der Staat, sondern auch das sich in die Markt-Gesellschaft begebende para-staatliche Unternehmen zumindest strafrechtlich – zu Lasten des Führungspersonals – „staatliche“ Weihen erhält.[2]
[1]
Paragraphen ohne Gesetzesangabe sind immer solche des StGB.
[2]
Vgl. näher: Bernsmann StV 2009, 308 ff.
Teil 1 Korruptionsdelikte, §§ 331–336 StGB› B. Der „Amtsträger“ als Ausgangspunkt
B. Der „Amtsträger“ als Ausgangspunkt
Teil 1 Korruptionsdelikte, §§ 331–336 StGB› B› I. Amtsträger – § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB – Allgemeines
I. Amtsträger – § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB – Allgemeines
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Ein zentraler, in vielen Aspekten allerdings offener, d. h. noch ungeklärter Begriff, der die Vor-Entscheidung über die Anwendbarkeit der §§ 331 ff. trifft, ist der des „Amtsträgers“.
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Der „Amtsträger“ ist typischer Täter einer Vorteilsannahme (§ 331) bzw. der Bestechlichkeit (§ 332) und ebenso klassischer Adressat der Vorteilsgewährung (§ 333) bzw. der Bestechung (§ 334). Auch in der Praxisgeht es nicht selten vorentscheidend darum, ob die handelnden Personen „Amtsträger“ sind oder nicht.
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Der „Amtsträger“ ist in § 11 Abs. 1 Nr. 2a-c legal definiert. Daraus sollte eigentlich folgen, dass der Begriff „Amtsträger“ in allen Tatbeständen, in denen er verwendet wird, einheitlich definiert wird und der Rechtsanwender damit von jeglicher Anstrengung, insbesondere von den „Kunststücken“ teleologischer Begriffsausfüllung entlastet ist. Diese „Einheitslösung“ ist pragmatisch, zugleich aber der Rechtssicherheit verbunden, weil sie die recht heteronomen Vorschriften, in denen der „Amtsträger“ als Täter, Opfer oder sonst wie vorkommt,[1] von allen teleologischen Unwägbarkeiten befreit. Für sie spricht i. Ü. auch der Wortlaut des § 11 Abs. 1 („Im Sinne dieses Gesetzes ist ...“).[2] Abgesehen davon wäre die Verwendung von Legaldefinitionen im Allgemeinen Teil als gleichsam vor die Klammer gezogene Regeln für den Besonderen Teil überflüssig, wenn die, gerade bei den Amtsdelikten überaus vagen und daher teleologisch flexibel nutzbaren Rechtsgüter letztlich dann doch zu unterschiedlichen Amtsträger- Begriffenführten. Auch der Versuch, den je unterschiedlichen Zweck der Vorschriften, in denen der „Amtsträger“ erscheint, in einem gemeinsamen Vielfachen zu bündeln, ist wenig erfolgsträchtig, weil Widerstand (§ 113) und Korruption (§§ 331 f.) kaum teleologisch relevante Gemeinsamkeiten aufweisen.[3] Der BGH folgt dem Gedanken des Einheits-Amtsträgers nicht. Er sieht sich – zumindest bei der Auslegung des Begriffs des „sonstigen Amtsträgers“ (§ 11 Abs. 1 Nr. 2c) – nicht gehindert, diesen Begriff in Ansehung seiner Verwendung in den §§ 331 ff. „unter dem Gesichtspunkt des Rechtsgüterschutzes“ zu interpretieren.[4] Dass der BGH sich mit der in der Literatur an Boden gewinnenden Auffassung, der zu Folge die Legaldefinitionen des § 11 dem Gericht die Möglichkeit einer deliktsbezogenen Auslegung nehmen solle,[5] nicht auseinandersetzt, überrascht nicht.
Teil 1 Korruptionsdelikte, §§ 331–336 StGB› B› II. Amtsträger – Einzelheiten
II. Amtsträger – Einzelheiten
1. Amtsträger – § 11 Abs. 1 Nr. 2a
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Nach § 11 Abs. 1 Nr. 2aist Amtsträger, „wer nach deutschem Recht (…) Beamter oder Richter ist“.[6]
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Der damit angesprochene „ Beamte im staatsrechtlichen Sinn“ ist nach herkömmlicher Auffassung eine Person, die sich freiwilligunter förmlicher Berufungin ein öffentlich-rechtliches Sonderverhältnisbegibt, das für den Betreffenden Dienst- und Treuepflichten und für den Staat Schutz- und Unterhaltspflichten begründet.[7] Auf den Dienstherrn(Bund, Land, Gemeinde, Gemeindeverband, Körperschaft) kommt es nicht an.[8] Ohne Bedeutung ist auch, ob eine Ernennung (§ 5 Abs. 1 BRRG) stattgefunden hat oder ob der Beamtenstatus unmittelbar durch einen Wahlakt bzw. eine Wahlannahmeerklärung erworben wurde.[9] Auch sog. Ehrenbeamte(§§ 3 Abs. 2; 115 BRRG) fallen unter § 11 Abs. 1 Nr. 2a.
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Fraglich– und im Ergebnis zu verneinen -ist allerdings, ob auch solche Ehrenbeamte, die ihr Amt auf Grund einer entsprechenden gesetzlichen Pflichtzu übernehmen hatten,[10] „Amtsträger“ i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2a sind. Die h. M. bejaht das unter Aufgabe des Erfordernisses der Freiwilligkeit der Übernahme der „Amtsträgereigenschaft“[11] mit dem – u. a. zirkulären – Argument, ehrenamtliche Richter, die zum größten Teil auch zur Amtsübernahme verpflichtet seien, würden durch § 11 Abs. 1 Nr. 3 auch zu „Amtsträgern“. Letzteres ist dem Gesetz zumindest unmittelbar nicht zu entnehmen, würde aber, selbst wenn es zuträfe, nichts besagen. Immerhin ist in § 11 Abs. 1 Nr. 3 der „ehrenamtliche“ Richter ausdrücklich genannt, nicht aber der „Ehrenbeamte“ in § 11 Abs. 1 Nr. 2a![12]
9
Von geringer praktischer Bedeutung sind Fragen in Zusammenhang mit der verwaltungsrechtlichen Wirksamkeitder Begründung des Beamtenstatus. Einigkeit besteht darüber, dass im Falle einer sog. „Nicht-Ernennung“, d. h. bei Fehlen der beamtenrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen, kein„Amtsträger“ kreiert wird. [13]
10
Entsprechendes sollte auch für eine Ernennung gelten, die etwa gem. § 8 BRRG nichtigist, mögen auch die Handlungen der Betroffenen als „Amtshandlungen“ gelten und wirksam sein.[14]
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