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Für die Erbschaft- und Schenkungsteuerist die Abgrenzung zwischen Grundstücken und Betriebsvorrichtungen grundsätzlich nicht erforderlich, da der Wert des Unternehmens bzw Gesellschaftsanteils regelmäßig durch eine Gesamtbewertung bestimmt wird. Besonderheiten treten nur dann auf, wenn ausnahmsweise eine gesonderte Bewertung einzelner Wirtschaftsgüter vorzunehmen ist. In diesem Fall ist bei Betriebsgrundstücken der Grundbesitzwert nach § 151 BewG heranzuziehen, während bei Betriebsvorrichtungen der gemeine Wert nach allgemeinen Grundsätzen bestimmt wird (§ 9 BewG). Grundstücke unterliegen der Grundsteuerund beim Verkauf der Grunderwerbsteuer, während Betriebsvorrichtungen von diesen beiden Steuerarten nicht erfasst werden ( § 2 GrStG, § 1, § 2 GrEStG). Die Veräußerung sowie die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken sind grundsätzlich von der Umsatzsteuerbefreit. Für Betriebsvorrichtungen kommen die Befreiungen nach § 4 Nr 9 Buchst. a, Nr 12 UStG nicht zur Anwendung.[10]
Abb. 15: Bedeutung der Abgrenzung zwischen Gebäude und Betriebsvorrichtung
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Gebäude |
Betriebsvorrichtung |
Steuerbilanz (Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbesteuer) |
• lineare Abschreibung nach § 7 Abs. 4 EStG |
• lineare Abschreibung oder Leistungsabschreibung nach § 7 Abs. 1 EStG |
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• Nutzungsdauer: gesetzlich geregelt (33 1/3, 40 oder 50 Jahre) |
• Nutzungsdauer: in Abhängigkeit von der Art des Wirtschaftsguts (AfA-Tabellen) |
Besonderheiten bei der Gewerbesteuer (Hinzurechnungen und Kürzungen) |
• Hinzurechnung von 12,50% der gezahlten Mieten (Leasingraten) • (pauschale) Kürzung von Grundstückserträgen: ja |
• Hinzurechnung von 5,00% der gezahlten Mieten (Leasingraten) • (pauschale) Kürzung von Grundstückserträgen: nein |
Erbschaft- und Schenkungsteuer (nur wenn getrennte Bewertung) |
gemeiner Wert (eigenständiges Bewertungsverfahren) |
gemeiner Wert |
Grundsteuer |
ja |
nein |
Grunderwerbsteuer |
ja |
nein |
Umsatzsteuer |
• Verkauf: nein (Grundsatz) • Vermietung: nein (Grundsatz) |
• Verkauf: ja • Vermietung: ja |
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Die schwierige Abgrenzungsfragezwischen dem Gebäude und den Betriebsvorrichtungen wird mit Hilfe von zwei Grundsätzen gelöst: Zum einen wird für Betriebsvorrichtungen eine besondere Beziehung zum betreffenden Betrieb gefordert, zum anderen wird der Begriff des Gebäudes durch fünf Kriterien umschrieben.
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Definition des Begriffs „Betriebsvorrichtung“: Zu den Betriebsvorrichtungen gehören nicht nur Maschinen und maschinenähnliche Vorrichtungen, sondern alle Vorrichtungen, mit denen ein Gewerbe unmittelbar betrieben wird(§ 68 Abs. 2 S. 1 Nr 2 BewG). Betriebsvorrichtungen können auch selbständige Bauwerke sein, die nach den Regeln der Baukunst geschaffen sind, wie Schornsteine, Öfen und Kanäle (Tz. 1.3, 3 der Abgrenzungsrichtlinie). Verstärkungen von Decken und die nicht ausschließlich zu einer Betriebsanlage gehörenden Stützen und sonstigen Bauteile, wie Mauervorlagen und Verstrebungen, werden allerdings dem Grundstück zugerechnet (§ 68 Abs. 2 S. 2 BewG). |
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Gebäudebegriff: Die Definition des Begriffs „Betriebsvorrichtung“ ist sehr unbestimmt. Für die praktische Anwendung hilfreicher ist die Konkretisierung des Gebäudebegriffs. Nicht jedes Bauwerk ist als Gebäude anzusehen, sondern nur die Bauwerke, die Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen Witterungseinflüsse gewähren, den Aufenthalt von Menschen gestatten, fest mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Beständigkeit und ausreichend standfest sind.[11] |
Ein Gebäudeweist somit fünf Merkmaleauf:
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Schutz gegen Witterungseinflüsse durch räumliche Umschließung |
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Möglichkeit des nicht nur vorübergehenden Aufenthalts von Menschen |
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feste Verbindung mit dem Grund und Boden |
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Beständigkeit des Bauwerks |
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Standfestigkeit. |
Liegen alle fünf Merkmale eines Gebäudes vor, kann das Bauwerk keine Betriebsvorrichtung sein. Ist das Bauwerk nicht als Gebäude einzustufen, ist zu prüfen, ob es sich um einen Gebäudebestandteil bzw eine Außenanlage oder um eine Betriebsvorrichtung handelt (Tz. 1.2 der Abgrenzungsrichtlinie).
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(4) Abgrenzung von Betriebsvorrichtungen gegenüber Gebäudebestandteilen: Die einzelnen Bestandteile eines BauwerksiSd bürgerlichen Rechts sind daraufhin zu untersuchen, obsie steuerrechtlich als Gebäudebestandteil(unbewegliches Wirtschaftsgut) oderals Betriebsvorrichtung(bewegliches Wirtschaftsgut) gelten. Die Abgrenzung bestimmt sich danach, ob der Bestandteil (unabhängig von dem gegenwärtig darin ausgeübten Betrieb) der Nutzung des Gebäudes dient oder ob er in einer besonderen Beziehung zu diesem Betrieb steht. Als Betriebsvorrichtungen können nur Vorrichtungen angesehen werden, mit denen das Gewerbe unmittelbar betrieben wird (Tz. 3.1 der Abgrenzungsrichtlinie).
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Als unselbständiger Gebäudebestandteilgelten beispielsweise:
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Bauten innerhalb des Gebäudes, sofern mehr als ein nur vorübergehender Aufenthalt von Menschen möglich ist (Meisterbüro, Materiallager), |
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Verstärkung von Decken, |
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Personenaufzüge und Rolltreppen, die zur Bewältigung des Publikumsverkehrs dienen, |
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Beleuchtungsanlagen, Sammelheizungsanlagen, Be- und Entlüftungsanlagen, Klimaanlagen, Warmwasseranlagen und Müllschluckanlagen (Regelfall), |
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Sprinkleranlagen, Brandmeldeanlagen und Schallschutzvorrichtungen (Regelfall), |
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Bäder, die der Körperpflege dienen, |
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Schwimmbäder in Hotels. |
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Als Betriebsvorrichtungsind unter anderem anzusehen:
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Bauten innerhalb des Gebäudes, sofern diese nicht zum dauernden Aufenthalt von Menschen geeignet sind (Spritzboxen in Karosseriewerken, Transformatorenräume), |
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Spezialfußboden in Tennishallen oder in „Reinräumen“ der Computerindustrie, |
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Satellitenempfangsanlagen, |
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Einzelfundamente von Maschinen, |
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Bedienungsvorrichtungen (Arbeitsbühnen und Galerien, die ausschließlich der Bedienung und Wartung von Maschinen dienen), |
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Akten- und Lastenaufzüge in gewerblich genutzten Räumen, Förderbänder, |
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auf dem Wasser schwimmende Anlagen, die als Gaststätte oder als Hotel genutzt werden, |
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Spezialbeleuchtungen, die nicht zur Beleuchtung des Gebäudes benötigt werden (Schaufensterbeleuchtung), |
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Tresoranlagen und Einbruchmeldeanlagen einer Bank, |
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Klimaanlagen, die überwiegend einem Betriebsvorgang dienen (Chemiefaser-, Tabakwarenfabrik), |
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Lüftungs- und Kühlanlagen, sofern diese einen betriebsspezifischen Bezug aufweisen, dh soweit sie erforderlich sind, um einen störungsfreien Betriebsablauf zu gewährleisten, |
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Bäder, die Heilzwecken dienen (Kur- und Krankenhäuser) oder in denen ein Gewerbe betrieben wird (Badeanstalt). |
Zu weiteren Einzelheiten siehe Tz. 3 der Abgrenzungsrichtlinie einschließlich der dazu gehörenden Anlagen.
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