Berücksichtigung fanden insbesondere die gesetzlichen Änderungen, die Gegenstand des am 1.1.2010 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Untersuchungshaftrechts sind. Die erweiterten Pflichten zur Belehrung und Information eines Verhafteten, die Einführung eines weiteren Falles notwendiger Verteidigung nach Inhaftierung und die Neuregelung des Akteneinsichtsrechts nach Inhaftierung sind Gegenstand umfangreicher Rechtsprechung und literarischer Stellungnahmen geworden. Dies erfordert im Hinblick auf die große Praxisrelevanz dieser Thematik eine umfangreiche Neubearbeitung. Dies gilt auch für die Thematik der „Haftbedingungen“, die als Folge der sog. Föderalismusreform und der Aufspaltung zwischen den in §§ 119, 119a StPO geregelten Materien einerseits und den den einzelnen Bundesländern vorbehaltenen Regelungen andererseits neue Probleme und vielfältige Abgrenzungsfragen aufwirft. Unter Berücksichtigung der dazu inzwischen vorliegenden Rechtsprechung ist die Kommentierung der neuen Untersuchungshaftvollzugsgesetze der einzelnen Bundesländer bzw. der einschlägigen Abschnitte in den neuen Landesjustizvollzugsgesetzen erheblich ausgeweitet worden. Die diesbezüglichen Landesgesetze sind im Internet unter www.cfmueller.de/u-haftunter der Rubrik „Produktservice“ abrufbar. Ferner wurden das Gesetz zur Stärkung der Rechte des Beschuldigten im Strafverfahren vom 2.7.2013 mit seinen erweiterten Belehrungspflichten und das nunmehr gesetzlich normierte Recht auf Dolmetscherleistungen eingearbeitet.
Des Weiteren werden die Voraussetzungen für die Anordnung von Untersuchungshaft gegen sich im EU-Ausland aufhaltende deutsche Staatsangehörige sowie gegen Beschuldigte aus EU-Mitgliedstaaten im Lichte des EU-Rechts ausführlich thematisiert. Dies betrifft insbesondere die seit dem 23.7.2015 zulässige Übertragung der Überwachung von Haftverschonungsauflagen auf die zuständigen Behörden eines anderen EU-Mitgliedstaates, um Beschuldigten die Möglichkeit zu geben, in ihren gewöhnlichen Aufenthaltsstaat zurückzukehren.
Eine ausführliche Neubearbeitung erforderte das Kapitel über die zeitliche Begrenzung der Untersuchungshaft, nachdem sowohl durch den EGMR als auch das BVerfG das Beschleunigungsgebot im Zusammenhang mit der Untersuchungshaft eine erhebliche Aufwertung erfahren hat. In diesem Zusammenhang wurden auch die Ausführungen zu den Anforderungen an eine Verfassungsbeschwerde sowie zu den Möglichkeiten nachträglichen Rechtsschutzes erweitert.
Und schließlich wird der praktisch bedeutsame, bislang aber wenig beachtete Staatshaftungsanspruch für rechtswidrig erlittene Untersuchungshaft aus Art. 5 Abs. 5 EMRK erstmals umfassend dargestellt.
Der besonderen Bedeutung der Rechtsprechungskasuistik für die Praxis des Untersuchungshaftrechts wurde durch möglichst erschöpfende Berücksichtigung einschlägiger veröffentlichter und nicht veröffentlichter Entscheidungen Rechnung getragen.
Im Mai 2016
Iserlohn
Frank Nobis
Bremen
Reinhold Schlothauer
Hinweis
Die Texte der Untersuchungshaftvollzugsgesetze der Länder sowie aktuelle Hinweise zum Recht der Untersuchungshaft finden Sie im Internet unter www.cfmueller.de/u-haftunter der Rubrik „Produktservice“
Vorwort der Herausgeber
Vorwort der Autoren
Abkürzungsverzeichnis
Teil 1 Einleitung
I. Konsequenzen der Untersuchungshaft für den Beschuldigten
II. Rechtswirklichkeit und kriminalpolitische Instrumentalisierung der Untersuchungshaft
III. Konsequenzen der Untersuchungshaft für die Verteidigung
IV.Überlegungen zur Mandatsübernahme
1. Besondere Anforderungen an Mandatsführung/Arbeitsbelastung
2. Besonderheiten bei nicht deutschsprachigen Ausländern
3. Weitere allgemeine Hinweise
4.Vergütungsfragen/Pflichtverteidigung
a) Vergütungsvereinbarung, gesetzliche Gebühren und Auslagen
b) Pflichtverteidigung
Teil 2 Der Kontakt zwischen Verteidiger und inhaftiertem Mandant
I. Rechtliche und tatsächliche Probleme bei der Kontaktaufnahme
1. Kontaktaufnahme bei bestehendem Mandatsverhältnis
2.Kontaktaufnahme zur Begründung eines Verteidigungsverhältnisses
a)Kontaktaufnahme zum vorläufig Festgenommenen
aa) Kontaktaufnahme zum Beschuldigten auf dessen Wunsch
bb) Kontaktaufnahme zum Beschuldigten auf Veranlassung Dritter
cc) Der telefonische Erstkontakt mit polizeilichem Sachbearbeiter und Beschuldigtem
b) Kontaktaufnahme zum Untersuchungsgefangenen
aa) Kontaktaufnahme
bb) Anbahnungsgespräch
II. Beschränkungen des Verkehrs zwischen Verteidiger und Untersuchungsgefangenen
1. Besuchszeiten
2. Eingangskontrollen
3. Verteidigerbesuche
a) Überwachung
b) Mitnahme von Laptops, elektronischen Geräten und sonstigen Gegenständen
4. Schriftverkehr zwischen Verteidiger und Mandant
5. Übermittlung von Nachrichten und Informationen
6. Übergabe von Gegenständen
7. Telefongespräche
8. Besuche mit Hilfspersonen und Sachverständigen
9. Gemeinsame Besprechungen von mehreren Untersuchungsgefangenen mit ihren Verteidigern
10.Überwachung des mündlichen und schriftlichen Verkehrs von Rechtsanwälten und Notaren, Übergabe von Gegenständen
a) Besuchsüberwachung
b) Kontrolle des Schriftverkehrs
c) Übergabe von Schriftstücken und Gegenständen
Teil 3 Verteidigung gegen (drohende) Inhaftierung
I.Verteidigung nach vorläufiger Festnahme
1. Voraussetzungen für die vorläufige Festnahme
a) Festnahme nach § 127 Abs. 1 StPO
b) Festnahme nach § 127 Abs. 2 StPO
c) Tatsächliche und rechtliche Voraussetzungen der vorläufigen Festnahme
d) Vorläufige Festnahme bei Bagatelldelikten
e) Belehrungspflichten bei vorläufiger Festnahme
f)Vorläufige Festnahme und Hauptverhandlungshaft nach § 127b StPO
aa) Entstehungsgeschichte
bb) Anwendungsbereich
cc) Voraussetzungen für die vorläufige Festnahme nach § 127b Abs. 1 StPO
(1) Voraussetzungen der Festnahme
(2) Überprüfung der Rechtmäßigkeit nach Aufhebung der Festnahme
dd) Weiterer Verfahrensgang
ee) Voraussetzungen für den Erlass eines Hauptverhandlungshaftbefehls, § 127b Abs. 2 StPO
ff)Die Voraussetzungen im Einzelnen und Verteidigungsmöglichkeiten
(1)Erwartung der Durchführung der Hauptverhandlung binnen einer Woche nach Festnahme
(a) Wochenfrist
(b) Fristberechnung
(c) Beurteilung durch den Festnehmenden
(d) Beurteilung durch den Richter
(2) Befürchtung des Fernbleibens von der Hauptverhandlung
(3) Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
(a) Stellung einer Sicherheit nach § 127a StPO
(b) Strafbefehl
(4) Befristung des Haftbefehls
gg) Außervollzugsetzung
hh) Rechtsbehelfe
ii) Automatische Beendigung der Hauptverhandlungshaft mit Urteil
jj) Probleme der Verteidigung in Fällen der Hauptverhandlungshaft
kk) Pflichtverteidigung
ll) Kritik an der Vorschrift
g) Verfahren nach vorläufiger Festnahme, Vorführungsfrist
h) Rechtsbehelfe nach Freilassung
2.Verteidigungsmöglichkeiten zur Aufhebung der vorläufigen Festnahme
a) Allgemeine Vorbemerkungen
b) Kontakte zur Polizei
c) Kontakte zur Staatsanwaltschaft
3. Vorführung vor den Richter
a) Anwesenheitsrecht des Verteidigers
b) Belehrungen und Informationspflichten
aa) Information über Vorwurf/Akteneinsicht; Verteidigerkonsultation
bb) Verteidigerkonsultation
cc) Gang der Vorführungsverhandlung und Verteidigungsmöglichkeiten
4.Formelle Voraussetzungen für den Erlass des Haftbefehls
a) Zuständigkeit
b) Antragserfordernis der Staatsanwaltschaft
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