Acht Gruppen beinhalten Duftstoffe – sie werden hier thematisiert. Die neunte Gruppe beinhaltet Stoffe, die für einen Schärfereiz oder einen anderen trigeminalen Effekt verantwortlich sind. Als Eselsbrücke dient die Nummer der Gruppe: Je höher sie ist, desto weniger flüchtig ist ein Duft, desto „schwerer“, „tiefer würzig“ riecht er und desto hitzebeständiger ist er. Ein Überblick über alle Aromagruppen findet sich auf Seite 16, hier im Folgenden werden sie im Detail vorgestellt.
GRUPPE 1: ALIPHATISCHE KOHLENWASSERSTOFFE, FRUCHTESTER – WACHSIG, GRÜN, PILZIG, FRUCHTIG
HEXANAL
grün, blattartig, grasig, fettig,
gemüseartig, apfelartig,
leicht holzig
1-OCTEN-3-ON
pilzig, erdig, roher Champignon,
moderig, herbal,
hähnchenhautartig
ETHYLBUTANOAT
fruchtig, fruchtsaftartig, ananasartig,
süßlich, apfelartig, eingemachtes Obst
Aliphatische (kettenförmige) Kohlenwasserstoffe bestimmen eine ganze Reihe von Grundaromen bei Lebensmitteln, Gemüse und Gewürzen. Sie sind meist von linearer Struktur und es sind häufig Fettabkömmlinge, etwa kurzkettige Fettsäuren und deren Aldehyde, Ester oder Alkohole.
Die Komplexität der Aromachemie ist bereits an den „grünen Blattduftstoffen“ zu erkennen. Der „Generalist“ HEXANAL ist ein wesentlicher Bestandteil des Duftspektrums (
Generalisten, Seite 37), das „grüne“ Gerüche wie die von Gras ausmacht. Er dominiert den Duft von Tomaten, ist aber auch Gurken, Melonen oder Kartoffeln zu eigen und findet sich außerdem in grünen Äpfeln, Orangen, Olivenöl, Bananen, Trauben, Ananas oder in (grünen) Tees sowie in den Blütenblättern vieler Blumen. Kein Wunder also, dass sich daraus naheliegende Ansätze zum
„Food-Pairing“( Seite 99) ergeben. Ein weiterer „Generalist“ ist das nach Champignons duftende 1-OCTEN-3-ON, das zahlreichen Gemüsen einen Hauch „Pilz“ verleiht. Auch Geruchsstoffe wie das Gurkenaldehyd (E,Z)-2,6-NONADIENAL sind typische Vertreter dieser leicht flüchtigen Aromen. Aufgenommen in die Gruppe 1 wurden außerdem Fruchtester, die für viele fruchtige Düfte, etwa bei Melonen, Äpfeln, Süßkartoffeln, Tomaten, Papaya oder Brotfrucht, eine wichtige Rolle spielen. Ihr Molekulargewicht ist ähnlich, die Flüchtigkeit ebenso. Typische Beispiele sind ETHYLBUTANOAT, das fruchtig riecht und in Richtung Ananas deutet, sowie AMYLACETAT, ein Ester der Essigsäure, der stark nach Banane duftet und sich in Melone und Pepito findet.
GRUPPE 2: LINEARE SCHWEFEL- UND STICKSTOFFVERBINDUNGEN – SCHWEFELIGE, STECHENDE DÜFTE NACH KOHL, ZWIEBELN UND MEERRETTICH
METHANTHIOL
schwefelig, gekochter Kohl, lauchartig,
ölig, gekochte Eier,
schweißig
DIMETHYLSULFID
schwefelig, zwiebelartig, radieschenblätterartig, kohlartig,
fischartig, maisartig, spargelartig,
ein Hauch gekochte Milch/Sahne
4-(METHYLTHIO)BUTYLISOTHIOCYANAT
schwefelig, stechend,
brokkoliartig, rettichartig,
kohlartig
Eine weitere Gruppe (die in den ersten Auflagen von „Aroma — Die Kunst des Würzens“ noch in die erste Gruppe integriert war) umfasst die einfachen schwefeligen Duftstoffe, die eine ähnliche Molekularstruktur aufweisen wie die Aromen in Gruppe 1. Sie spielen in Lauch, Zwiebel, Schnittlauch, Rucola, Kressen und in allen Kohlsorten die Hauptrolle und finden sich auch in vielen Rüben. „Senföle“ gehören zu dieser Kategorie. Ein typisches Molekül ist das extrem duftaktive, stark flüchtige METHANTHIOL, dessen Geruch sich nur durch ein vielschichtiges Duftattribut wie „schwefelig, knoblauchartig, gekochter Kohl, lauchartig, ölig, gekochte Eier, herzhaft-fleischartig, reifer Käse“ beschreiben lässt – kein Wunder, denn es findet sich in Gemüsen wie Blumenkohl, Brokkoli, Speiserübe, Spinat, Wurzelpetersilie und Zwiebel. Ein ebenso allgegenwärtiger und sehr duftaktiver Geruchsstoff ist DIMETHYLSULFID, das mit seinen Duftattributen „schwefelig, zwiebelartig, radieschenblätterartig, kohlartig, fischartig, maisartig, spargelartig, ein Hauch gekochte Milch/Sahne“ einen Großteil der Gemüse und Lebensmittel aufzählt, deren Duft es mehr oder weniger stark mitbestimmt. Es kommt in zahlreichen Gemüsen bereits roh vor (u. a. Blumenkohl, Chinakohl, Grünkohl, Haferwurzel, Kartoffel, Tomate, Zwiebel), in anderen – etwa in Aubergine, Fenchel oder Hülsenfrüchten – und in tierischen Lebensmitteln wie Eiern und Milch entsteht es erst beim Erhitzen. In vielen Gemüsen tritt es zusammen mit dem „Generalisten“ (
Seite 37) METHIONAL auf und zeigt typische „gekochte“ Gerüche. Ein weiterer Vertreter ist DIALLYLDISULFID mit seinem schwefeligen Duft, der an Lauch und Zwiebeln, in höheren Konzentrationen auch an Meerrettich erinnert.
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