„Damit hab ich nichts zu tun!“, kommt es schnell und bestimmt von ihm. „Und mein Bruder auch nicht!“
Interessant, denke ich. Wieso muss der sich sofort verteidigen? Sehr verdächtig. „Das weiß ich ja“, sage ich. „Aber ich dachte, vielleicht kannst du uns helfen herauszufinden, wer das war.“
Leon zieht seine Augenbrauen zusammen. „Wieso ich?“
„Weil …“ Tja, warum? Streng dich an, Ben, finde eine schlaue Antwort!
Lasse quakt sofort los: „Weil du gesagt hast, dein Bruder hat bald so viel Geld, dass deine Eltern nicht mehr arbeiten gehen müssen!“
Erschrocken schnappe ich nach Luft. „Lasse!“ Mehr bring ich nicht raus.
„Was hat das denn damit zu tun?“, empört sich Leon. „Glaubt ihr etwa, Domi hat was mit dem Einbruch zu tun?“
Lasse schießt zurück: „Ja, denn woher sollte dein Bruder sonst plötzlich so viel Geld haben?“
„Lasse, bitte!“, versuche ich es noch einmal.
Ich kann sehen, wie Leon vor Wut Tränen in die Augen schießen. „Domi geht arbeiten!“
„Aha?“, sagt Lasse. „Wo denn?“
Leon schaut zwischen uns beiden hin und her. „Das geht euch gar nichts an. Wieso wollt ihr das wissen? Seid ihr etwa von der Polizei?“
„Wir sind Agenten!“, blafft Lasse heraus.
„Lasse!“, zische ich. „Sei endlich still!“
Leon schaut immer noch zwischen uns beiden hin und her. Sicher fragt er sich gerade, ob es überhaupt sein kann, dass zwei Jungen Agenten sind.
Schnell schiebe ich hinterher: „Wir wollen dich nicht verdächtigen. Wirklich nicht. Wir haben nur gedacht, vielleicht hast du irgendwas anderes von dem Einbruch gehört oder gesehen. Wir ermitteln tatsächlich in dem Fall und wollen der Polizei helfen. Und da wollen wir jedem Hinweis nachgehen. Wenn du also etwas weißt, kannst du es uns ruhig sagen.“
„Ich weiß aber nichts. Und wenn, dann würde ich es euch nicht sagen.“
„Warum nicht?“, fragt Lasse frech.
„Weil ihr blöde Angeber seid!“
Ich versuch es noch mal etwas ruhiger: „Findest du es nicht auch schlimm, dass in der Schule eingebrochen wurde?“
Leon schaut mir in die Augen und scheint darin lesen zu wollen, ob er mir trauen kann. „Doch, klar.“
„Und findest du nicht auch, dass der, der da Sachen klaut, bestraft werden muss?“
Leon nickt.
„Na also.“ So langsam beruhigt sich der Junge wieder. „Und genau das wollen wir auch. Deshalb fragen wir hier und da einfach mal nach. Und wenn du was weißt, dann kannst du es uns ruhig sagen. Wenn du willst, kannst du es auch Lasse in der Schule sagen. Ihr seht euch ja immer auf dem Schulhof.“
Leon schaut misstrauisch zu Lasse.
Lasse setzt noch mal neu an: „Dein Bruder geht doch selbst noch zur Schule. Der ist doch viel zu jung zum Arbeiten.“
„Ist er überhaupt nicht.“
„Wie kann er dann arbeiten, wenn er noch zur Schule geht?“
„Er arbeitet nach der Schule.“
„Und was?“
Leon schaut erst Lasse an, dann mich. „Ich weiß es nicht. Das sagt er mir nicht. Aber er verdient so viel Geld, dass er mir schon ein Smartphone gekauft hat. Und er kauft mir noch eine Kamera. Eine richtig gute. Und bald können wir hier aus der kleinen Wohnung ausziehen. Dann kauft uns Domi zusammen mit Papa ein Haus, in dem wir ganz alleine wohnen.“
„Hoffentlich stimmt das auch“, sagt Lasse.
Leon regt sich schon wieder auf: „Mein Bruder lügt nicht! Du kennst meinen Bruder überhaupt nicht! Glaubst du vielleicht, er geht gar nicht arbeiten, sondern bricht in der Schule ein? Du bist gemein! Wenn du das noch einmal behauptest, dann sag ich’s meinem Bruder! Der verprügelt dich, dass du alle deine Zähne verlierst!“
Lasse schaut erschrocken zu mir und fährt auf seinem Rädchen ein Stück zurück. „Ben ist stärker als du“, sagt er trotzig.
„Aber nicht stärker als Domi“, schimpft Leon. „Und ich sag’s ihm heute Abend! Morgen vor der Schule verhaut er dich!“
Jetzt bekommt es Lasse wirklich mit der Angst zu tun. Er fährt noch ein Stück zurück. „Wenn er das macht, dann kommt er ins Gefängnis! Mein Papa ist nämlich Polizist! Der verhaftet jeden, der uns verhaut! Stimmt’s, Ben?“
Ich steige auf mein Fahrrad und lasse mich langsam zurück rollen. „Lass uns nach Hause fahren.“
„Du lügst!“, knurrt Leon. „Dein Papa ist gar kein Polizist. Du willst nur angeben!“
„Pah! Komm doch mal zu uns nach Hause! Dann siehst du meinen Papa im Polizei-Anzug! Dann wirst du staunen! Und wenn du dann frech bist, dann kommst du sofort ins Gefängnis!“
Leon stemmt seine Hände in die Seite. „Und mein Papa ist Türsteher in der Disco! Der kann mit einer Hand zwei Leute auf einmal hochheben und in der Luft zerquetschen! Mein Papa kann deinen Papa so in den Schwitzkasten nehmen, dass deinem Papa alle Knochen brechen!“
Lasse ist mit seinem Rädchen schon wieder auf der Straße. „Dann kommt dein Papa aber sofort ins Gefängnis!“
Leon ruft uns hinterher: „Wenn dein Papa keine Knochen mehr hat, dann kann er niemanden mehr ins Gefängnis werfen!“
Im Losfahren brüllt Lasse noch: „Und wenn dein Papa im Gefängnis ist, dann kann er niemandem mehr die Knochen brechen!“
Leon ruft uns noch ein paar unanständige Schimpfwörter hinterher, aber wir sind schon wieder auf dem Rückweg. Ich bin so was von wütend. „Lasse, du hast alles kaputt gemacht!“
„Das war mutig von uns beiden“, sagt Lasse stolz, ohne auf meinen Vorwurf einzugehen. „Alleine hätte ich mich das nie getraut, so mit Leon zu reden!“
„Das wäre sicher auch besser gewesen! Jetzt ist er so sauer auf uns, dass er uns überhaupt nichts mehr erzählt!“
„Hab ich’s nicht gesagt, dass das eine heiße Spur war?“ Lasse radelt so schnell, dass er schnauft.
„Ich glaub nicht, dass das eine heiße Spur war“, sage ich. „Der Kleine ist so stolz auf seinen Bruder. Und wir haben ihn wie einen Dieb dargestellt. Das war nicht gut.“
„Der ist nicht klein“, widerspricht Lasse. „Und wenn der Bruder doch ein Dieb ist, dann muss der auch verhaftet werden.“
Ich schüttle den Kopf. „Du kapierst es einfach nicht, Lasse.“
Als wir wieder am Fußballtor vorbeikommen, sehe ich, wie Samir inzwischen mit zwei anderen Jungen Fußball spielt. Beide sind jünger als er. Der eine von den beiden winkt mit ausgestrecktem Arm: „Hallo Lasse! Komm, spiel mit!“
„Das ist Kevin!“, ruft Lasse begeistert. „Komm, wir spielen mit!“
Ich hab nicht wirklich große Lust auf Fußballspielen. Aber Lasse hat sein Rädchen schon am Straßenrand fallen gelassen und ist zu den anderen gerannt. Samir erkennt mich wieder und winkt ebenfalls: „Hallo! Komm, Fußball!“
Na gut. Ich fasse mir ein Herz und spiele mit. Ich bin nicht sehr gut im Fußballspielen. Darum spiel ich es auch nicht so gern. Aber so gut wie die beiden Erstklässler Lasse und Kevin bin ich schon lange. Samir spielt auch nicht so gut. Während wir spielen, hab ich den Eindruck, er spielt ungefähr so gut oder schlecht wie ich. Der andere Junge heißt Justin und geht in die vierte Klasse. Der spielt von uns allen am besten. Weil er aber anscheinend total stolz ist, mit zwei Fünftklässlern spielen zu dürfen, klappt das insgesamt mit dem Fußballspielen ganz gut. Wir spielen bis zum Ende des Nachmittags und es macht richtig Spaß.
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