Thoreau, Dewey und Hahn strebten alle drei eine gesellschaftliche Veränderung durch die Erziehung an: Dewey durch die Erziehung zur Demokratie, Hahn durch die Erziehung zur Verantwortung und Thoreau durch die Erziehung zur „Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat“. 119 Diese Entwürfe zur gesellschaftlichen Veränderung sind in der „modernen Erlebnispädagogik“ nur mehr sehr rudimentär nachzuspüren, während der „methodischtechnische“ Anteil stark zugenommen hat. Allerdings ist das Fehlen solcher Entwürfe einZeichen der heutigen „postmodernen Gesellschaft“, in der der Entwurf einer „einheitlichen (Gesellschafts-)Theorie“ nicht so richtig gelingen mag (man denke da nur an die Wertediskussionen zum Thema Familie). Vielleicht macht ja gerade dies den Reiz einer Methode oder Teildisziplin einer Wissenschaft aus, in der das Schlagwort der „Ganzheitlichkeit“ von großer Bedeutung ist.
Alle drei Personen und der Pragmatiker William James stellen wesentliche Protagonisten für die Ideengeschichte der Erlebnispädagogik dar:
Letzten Endes bleiben vier Männer übrig, die mit ihren Wegen, Werken und Gedanken die geistigen Grundlagen der modernen Erlebnispädagogik wesentlich beinflusst haben: Kurt Hahn, Henry D. Thoreau, William James und John Dewey. Besonders der Letzte zählt als bedeutender Vertreter der Philosophie des Pragmatismus zu den geistigen Vordenkern einer handlungsorientierten Pädagogik, mit dessen Intentionen sich die meisten Outdoor-Pädagogen identifizieren können. (…) Nach Dewey hat Philosophie ihren Ursprung nicht in intellektuellem, sondern in sozialem und emotionalem Material. Er bezieht sich auf den Nonkonformisten William James, der auch zu Hahns geistigen Vätern gehört, dass „Philosophie Vision“ sei und ihre Hauptaufgaben darin bestehen, den menschlichen Geist von Voreingenommenheit und Vorurteil zu befreien. Dies ist der Schnittpunkt, in dem sich James, Hahn und Dewey treffen und der Outward Bound-Bewegung, der Erlebnispädagogik (Experiental Education) und der handlungsorientierten Pädagogik ihre philosophische Grundlage geben – wo sich das „Visionäre“ mit dem „Social Engineering“ verbindet . 120
42Allison (1999), S. 99.
43dtv – Wörterbuch Pädagogik (2004), S. 544.
44Müller (2000), S. 25.
45vgl. dazu Ziegenspeck (2000), S. 239 – 242. Hier wird das Konzept von Hahn überblicksartig vorgestellt.
46vgl. Definition nach Müller, Wolfgang.
47vgl. Schwarz (1968), S. 38.
48Schwarz (1968), S. 44.
49Zur Krankheitsmetapher siehe Abschnitt 3.1.1.
50Dieses Axiom über die Wirkung des Erlebnisses geht auf den „Pragmatiker“ William James zurück.
51Hahn zitiert nach Bauer (2001), S. 31.
52Dabei muss allerdings erwähnt werden, dass gerade in den USA die Behavioristische Psychologie sehr stark präsent ist und dementsprechend die Grenze zwischen „Erziehung“ und „Therapie“ wieder etwas verwischt. Vgl. dazu auch z. B. die therapeutischen Ansätze des Adventure Based Councelling, entstanden aus Project Adventure, dargestellt z.B. in Nasser (1993).
53Eckern, Schad (1998), S. 180.
54Schlich (1994), S. 14.
55Bonarius (1992), S. 32.
56Heckmair, Michl (2002), S. 79.
57dtv – Wörterbuch Pädagogik (2004), S. 446.
58Cohn zitiert nach Hufenus, Kreszmeier (2000), S. 13.
59Cohn zitiert nach Bauer (1989), S. 29.
60vgl. Warzecha (1994), S. 7.
61Moreno zitiert nach Hufenus und Kreszmeier (2000), S. 13.
62vgl. Hufenus, Kreszmeier (2000), S. 13.
63vgl. Warzecha (1994), S. 8.
64Schlich (1994), S. 14.
65dtv - Wörterbuch Pädagogik (2004), S. 446.
66Warzecha (1994), S. 7.
67dtv - Wörterbuch Pädagogik (2004), S. 446.
68vgl. dazu Definition XIII und Amesberger (2003).
69Leibner (2004), S. 67.
70Gilsdorf (2004)
71Als kurze Einführung Eckern, Schad (1998) und weiters die schon zitierten Warzecha (1994) und Schlich (1994). Beide und noch weitere Beiträge zu diesem Thema, in erleben und lernen, Zeitschrift für handlungsorientierte Pädagogik 6/94.
72dtv - Wörterbuch Pädagogik (2004), S. 418 – 421.
73dtv - Wörterbuch Pädagogik (2004), S. 189.
74Zum Thema der Zielgruppe für Erziehungsprozesse und des „lebenslangen Lernens“ siehe Kapitel 11.
75Neubert (1990), S. 77. verfasst 1925, publiziert 1930.
76Bibliographische Details zum Nachweis des Begriffs: Kneisel, 1926 (Schott S. 227 – 230); Fischer, 1926 (Schott S. 230 – 238); Lehmann, 1927 (Schott S. 238 – 243) und schließlich Nohl, 1933 (Schott S. 243 – 246); entnommen aus Schott (2003), S. 248.
77vgl. Neubert (1990), S. 30 – 38; Kapitel: Das Eindringen des Erlebnisses in die Didaktik der Ausdrucksfächer.
78Neubert (1990), S. 77.
79vgl. Schott (2003), S. 225.
80Neubert (1990), S. 70 – 78.
81Fischer, Ziegenspeck (2000), S. 233.
82Heckmair, Michl (2002), S. 18. Vgl. dazu auch Fischer, Ziegenspeck (2000), S. 19.
83Oelkers ist einer der pointiertesten und genauesten Kritiker; vgl. dazu Oelkers (1995) und Oelkers (1998).
84vgl. Oelkers (1995) und Oelkers (1998).
85vgl. dazu z.B. die Theorien der Risikogesellschaft (Beck) und der Erlebnisgesellschaft (Schulze)
86Ziegenspeck (1990), S. 81.
87entnommen aus Fischer, Ziegenspeck (2000), S. 235 – 236.
88Stichwort „realistische Wende“ und „kritische Pädagogik“. Vgl. dazu Kron (1999) und Kron (2001), zum Überblick Gudjons (2003).
89Müller (2002), S. 25.
90siehe dazu auch Schenz 2006.
91Schott (2003), S. 125 - 157.
92vgl. dazu vor allem Hufenus, Kreszmeier (2000).
93Wörterbuch der Pädagogik (2005), S. 272.
94Pädagogische Grundbegriffe (2004), S. 705.
95Heckmair, Michl (2002), S. 31.
96Heckmair, Michl (2002), S. 32. Das oft auch in Zusammenhang mit Dewey rezipierte „Trial and error Prinzip“ gehört allerdings in den Bereich der Lerntheorien (Thorndike). Aber trotzdem wird es in der erlebnispädagogischen Literatur oft im Zusammenhang mit dem „handlungsorientierten Ansatz“ erwähnt.
97Dabei gibt es unterschiedliche Ansichten, ob die Projektmethode tatsächlich von Dewey begründet wurde. Prinzipiell wird er gemeinsam mit William H. Kilpatrick genannt, wobei Dewey wohl als „philosophischer Urvater“ zu werten ist und Kilpatrick als praktischer Umsetzer. Vgl. dazu ausführlicher Schreiner (1991), S. 14 – 15.
98Bauer, Nickolai (1989), S. 17.
99Zum Vergleich sei ein Blick in die Tagungsbände des Internationalen Kongresses „erleben und lernen“ empfohlen. Hier gewinnt man jeweils einen guten Eindruck über die Vielfalt der Projekte, die sich alle unter dem Begriff des „handlungsorientierten Ansatzes“ versammeln. Vgl. dazu zum Beispiel Ferstl, Scholz und Thiesen (Hrsg.) (2006).
100„erleben und lernen“, abgekürzt e&l, ist eine der zwei deutschsprachigen Fachzeitschriften und wohl „die“ Fachzeitschrift der „professionellen Erlebnispädagogik“. Im Untertitel führt sie die Bezeichnung „Zeitschrift für handlungsorientiertes Lernen“. Aus diesem Umfeld werden auch die regelmäßig stattfindenden Fachkongresse organisiert und in Form von Tagungsbänden veröffentlicht. Diese Kongresse zählen zu den wichtigsten Treffen der deutschsprachigen, „erlebnispädagogischen Community“. Die zweite große Fachzeitschrift war die „Zeitschrift für Erlebnispädagogik“, die 2010 in der e&l aufgegangen ist.
101dementsprechend spricht Fischer, Lehmann (2009), S. 111 auch von „Erfahrungsprinzipen Pragmatischer Pädagogik“
102dtv-Wörterbuch der Pädagogik (2004), S. 438.
103Datzberger (2003), S.18.
104Heckmair, Michl (2002), S. 32.
105Bauer (2001), S. 20.
106Dewey, zitiert nach Bauer, S. 21.
107Bauer (2001), S. 21– 22.
108Datzberger (2003), S. 20 – 21
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