1. Anforderungsorientierung
2. Verhaltensorientierung
3. Prinzip der kontrollierten Subjektivität
4. Simulationsprinzip
5. Transparenzprinzip
6. Individualitätsprinzip
7. Systemprinzip
8. Lernorientierung des Verfahrens
9. Organisierte Prozesssteuerung
Am Anfang jeder Eignungsdiagnostik sollte das Anforderungsprofil stehen. Wenn man nicht weiß, wofür man etwas entwickelt, kann man es auch nicht entwickeln. Dabei sollte das Anforderungsprofil immer auf die unternehmensspezifischen Anforderungen zugeschnitten sein. Einige Beratungsunternehmen zwingen den Unternehmen ein externes Qualifikationsprofil auf, das der Nomenklatur des Beratungsunternehmens entspricht. Das spart den Unternehmensberatungen Arbeit, führt aber dazu, dass Kriterien u. U. am vorhandenen Unternehmensleitbild und an der bestehenden Unternehmenskultur vorbei angelegt werden. Demnach sollte im Prozess immer der Dreischritt von Anforderungsprofil, Ableitung unternehmensspezifischer Fähigkeiten und Konstruktion geeigneter Übungen beachtet werden (
Abb. 24).
Grundsatz: Eignung ohne Analyse des konkreten Wofür ist sinnleer!
Das AC muss auf Grundlage unternehmensspezifischer Anforderungen entwickelt sein, eine Übernahme externer Kriterien ist nicht zielführend!
Dreischritt: 1) Anforderungsprofil – 2) Ableitung unternehmens-spezifischer Fähigkeiten – 3) Konstruktion geeigneter Übungen
• Verzicht auf Anforderungsanalyse
• Übernahme Merkmale anderer Zielgruppen/Unternehmen/Beratungen
• Festlegung der Anforderungen nach den Fähigkeiten vorhandener Eignungsdiagnostik
• Verzicht auf Situationsanalysen zugunsten allgemeiner Merkmale der Führungsstilforschung
Abb. 24: Anforderungsorientierung
Ein weiterer Qualitätspunkt im AC ist die strikte Einhaltung protokollierter Verhaltensbeschreibungen in den Beobachtermaterialien, um Wahrnehmung und Interpretation sowie Beurteilung nachträglich trennen zu können. Auch hier empfiehlt es sich, den Dreischritt von Verhaltensbeschreibung, Interpretation und Beurteilung einzuhalten (
Abb. 25).
Grundsatz: Protokollierte Verhaltensbeschreibungen sind das einzige Mittel, zwischen tatsächlichem Teilnehmerverhalten und Interpretationen oder Schlussfolgerungen der Beobachter zu unterscheiden!
Dreischritt: 1) Verhaltensbeschreibung 2) Interpretation 3) Beurteilung
• Einsatz diagnostischer Mittel, deren Bezug zu realem Verhalten nicht hinreichend nachgewiesen ist (die meisten Testverfahren)
• Nur Methoden, bei denen der Verhaltensbezug hypothetisch ist (z. B. Interview)
Abb. 25: Verhaltensorientierung
Weiterhin ist dringend die Durchführung einer ausführlichen Beobachterschulung zu empfehlen. In der Schulung ist zu gewährleisten, dass die Beobachter einheitlich geschult sind. Das sollte dazu führen, dass die Beobachter die eingesetzten Materialien kennen, aktiv den Beurteilungsprozess eingeübt haben, für Wahrnehmungsverzerrungen sensibilisiert wurden und Feedback im Rollenspiel trainiert haben. Sofern die Ressourcen es zulassen, sollten in den Übungen so viele Beobachter wie möglich eingesetzt werden. Nur ein Beobachter pro Übung führt das Verfahren ad absurdum. Wie bereits erwähnt, bietet es sich an, den Moderator aus den Reihen des Personalwesens eines Unternehmens zu besetzen, alle anderen Beobachter sollten möglichst hochrangige Entscheider aus dem Unternehmen sein (
Abb. 26).
Grundsatz: Die objektive Wahrheit ist uns nicht zugänglich!
Mehrere, einheitlich geschulte (!) Beobachter, die Entscheidungsträger sind, führen zu objektiveren Urteilen! Die Beobachterschulung muss folgende Ziele haben:
• Kenntnis der eingesetzten Materialien
• Aktive Einübung des Beobachtungs-/Beurteilungsprozesses anhand von Verhaltensbeschreibungen
• Aufmerksamkeit für spontane Wahrnehmungsverzerrungen
• Einübung von Rückmeldegesprächen (Beobachter profitieren für ihr eigenes Führungsverhalten!)
• Verzicht auf Beobachtertraining
• Überwiegender Einsatz von Nichtentscheidern (Personal/Externe)
• Einsatz nur eines Beobachters/Übung
• Keine integrative Konsensbildung sondern Mehrheitsentscheidung
• Quantitative Urteilsbildung ohne qualitative Diskussion anhand der beobachteten Verhaltensbandbreiten
Abb. 26: Prinzip der kontrollierten Subjektivität
Selbstredend sollte ein AC nur solche Situationen simulieren, die der späteren Arbeitswirklichkeit im Unternehmen entsprechen (
Abb. 27).
Grundsatz: Es werden nur Situationen simuliert, die der späteren Arbeitswirklichkeit entsprechen!
• Kein Einsatz von Simulationen
• Nur Einsatz von Methoden mit hypothetischem Simulations-Charakter (z. B. Interview)
• Einsatz von Simulationen die der Wirklichkeit paradox widersprechen (z. B. Auswahl der Rollenspieler)
• Überbetonung einzelner Übungstypen aus Ökonomiegründen (z. B. Einsatz vieler Gruppendiskussionen vs. wichtigerer Zweiergespräche etc.)
Abb. 27: Simulationsprinzip
Hinsichtlich der Teilnehmer ist vor allem zu beachten, dass das AC möglichst transparent sein sollte. Das heißt für das Unternehmen, im Vorfeld bereits über den Ablauf zu informieren, bei einem Development Center mit internen Mitarbeitern auch hinsichtlich etwaiger Risiken einer Teilnahme. Ein Verschweigen der Beobachtungsschwerpunkte trägt nicht zur Validität des Verfahrens bei, sondern verunsichert Teilnehmer und wirkt negativ auf das Unternehmensimage zurück (
Abb. 28).
Grundsatz: Wer nicht weiß worum es geht, kann sich auch nicht geeignet verhalten oder geeignetes Verhalten beobachten!
• Info der Teilnehmer vorab über Ziel, Ablauf, Bedeutung und Chancen/Risiken einer Teilnahme
• Beobachter sind durch Schulung über Verfahren und Übungsarten informiert
• Rückmeldung im Nachgang über Ergebnis, Anschlussmaßnahmen und Konsequenzen an die Teilnehmer (am Besten durch die Beobachter)
• Keine Vorinformationen der Teilnehmer
• Keine klaren (oder versteckte) Zielvorgaben vor den Übungen
• Verschweigen der Beobachtungsschwerpunkte der Übungen (z. B. Mahlzeiten, Stadtrundfahrt etc.)
• Informationsweitergabe (ohne Einverständnis/Wissen) an Vorgesetzte
Abb. 28: Transparenzprinzip
Dementsprechend ist ein offenes Feedback, das möglichst noch am gleichen Tag des AC durch die jeweiligen Beobachter direkt und individuell gegeben wird, die beste Weise, Transparenz zu unterstützen (
Abb. 29).
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