Abb. 23: Feedback-Burger
Zunächst wird die Wahrnehmung geschildert. Die Wahrnehmung gründet auf objektiven, sinnlichen Kriterien. Im Falle des beruflichen Umfelds also auf das, was jeder gehört oder gesehen hat. Im nächsten Schritt wird das subjektive Empfinden geschildert. Man zeigt auf, wie das Verhalten auf die eigene Person wirkt. Das muss für andere nicht so sein und deshalb nimmt der Bezug bzw. die Relativierung auf die eigene Gefühlswelt Schärfe aus einer gegebenenfalls konfliktreichen Kommunikation. Schließlich formuliert man einen Verhaltenswunsch. Hier geht es nicht darum, andere Personen ändern zu wollen, sondern die Rückmeldung wird einsehbarer für den Feedback-Empfänger, wenn man ein erwünschtes Zielverhalten konkret benennen kann. Insgesamt kommt so im Feedback zum Ausdruck, dass nicht die Person kritisiert wird (vor allem in Konfliktsituationen ist Feedback als Instrument notwendig), sondern nur ein bestimmtes Verhalten. Es ist sinnvoll, die Feedback-Regeln anhand konkreter Fallbeispiele einzuüben. Hier sind zwei Übungen dazu:
Formulieren Sie folgende Kommunikationsbeispiele gemäß den Feedback-Regeln um!
• »Sie sind der unzuverlässigste Mensch, den es gibt! Wenn Sie nächstes Mal wieder zu spät zur Besprechung kommen, können Sie gleich draußen bleiben!«
• »Ich habe keine Lust mehr, immer die gleichen Schleifen zu drehen! Wann lernen Sie endlich mal, auf den Punkt zu kommen?«
• »Mir platzt jetzt gleich der Kragen! Sie fordern nur ständig vom Unternehmen, statt selbst einmal Verantwortung zu übernehmen. Das ist hier doch kein Wunschkonzert! Ihr Beitrag ist gleich null!«
Schildern Sie ein Erlebnis aus Ihrem Leben, bei dem es eine Kommunikationsstörung gab. Analysieren Sie anhand des Dreischrittes von Wahrnehmung, Interpretation und Bewertung, wie es dazu kam!
Am Anfang eines Feedback-Trainings sollte die Vereinbarung einer gemeinsamen Haltung der Bobachter stehen. Dabei sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass ein Beurteilungsfeedback für die Beobachter keine leichte Aufgabe ist. Demnach ist es sinnvoll, die Beobachter zunächst zu stärken bzw. ihnen ein »Rüstzeug« mitzugeben, das sie auch bei eventuellen Anfeindungen von Teilnehmern, denen ein schlechtes Ergebnis mitgeteilt wird, stützt. Dazu gehört, Beobachter, die noch wenig mit der AC-Thematik vertraut sind, darin zu stärken, dass sie fachlich fundierte Beurteilungen rückmelden und Teilnehmer darauf hinzuweisen, dass AC hoch valide Auswahlverfahren sind. Als ungerecht empfundene Urteile können nie vermieden werden, doch mit einem professionellen AC sind alle Möglichkeiten eines möglichst fairen Verfahrens genutzt. Auch das Angebot des Feedbacks zeigt die Wertschätzung der Beobachter bzw. des Unternehmens gegenüber dem Kandidaten.
Sollte ein Bewerber sehr unzufrieden mit dem Ergebnis oder uneinsichtig sein, ist den Beobachtern zu raten, verständnisvoll und geduldig zuzuhören, aber keinesfalls an der Güte der Entscheidung zu zweifeln. Dabei sollten die Beobachter unbedingt auf die für das Feedback vorgesehene Zeit achten. Andernfalls besteht die Gefahr, dass manche Feedback-Empfänger immer wieder die gleichen Punkte hinterfragen. Solche Feedback-Schleifen bringen aber keinen zusätzlichen Erkenntniswert für den Kandidaten und dehnen das Feedback nur unnötig aus.
Während es zum einen notwendig ist, manche Beobachter vor zu viel Verteidigungshaltung im Feedback zu bewahren, gibt es auch solche, denen vor allzu viel Überheblichkeit abgeraten werden muss. Dabei ist zu bedenken, dass sich Beobachter bereits in der stärkeren Position befinden, gerade Kandidaten empfinden das so. Beobachtern, bei denen der Moderator die Gefahr sieht, dass sie überheblich reagieren, sollte eingeschärft werden, möglichst auf Nachfragen des Kandidaten einzugehen und den Kandidaten nicht zu unterbrechen. Dazu gehört auch, dem Kandidaten aktiv zuzuhören und sich nicht schon Gegenargumente zu überlegen, während der Kandidat noch spricht. Zu einer wertschätzenden Haltung gehört es ebenfalls, Blickkontakt mit dem Bewerber zu halten und eine dem Bewerber zugewandte Körperhaltung zu zeigen. Nach diesen allgemeinen Feedbackregeln sollen im Folgenden konkrete operative Schritte des Feedbackgebens im AC für Beobachter skizziert werden.
Zunächst sollte der Kandidat nach seinem subjektiven Erleben gefragt werden. Dann sollten die Beobachter darauf hinweisen, dass die Entscheidung im Konsens aller Beobachter getroffen wurde und nicht nur die Meinung Einzelner ist. Danach sollte das Ergebnis des AC mitgeteilt werden. Es ist sinnvoll, dabei die Fähigkeiten, die in den Übungen beobachtet wurden, zu erläutern. Hierbei ist es hilfreich, eine Übersicht zu verwenden, welche sowohl die durchgeführten Übungen des AC als auch die dabei beobachteten Fähigkeiten visuell aufzeigt. Dafür sollte man Zeit verwenden, denn die Teilnehmer erfahren zu diesem Zeitpunkt zum ersten Mal, was in welcher Übung beobachtet wurde. Deshalb ist es hilfreich, bei den Fähigkeiten konkrete Verhaltensdefinitionen anzuführen, um den Teilnehmern schnell verständlich zu machen, welche Unternehmensdefinitionen sich hinter den jeweiligen Fähigkeiten verbergen.
Im Anschluss sollten die Einzelergebnisse der Fähigkeiten durchgesprochen werden. Zu Beginn eignet es sich, die Stärken aufzuzählen, um dann zu den Entwicklungspotenzialen überzugehen. Schließlich sollte dem Kandidaten im Einzelfall nach Wunsch mitgeteilt werden, wie das Ergebnis zustande kam. Dabei bietet es sich an, im Dreischritt von »W-I-E« vorzugehen. Zunächst werden die konkreten Wahrnehmungen erläutert (»Wir haben beobachtet, dass…«), danach die davon abgeleiteten Interpretationen (»Wir haben daraus geschlossen, dass…«) und schließlich die Entscheidung (»… und haben uns deshalb dafür entschieden, dass…«).
Generell sollten die Beobachter in »Ich« und »Wir«-Botschaften sprechen, um dem Kandidaten zu vermitteln, dass keine Urteile über seine Persönlichkeit ausgesprochen, sondern lediglich mehrere subjektive Eindrücke geschildert werden (also nicht: »Sie sind ein … Mensch«, sondern: »Sie haben … Verhalten gezeigt … das hat auf uns … gewirkt.«). Der Unterschied zum normalen Feedback besteht im AC-Feedback darin, dass nach den ersten beiden Schritten von Wahrnehmung und Wirkung kein Wunsch formuliert wird, wie das Gegenüber sein Verhalten ändern könnte, sondern eine Beurteilung steht.
3.9.12 Qualitätskriterien im AC
Im Laufe der Ausführungen über AC wurde immer wieder der Begriff Qualität gestreift, ohne näher zu beschreiben, was darunter zu verstehen ist. Schon im Altertum wurde debattiert, was unter Qualität zu verstehen sei und beispielsweise Anaximenes (585-524 v.Chr.) weist bereits darauf hin, dass Quantität und Qualität gar nicht grundsätzlich verschieden seien. Nach ihm kommt die qualitative Verschiedenheit aller Dinge lediglich aus der Vorhandenheit ihrer Elemente in verschiedener Quantität. Eine moderne Definition findet sich bei der Deutschen Gesellschaft für Qualität ( dgq.de). Demnach ist Qualität nichts anderes als die Erfüllung von Anforderungen. Der Begriff Qualität enthält selbst also noch keinen Maßstab, er bedeutet zunächst nur die Erfüllung von vorher bestimmten Anforderungen. Wasser muss demnach nicht qualitativer als Coca-Cola sein, wenn die definierte Anforderung ein wachmachendes Getränk ist.
AC gelten als das prognosesicherste Instrument im Personalmanagement, wenn Qualitätskriterien eingehalten werden. Da Qualität die Erfüllung von Anforderungen bedeutet, müssen diese Anforderungen durch Attribute belegt werden. Dementsprechend ist ein AC-Verfahren hinsichtlich der Prognosegüte nur dann anderen eignungsdiagnostischen Instrumenten überlegen, wenn das AC qualitativ hochwertig konstruiert ist. Im Folgenden werden deshalb noch einmal wesentliche Design-Kriterien für AC zusammengefasst, orientiert sowohl an Erfahrungswerten als auch an Standardkriterien in der Literatur. Derartige Kriterien finden sich z. B. in den Qualitätsstandards des Arbeitskreises Assessment-Center e. V. ( forum-assessment.de) oder in der DIN ISO 33430, welche Anforderungen für berufsbezogene Eignungsuntersuchungen beschreibt. Wir wollen im Folgenden daraus neun Qualitätsstandards definieren:
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