Hassan Blasim - Der Verrückte vom Freiheitsplatz

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Wie erzählt man von einem Land, das sich seit 35 Jahren im Krieg befindet? Von Geiselnehmern in Bagdad, der institutionalisierten Paranoia unter Saddam, dem Soldaten mit den hellseherischen Fähigkeiten, den Hasen in der Grünen Zone, dem Lied der Ziegen, den 1001 Messern und dem Mehlsack voller Köpfe? Wie erzählt man von der Psyche des Krieges, von dem alltäglichen Horror, der immer mehr Menschen zur Flucht zwingt? Und wie erzählt man von denen, die fliehen? Von den geheimen Pfaden der Emigration, von den Menschenhändlern in den Wäldern Serbiens, von Alis Tasche, von dem Massaker in einem LKW nach Berlin, von den Albträumen des Carlos Fuentes und vom fatalen Lächeln des Emigranten in der Nazi-Bar?
So wie Hassan Blasim. Seine Geschichten schildern den Irak der letzten Jahrzehnte als surrealistisches Inferno – den Krieg mit dem Iran, die Herrschaft und den Sturz Saddam Husseins, die Besatzungszeit, die Eskalation der Gewalt und die sich ausdehnende Wüste der Erinnerung – und sie erzählen von der Emigration, von den Grenzen und Zäunen, den Ämtern und Verstecken, der Einsamkeit und der Entfremdung, der die Flüchtlinge ausgesetzt sind. Vor allem aber erzählen sie von Menschen, von ihren Traumata und Albträumen, von ihren Hoffnungen und Enttäuschungen, von ihrem Schmerz und ihren Strategien, in einer wahnsinnigen Wirklichkeit zu überleben.

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Euer Ehren, fünf Monate nach der Publikation der ersten Erzählung unter meinem Namen – ich hatte ihr einen neuen Titel gegeben – reiste ich durch die Länder dieser Welt, um meinen neuen Roman vorzustellen, in Studienzirkeln, wo mich die berühmtesten Kritiker und Denker einführten. Die größten internationalen Zeitungen und Kulturjournale beschäftigten sich mit mir. Ich fand nicht einmal mehr genug Zeit, alle Fernseh- und Radiotermine wahrzunehmen. Die Kritiker hierzulande schrieben lange Studien über unseren gerechten Krieg, der im Menschen eine solche schöpferische Kraft, eine solche Liebe und einen solchen poetischen Elan freisetzen könne. An verschiedenen Universitäten des Landes wurden zahlreiche Master- und Doktorarbeiten verfasst, in denen Forscher allen poetischen und menschlichen Windungen in meinem Text nachspürten. Sie sprachen über den Einklang von Munition und Sperma, vom Dröhnen der Flugzeuge und den Erschütterungen des Bettes, vom Kuss und dem Granatsplitter, vom Geruch des Pulverdampfs und dem des weiblichen Geschlechtsteils. Dies alles, obwohl im Text nirgends von Krieg die Rede war. Nach meiner Rückkehr nach Hause wurde mir im Rahmen einer prächtigen Zeremonie das Amt des Kulturministers übertragen, einfach so. Ich ließ mir Zeit mit der Publikation der vier noch verbliebenen Romane. Der erste hatte noch längst nicht ausgedient. Ich besorgte mir eine neue Ehefrau, eine neue Wohnung und ein neues Auto und beschaffte mir all die Dinge, die ich mir schon immer gewünscht hatte. Man kann durchaus sagen, dass ich mich vor dem Krieg in Ehrfurcht verneigte und dankbar meine Hände zum Himmel erhob ob der Wohltat und der unschätzbaren Gaben. Ich war überzeugt, der Nobelpreis für Literatur werde nach der Veröffentlichung der fünften Erzählung hier auf meinem Ministerschreibtisch liegen. Das Glück hatte seine Tore geöffnet, wie man so sagt.

Bis eines Tages drei große Pakete eintrafen – von der Front an meine Adresse im Ministerium. Sie enthielten zwanzig Erzählungen, und der Absender war jener selbe Soldat. Alles war wie gehabt: Schulhefte, Namen von Soldaten auf Grundschulniveau, Geschichten von Liebe und Schicksal. Im ersten Augenblick war ich völlig fassungslos, doch diese Fassungslosigkeit verwandelte sich gleich darauf in eiskaltes Entsetzen. Ich packte die Texte und verlangte vom Verantwortlichen für das Magazin des Ministeriums die Schlüssel für einen der Lagerräume, wo ich die Erzählungen klammheimlich versteckte. Danach unternahm ich verschiedene Schritte, um den Soldaten ausfindig zu machen. Alle Meldungen kamen direkt in mein Büro im Ministerium, und alle bestätigten den Tod des Mannes. Es waren schreckliche Tage. Und gleich am nächsten trafen weitere Pakete mit weiteren, noch zahlreicheren Geschichten ein. Wiederum die gleiche Art Paket, und wiederum vom selben Soldaten. Auch diese Romane deponierte ich in dem Lagerraum, an dessen Tür ich zusätzliche Schlösser anbringen ließ. Erbarmungslose Monate gingen ins Land, Euer Ehren, während derer ich vollauf damit beschäftigt war, die Hefte zu verstecken, die auf seltsame Weise unablässig hereinfluteten, und nach dem Soldaten Ausschau zu halten, von dem es frontauf, frontab keine Spur gab. Inzwischen war die zweite Erzählung erschienen, und ich erhielt sogar Anrufe vom Präsidenten, vom Verteidigungsminister und anderen hohen Politikern, die meine Aufrichtigkeit und meine Genialität in den höchsten Tönen priesen. Einladungen regneten aus dem Ausland auf das Ministerium hernieder, aber dieses Mal lehnte ich alle ab und brachte als Erklärung vor, das Land sei teurer und wichtiger als alle Preise und Kongresse dieser Welt. Unter den schwierigen gegenwärtigen Umständen bedürfe das Land aller seiner rechtschaffenen Söhne. In Wirklichkeit wollte ich nur eine Lösung für die Geschichten finden, die jeden Morgen in schwindelerregender Zahl wie ein Heuschreckenschwarm über das Büro hereinbrachen: Heute hundert, morgen zweihundert, und so fort.

Euer Ehren, fast hätte mich mein Panzerhirn verlassen. Schließlich erhielt ich die Adresse vom Zuhause des Soldaten. Ich besuchte seine Familie und überzeugte mich von seinem Ableben. Die Mutter erzählte mir, sie habe gar nicht glauben können, dass er tot war. Er habe nur ein winziges Loch in der Stirn gehabt. Die Kugel eines Scharfschützen. Von seiner Frau erhielt ich die Angaben über sein Grab und ließ der Familie etwas Geld da. Weitere Lagerräume des Ministeriums füllten sich mit Heften. Wie sollte ich der Partei und der Regierung je plausibel machen, ich hätte alle diese Texte geschrieben? Und warum in Schulhefte? Und warum mit Namen von Soldaten in der Grundschule? Und warum bewahrte ich sie auf diese Weise auf? Es gab Dutzende von Fragen und keine einzige einleuchtende Antwort.

Irgendwo am Rand der Stadt kaufte ich mir alte Mehlspeicher, in der Annahme, der Zustrom von Heften werde andauern. Ich bezahlte drei Arbeitern des Ministeriums horrende Summen, damit sie mir halfen, das Grab des Soldaten zu öffnen. Er lag da, verwesend und mit einem Loch in der Stirn. Ich schüttelte ihn mehrfach, um ganz sicherzugehen, dass er tot war. Ich flüsterte ihm etwas ins Ohr, dann schrie ich ihn an und beschimpfte ihn unflätig, damit er endlich den Mund aufmachte oder wenigstens den kleinen Finger rührte. Aber er war tot, mausetot. Aus seinem Nacken kroch eine Made, verfolgt von einer zweiten. Beide verschwanden rasch wieder an seiner Schulter.

Euer Ehren, vielleicht glauben Sie ja diese Geschichte nicht. Aber ich schwöre Ihnen bei Ihrer Allmacht, dass sich die Mehlspeicher und die Lagerräume des Kulturministeriums im Lauf eines Jahres mit den Texten des Soldaten füllten. Natürlich konnte ich unmöglich alle lesen. Ich fischte mir lediglich ein Spezimen aus jedem Packen heraus, und ich schwöre Ihnen, dass sie nicht nur zahlenmäßig mehr wurden, sondern auch immer brillanter und origineller. Aber ich zitterte und spürte, dass das Ende nahte, wenn diese Geschichtenflut nicht innehielt. Gewiss, ich ließ keinen möglichen oder unmöglichen Weg aus, Auskünfte einzuholen und Nachforschungen anzustellen. Ich erkundigte mich nach den Poststellen, an denen die Pakete aufgegeben wurden. Es waren, unter Verwendung des immer gleichen Namens, verschiedene Orte an der Front. Von der Person aber gab es keine Spur. Irgendwann einmal musste ich aber meine Ermittlungen einstellen, damit die Sache nicht aufflog.

Nochmals ging ich zum Grab des Soldaten und verbrannte seine Leiche. Dann trennte ich mich von meiner zweiten Frau und gab meine Arbeit auf. Ein Psychiater hatte mir attestiert, dass mein Gesundheitszustand immer mehr zu wünschen übrig lasse. Ich packte alle Hefte mit den Geschichten aus den Lagerräumen des Kulturministeriums und den ehemaligen Mehlspeichern zusammen und kaufte mir ein abgelegenes Grundstück. Dort errichtete ich mir einen privaten Verbrennungsofen, einen großen Speicher, ein Zimmer und einen Abort. Das Ganze umgab ich mit einer hohen Mauer. Ich war überzeugt, die Hefte würden weiterhin, auch an meine neue Adresse, hereinfluten. Aber diesmal war ich vorbereitet. Es geschah wie erwartet, vom ersten Morgen auf meiner »Farm« an arbeitete ich Tag und Nacht hart und intensiv daran, die Geschichten und Namen der Soldaten in den bunten Schulheften zu verbrennen, immer in der Hoffnung, einmal werde der Krieg enden und mit ihm dieser Wahnsinn aus kakifarbenem Sperma.

Nach langen, schrecklichen Jahren hörte der Krieg auf, Euer Ehren, aber ein neuer begann, und mir blieb keine andere Wahl, als weiter zu verbrennen. Seien Sie gnädig und nachsichtig.

Euer Ehren.

Jetzt, bevor man mich in das Leichenschauhaus zurückbringt. Ich weiß, dass Sie fähig und weise und wissend und großmütig sind, aber haben Sie auch bei einer Truppenzeitung gearbeitet? Warum haben Sie einen Brennofen für ihre Romanmenschen?

Alis Tasche

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