Björn Bicker - Was wir erben

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Elisabeth ist Schauspielerin an einem renommierten Theater. Mit Holger, einem Arzt, lebt sie das, was man ein geordnetes, erfolgreiches Leben nennen könnte. Bis ein Fremder sie anruft und behauptet, ihr Bruder zu sein. Er sei sich ganz sicher und auch schon in der Stadt, ob sie sich sehen könnten. Bei ihrem Treffen zeigt er ihr ein Foto: ihr Vater und seine Mutter während der Olympischen Spiele in München, 1972. Elisabeths Geburtsjahr – und das des halben Bruders. Seine Mutter sei gestorben, ob Elisabeth ihm mehr über seinen Vater erzählen könne. Sie deutet an, dass es nicht leicht war mit dem Vater, dem Flüchtling, dem Trinker, dem Soldaten. Elisabeth beginnt, einen Brief zu schreiben, in dem sie dem Bruder vom Leben des Vaters und ihrer Familie berichtet. Ein Leben im frostigen Schlagschatten der deutschen Geschichte, ein Leben, das an ihr klebt wie eine zweite Haut. Auf den Spuren des Vaters landet sie in dessen Geburtsstadt, die in jenem doppelt untergegangenen Land liegt, in dem für sie Vergangenheit und Gegenwart, Fiktion und Realität verschmelzen. Die echten und die erfundenen Gespenster der deutschen Geschichte tauchen in Elisabeths Leben wieder auf: das Politische, das Private, die Liebe, der Hass, Betrug und Wahrheit, das Theater und die Wirk­lichkeit. Eins wuchert im anderen herum. Über Generationen hinweg.

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Am nächsten Tag bin ich wieder in die Schule gegangen. Ich fühlte mich gesund. Ich spürte, wie die Mitschüler hinter meinem Rücken tuschelten. Die Lehrer waren erfreut, mich zu sehen, bis auf meinen Sprechlehrer. Er wisse nicht, wie ich das Versäumte nachholen könne. Ich glaube, Thomas hatte ihm von seiner Eroberung erzählt und der alte Sack war enttäuscht, dass er nicht der Erste gewesen war. Er war dafür bekannt, sich an seine Schülerinnen ranzumachen. Er profitierte von seinem, aus besseren Tagen herübergeretteten, Ruhm. Damals lud er seine Lieblingsstudentinnen regelmäßig zu sich nach Hause ein, gab ihnen Zusatzstunden und beeindruckte sie durch seine innere Ruhe und sein Verständnis für die Fragen der altersbedingten Sinnsuche. Eine waschechte Gratisinitiation, die die Schule ihren weiblichen Elevinnen da anbot. Seine Wohnung war der Hort des Tabus. Und natürlich des dazugehörigen Bruchs. Er wartete den richtigen Moment der Verunsicherung ab, meistens ein halbes Jahr nach Beginn der Ausbildung, dann schlug er zu. Bei mir hatte er den passenden Zeitpunkt sicher auch schon kommen sehen, aber Thomas war schneller. Und dreißig Jahre jünger. Thomas hatte nach unserer Rollenarbeit ein paar unansehnliche Probleme: seine Nase war mit Mull und Pflaster verklebt, der linke Fuß steckte in einer klobigen Schiene. Er hatte ein paar Vorstellungen am Burgtheater zu spielen, das Schminken vorher, nachdem die Nasenverhüllung jedes Mal aufs Neue entfernt worden war, musste die Hölle gewesen sein. Wir hatten uns auf die Version Probenunfall geeinigt, das rettete sein Ansehen und meine Reputation. Gleichzeitig nötigte die vermeintliche Intensität unserer Zusammenarbeit den Leuten auf der Schule eine ordentliche Portion Respekt ab. Eine Zeit lang konnte ich den Rückfall des Vaters und den Besuch der Mutter vergessen, ich war euphorisiert von meiner kleinen Neugeburt, aber dann, ganz langsam, sickerte dieses eigenartige Gefühl, ferngesteuert zu sein, unfrei, beschwert mit Zentnern von klumpiger, zotteliger Vergangenheit, wieder in mein Bewusstsein.

War ich in Wien, weil der Vater die Mutter dorthin einladen wollte, es aber nie geschafft hat?

Als ich das Foto gesehen habe, Deine Mutter mit dem Vater vor dem Olympiabad, da dachte ich, mich trifft der Schlag. Ich wusste nicht, dass der Vater jemals in München gewesen ist. Und dann auch noch vor dem Olympiabad. Holger und ich gehen regelmäßig dorthin. Vor ein paar Wochen das letzte Mal. Es war ein regnerischer Tag. Durch die Fenster sah man die künstlichen Hügel des Parks. Wenn du von dort oben hinunter auf die Schwimmhalle schaust, dann denkst du, die Halle fliegt. Die Dächer, das Stadion, alles aus Stahl und transparenter Plane, alles wirkt vorläufig, wie von Nomaden hingestellt. Das ist die neue Welt von gestern. Auf den Bildern von damals sieht man fröhliche Menschen in Trainingskleidung. Grün. Orange. Sommer. Sonne. Braune Haut. Fahnen, die aufgeregt im Wind flattern. Das Jahr unserer Geburt.

Die Schwimmbadblase war angefüllt mit warmer, feuchter Luft und diesen tausendfach verhallten Geräuschen. Kindergeschrei. Körper, die auf Wasser klatschen. Ein paar Jungs hielten den Fünf-Meter-Turm besetzt. Leiter rauf, Leiter runter, einarmiges Hangeln am Geländer, in die Hüften gestemmte Fäuste, Hände, die selbstverliebt über straffe Bäuche streichen, unterhaltsames Gepose an der Absprungkante, lautes Gejaule nach jeder Arschbombe, die schrillen Pfiffe des Bademeisters, die wie Blitze die Halle zerteilten, um dann als Echo über dem schmatzenden Wasser zu zerstäuben. Leise Musik aus der Ferne. Dire Straits, immer wieder dieselbe Platte, Brothers in Arms : Hallenbadsound. Ein paar Meter vor uns hatte sich eine Aquagymnastiktrainerin mit ihrer mobilen Lautsprecherbox platziert. Im Wasser tummelte sich ein Grüppchen Senioren. Die Alten hielten bunte Schaumstoffwürste um ihre Bäuche. Die zufällige Formation fleckiger Körper sah für einen Moment aus wie ein zerknittertes Alex-Katz-Bild. Farbige Flächen, kühl und distanziert. Keine Moral, keine Wahrheit, nichts, nur die Oberfläche. There is no story, hat Alex Katz gesagt.

Ich war mal mit Thomas in einer Katz-Ausstellung. Ein paar Jahre nach unserer Trennung. Ich war auf Gastspielreise in Hamburg und hatte am Nachmittag zwischen Probe und Vorstellung ein paar Stunden Zeit. Thomas war auch in der Stadt. Und dann haben wir uns verabredet. Thomas ist gelangweilt zwischen den Bildern rumgelaufen: Ist mir zu viel Comic, hat er gesagt. Nur weil er sich nichts vorstellen könne, jenseits seiner Einfühlerei als Schauspieler, solle er nicht so dümmlich über Kunst sprechen. Das sei halt keine Psychologie oder sonst irgendetwas aus seiner bürgerlichen Kunstmottenkiste, das seien einfach Abbildungen und das sei genau das, was wir im Theater nie hinkriegen, weil wir uns immer nur mit unseren mittelmäßigen Gefühlswelten beschäftigen. Ich bin laut geworden. Die Leute haben sich nach uns umgedreht. Er hat mich fassungslos angestarrt und wusste überhaupt nicht, was ich von ihm wollte. Thomas hat die Ausstellung fluchtartig verlassen. Danach haben wir noch ein letztes Mal telefoniert. Ich habe mich für meinen Auftritt entschuldigt.

Die Köpfe, die Hälse, die Schultern, die Brustkörbe der Alten schauten aus dem Wasser. Die Badekappen waren bunte Punkte. Wenn die Sonne durch die Wolken drang, leuchteten die Farben vor schwimmbadblauem Hintergrund. Das Licht schickte ab und zu von unten einen Reflex in die Gesichter. Holger lag auf der Liege neben mir und hatte ein amerikanisches Fachmagazin aufgeschlagen, Plastic and Aesthetic Surgery . Ich habe ihm mit meiner besten Gruselstimme ins Ohr geflüstert: Ich wette mit dir, wenn du an denen vorbeischwimmst, riecht alles nach Tod. Ich habe meine Schwimmbrille angezogen und bin zum Becken. Im Wasser bin ich wie eine Verrückte losgekrault, mit hektischem Beinschlag, dicht an den Alten vorbei. Beim Atmen habe ich gesehen, dass Holger mich beobachtet hat. Durch die beschlagene Schwimmbrille sah es aus, als würde er unentwegt den Kopf schütteln. Aber vielleicht habe ich mir das nur eingebildet. Nach ein paar Bahnen hatte ich mich beruhigt und meine Atmung wurde flacher. Ich glitt sanft durch das Wasser. Mit jeder Wende wurde die Welt außerhalb des Beckens immer unbedeutender. Ich zähle beim Schwimmen die Bahnen und beim Zählen vergesse ich alles. Mit jedem rechten Armschlag sage ich mir die Zahl vor, bei der ich gerade bin. Das ist wie ein Gebet. Einundzwanzig. Einatmen. Einundzwanzig. Einatmen. Einundzwanzig. Einatmen. Wende. Zweiundzwanzig. Einatmen. Zweiundzwanzig. Einatmen. Irgendwann kommt der Punkt, an dem sich das Zählen verselbständigt und meine Fantasie in Gang kommt. Dann entsteht ein neues Draußen, eine andere Welt; wenn ich im Olympiabad schwimme, stelle ich mir vor, wie die Ränge voll besetzt sind, wie die Leute meinen Namen rufen, wie sie mich anfeuern, von ihren Sitzen aufspringen, weil sie wollen, dass ich als Erste anschlage. Beim Einatmen geht der halbe Kopf aus dem Wasser, das linke Ohr liegt in der Luft und ich höre sie hysterisch schreien. Und dann die Stimme in meinem Kopf, die euphorische Stimme des Kommentators: Sie wird es schaffen. Sie kann den Weltrekord knacken, den ewigen Rekord, damit hat wirklich niemand gerechnet, nicht in diesem Rennen. Damit wird sie sich unsterblich machen. Es ist nicht zu glauben, meine Damen und Herren, wir sind hier und heute Zeugen einer absoluten Sensation. Der Schwimmsport wird von diesem Tag an ein anderer sein. Der Kommentator schreit meinen Namen. Immer wieder. Sie hat es geschafft, sie hat es geschafft. Niemand hatte sie auf der Rechnung. Wirklich niemand. Das ganze Training, all die Entbehrungen, jetzt zahlt es sich aus. Mit jedem Beinschlag, mit jedem Armzug tauche ich tiefer ab in diesen Film. Gold, Gold, Gold, schreit der euphorisierte Mann in meinem Kopf. Die Stimme füllt mich an mit Glaube, mit Stolz, mit Hoffnung. Die Stimme des Reporters wird leiser und verlangsamt sich. Neunundzwanzig. Einatmen. Neunundzwanzig. Einatmen. Wende. Dreißig. Einatmen. Dreißig. Einatmen. Noch elf Bahnen, dann habe ich es geschafft, dann sind die zwei Kilometer voll. Bis dahin gleite ich in einen neuen Film, ich sehe die Bilder von 72, die Bilder aus dem Fernsehen, aus den Büchern, und ich denke an seine Rekorde, ja, ich denke an die Rekorde von Mark Spitz, ich denke an seinen Bart, die dunklen Haare auf dem Kopf, unter den Achseln, ich denke an diese knappe Schwimmhose, Stars and Stripes, den Ansatz der Bauchmuskeln, der links und rechts als helle Linie in der Badehose verschwindet, ich denke an die Goldmedaillen, die er 72 geholt hat, ich höre die Stimme des Vaters, ich höre, wie der Vater mich, seine Tochter, tatsächlich Mark Spitz nennt. Immer wieder: Mark Spitz. Das hat er gesagt, wenn ich vom Schwimmtraining nach Hause gekommen bin: Mark Spitz. Er hat kurz gelacht und sich wieder zum Fernseher gedreht. Abends lag ich im Bett und habe mir immer wieder diesen Namen vorgesagt: Mark Spitz. Mark Spitz. Mark Spitz. Laut. Leise. Gebrummt. Gehaucht. Fröhlich. Traurig. Schnell. Langsam. Roboterhaft. Gesungen. Geleiert. In allen möglichen Variationen. Mein beruhigender Vers zum Einschlafen. Ich bin nicht auf die Idee gekommen, nachzufragen: Wer ist dieser Mark Spitz? Es gab keine Fragen, die ich dem Vater gestellt hätte. Ich stellte mir die Fragen selbst.

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