von Peter Cachola Schmal
Das Haus am Wandlitzsee ist trickreich. Die Bilder sind markant, die Stimmung entspannt und die Materialität kultiviert und gekonnt, der See liegt nah und das Haus scheint in angenehmer Entfernung dazu mit einem höherliegenden Steg verbunden zu sein. Es passt. Allerdings deuten die Grundrisse auf ein ganz anderes, viel dynamischeres Geschehen hin. Da schwingt eine S-Kurve von außen über den Esstisch und die Küche in die eingelassene 70er-Jahre Sitzlandschaft und wieder nach draußen zum See. Eine andere Bewegung führt mittels Split-Level nach oben, auch dort eine Kurvenfahrt zu den privaten Zimmern und auf die Dachterrasse, das Ganze wiederholt sich im Untergeschoss zum Werkraum. Denkt man Abbildungen und Grundrisse zusammen, wird einem ganz schwindlig. Welch Wandel an Perspektiven tut sich da auf – welch spannende räumliche Achsen! Eine einfache Kombination an Volumen baut eine sehr ausgereifte räumliche Inszenierung auf, mit einer wohltuend ruhigen Farbpalette an Wand, Boden und Decken. Man muss sich die Bewohner als sehr zufriedene Zeitgenossen vorstellen, die das Glück hatten, auf ein Architekturbüro gestoßen zu sein, das ihre Bedürfnisse erahnen und umsetzen konnte. Wie heißt es so passend im Lied „Haus am See“ von Peter Fox? „Alle komm’n vorbei, ich brauch’ nie rauszugehen.“
Wie eine Lichtung liegt die große, auf zwei Ebenen verteilte Dachterrasse im Kiefernwald .
Die Räume bestehen aus einfachen geometrischen Körpern. Die Apsis des Hauses nimmt im Erdgeschoss die Küche auf, darüber liegt das Elternbad. Tageslicht fällt von oben durch ein kreisrundes Dachfenster .
„Die Bauherren sind eine große Freude!“, erinnert sich Thomas Kröger. „Das gemeinsame Planen und Bauen hat uns durch Hochs und Tiefs gehen lassen und am Ende gab’s ein Fest mit allen Beteiligten. So soll es sein! Die Reaktionen der Nachbarn während der Bauzeit waren ganz unterschiedlich, aber immer voller Neugier. Bis zur Kirche wurde alles Mögliche spekuliert. Im letzten Jahr durften unsere Bauherren sogar das traditionelle See-Tischtennis-Turnier austragen und sind damit auch offiziell angekommen.“
Das Untergeschoss ist aufgrund der Seenähe als Wanne aus WU-Beton ausgeführt, die Obergeschosse sind aus Holz konstruiert. Das Treppenhaus im Inneren sowie der an der Nordwand markant nach außen tretende Kamin aus Sichtbeton steifen aus. Die Fassade besteht aus sibirischer Lärche .
Querschnitt
Längsschnitt
Grundriss Dachgeschoss
Grundriss Obergeschoss
Grundriss Erdgeschoss
Grundriss Untergeschoss
Material/Hersteller: Außenwand & Fassade: Mocopinus, Lärchenschalung Lignosil Verano, Holzlasur: Keim | Ausführende Firma: BDP Baudenkmalpflege Prenzlau | Bodenbeläge & Designböden: Fliesen Bäder: Serie Loop Jasba | Bad, Sanitär & Armaturen: Badkeramik Ceramica Flaminia, Mini App WC und Mono Waschtisch, Bette Bettelux Oval Silhouette, Badarmaturen: Vola HV1, FS1 | Beleuchtung: Außenleuchten Lowie und Duell Wall Modular Lighting, Wandleuchten innen: Volem Georg Bechter Licht
Beteiligte Unternehmen: ZRS Architekten, Berlin, www.zrs.berlin/de/tragwerk-und-bauphysik| Neue Landschaftsarchitektur – Rainer Elstermann, Berlin, www.rainerelstermann.de| R. Bayer Betonstein, Blaubeuren, www.betonwerkstein.de| BDP Baudenkmalpflege, Prenzlau, www.baudenkmalpflege-prenzlau.de| Tischlerei Kathrein, Berlin, www.tischlerei-kathrein.de| Bauunternehmen Müller, Schwielowsee, www.mueller-bauunternehmen.net| Dewald & Kriesel, Prenzlau, www.dewald-kriesel.de| Fußbodentechnik Kudell, Michendorf, www.kudell.de
Maßstab
M 1:400
1Eingang
2Wohnen
3Essen
4Kochen
5Eltern
6Schlafen
7Wellness
8Dachterrasse
9Arbeiten, Werken, Gäste
„Ein Haus im Kiefernwald am See. Ein hölzernes Volumen schlank zwischen die Baumstämme gesetzt. Räume wie auf Ästen um die Stiege gelegt. Ein luftiges Zimmer in den Baumkronen.“
Thomas Kröger Architekten GmbH,
Berlin, www.thomaskroeger.net
Anzahl der Bewohner:
3
Wohnfläche (m 2):
280
Grundstücksgröße (m 2):
1.800
Standort: Wandlitz, Barnim
Bauweise: Holzbau mit aussteifenden Elementen aus Beton, Keller: WU-Beton
Fertigstellung: 07/2019
Architekturfotografie:
Philipp Obkircher, Berlin
www.philippobkircher.de
Lageplan
Das Bau-Kultur-Studio
Anerkennungen
von Ruinelli Associati AG Architetti SIA
in Castasegna (CH)
50 Quadratmeter ist die Cascina klein. Die sorgfältige und respektvolle Planung sowie die handwerklich anspruchsvolle Ausführung allerdings sind großartig und bieten dem Studierenden ein höchst ansprechendes Wohn- und Arbeits-Refugium.
Die Villa Garbald im schweizerischen Castasegna im Bergell, dem Tal, das den Kanton Graubünden mit Italien verbindet, ist Gottfried Sempers einziger Bau südlich der Alpen. Der berühmte deutsche Architekt entwarf das „italienische Landhaus“ 1862 für das Ehepaar Agostino und Johanna Garbald-Gredig, deren kinderlose Nachkommen es bis 1958 bewohnten. Seither sind Villa und der reiche kulturelle Nachlass der Familie im Besitz der Fondazione Garbald, die das Anwesen 2004 von den Architekten Miller & Maranta renovieren und durch den „Roccolo“ baulich ergänzen ließ. Heute ist die denkmalgeschützte Villa Ort für Gruppen und Gremien aus Wissenschaft, Bildung, Kultur und Wirtschaft. Zum „spirito“ des Seminarzentrums gehören zudem Kulturveranstaltungen. Im Frühjahr 2019 wurde das Ensemble nun wieder ergänzt, um ein kleines Studio Cascina auf der Wiese hinter der Villa, ein Haus, das Forschern und Künstlern für eine gewisse Zeit zum Leben und Arbeiten vermietet wird. Mit Armando Ruinelli, der sein Büro in Soglio führt, beauftragte die Stiftung für diese Bauaufgabe bewusst einen Architekten, der für seinen respektvollen und dabei sinnlich-atmosphärischen Umgang mit der Tradition bekannt und berühmt ist.
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